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High Fidelity (German Edition)

High Fidelity (German Edition)

Titel: High Fidelity (German Edition)
Autoren: Nick Hornby
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weißt du. Die steht jetzt.«
    »Wunderbar.«
    »Aber mir ist eingefallen, daß es vielleicht sinnvoll wäre, deine fünf liebsten Clubplatten reinzunehmen. Dem Redakteur gefällt die Story übrigens, diese Geschichte mit Laura.«
    »Oh.«
    »Wär's möglich, schnell eine Liste von Dancefloor-Hits von dir zu bekommen, oder ist das zuviel verlangt?«
    »Nein. Ich hab' sie im Kopf.« Ich buchstabiere ihr alles (obwohl in dem Artikel, als er erscheint, »In The Ghetto« steht, wie der Elvis-Song, ein Fehler, den Barry meiner Ignoranz anlastet).
    »Dein Tape habe ich fast fertig.«
    »Wirklich? Das ist richtig süß von dir.«
    »Soll ich es dir schicken? Oder wollen wir was trinken gehen?«
    »Hmmm … Was trinken wäre mir recht. Ich möchte dir einen ausgeben, um mich zu bedanken.«
    Tapes, ha? Die funktionieren immer.

    »Für wen ist es?« fragt Laura, als sie mich mit Ausblenden und Aussteuern und dem Umstellen von Songfolgen beschäftigt findet.
    »Och, nur für die Frau, die das Interview für das Anzeigenblatt mit mir gemacht hat. Carol? Caroline? So ähnlich. Sie sagt, es wäre einfacher für sie, wenn sie einen Eindruck von der Musik hätte, die wir auflegen.« Aber es gelingt mir nicht, das zu sagen, ohne rot zu werden und durchdringend auf mein Kassettendeck zu starren, und ich weiß, daß sie es mir nicht richtig glaubt. Wenn jemand weiß, was es mit Kassetten auf sich hat, dann sie.

    Einen Tag, bevor ich mich mit Caroline auf den verabredeten Drink treffen soll, entwickle ich alle klassischen Symptome des Verknalltseins: nervöser Magen, lange Tagträumereien, völliges Unvermögen, mich an ihr Aussehen zu erinnern. Ich komme noch auf das Kleid und die Schuhe, und ich sehe einen Pony vor mir, aber ihr Gesicht ist ein weißer Fleck, und ich fülle ihn mit einigen anonymen Details einer Sexbombe aus dem Katalog – roter Schmollmund, auch wenn es in erster Linie der Eindruck des frischen, englisch-aufgeweckten Mädchens war, der mir gefallen hatte; Mandelaugen, obwohl sie die meiste Zeit eine Sonnenbrille aufgehabt hatte; blasser, makelloser Teint, obwohl ich weiß, daß sie ziemlich sommersprossig ist. Ich weiß, daß es mir, wenn ich sie treffe, einen winzigen Stich der Enttäuschung versetzen wird – darum die ganze Aufregung? – und dann werde ich wieder etwas finden, für das ich mich begeistern kann: Die Tatsache, daß sie überhaupt gekommen ist, eine sexy Stimme, Intelligenz, Witz, irgendwas. Und zwischen dem zweiten und dem dritten Treffen wird ein ganzer Haufen neuer Mythen geboren werden.
    Diesmal geschieht allerdings etwas ganz anderes. Das kommt durch die Tagträumerei. Ich mache dasselbe wie immer – mir in winzigen Details den genauen Verlauf der Beziehung ausmalen, vom ersten Kuß zum Bett, zum Zusammenziehen, zum Heiraten (in der Vergangenheit habe ich sogar die Songfolge der Partykassetten festgelegt), dazu, wie hübsch sie in der Schwangerschaft aussehen wird und zu Namen für die Kinder – bis mir plötzlich klar wird, daß nichts übrig ist, was tatsächlich passieren könnte. Ich habe alles schon erledigt, die ganze Beziehung im Kopf schon durchlebt. Ich habe den Film im Schnelldurchlauf gesehen, ich kenne den ganzen Plot, den Schluß, die ganzen guten Stellen. Jetzt muß ich ihn zurückspulen und noch mal in voller Länge von vorne sehen, und wo bleibt dabei der Spaß?
    Und verdammt noch mal … wann hört der Scheiß endlich auf? Will ich etwa den Rest meines Lebens von einem Stein zum anderen hüpfen, bis keiner mehr da ist? Will ich jedesmal abhauen, wenn es mir in den Füßen kribbelt? Das bekomme ich nämlich jedes Vierteljahr, zusammen mit der Nebenkostenabrechnung. Öfter noch, selbst während der Britischen Sommerzeit. Seit ich vierzehn bin, denke ich mit dem Schwanz, und ehrlich gesagt, ganz unter uns, denke ich, daß mein Schwanz Scheiße im Hirn hat.
    Ich weiß, was mich an Laura stört. An Laura stört mich, daß ich sie nie wieder zum ersten-, zweiten-oder drittenmal sehen werde. Ich werde nie wieder zwei oder drei Tage schweißgebadet versuchen, mich an ihr Aussehen zu erinnern, nie wieder werde ich zu einem Treffen mit ihr eine halbe Stunde zu früh im Pub sein, unentwegt auf denselben Zeitungsartikel starren und alle dreißig Sekunden auf die Uhr sehen, nie wieder wird der Gedanke an sie etwas in mir auslösen, wie es »Let's Get It On« in mir auslösen kann. Und klar, ich liebe sie und mag sie und habe gute Gespräche, angenehmen Sex und leidenschaftliche Kräche
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