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High Fidelity (German Edition)

High Fidelity (German Edition)

Titel: High Fidelity (German Edition)
Autoren: Nick Hornby
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zerlegt wird, während weinende Anwälte mit blutenden Trommelfellen dem Ausgang zustreben. Zu diesen Menschen gehöre ich nicht. Ich rolle das alles zu einem schönen harten Klumpen ängstlicher Beklommenheit zusammen und lagere es irgendwo zwischen Bauchnabel und Arschloch in meinem Unterbauch ein. Selbst Laura scheint nicht so aufgeregt zu sein.
    »Es ist doch nur das erstemal. Und ich habe ihnen gesagt, sie könnten nicht länger als eine halbe Stunde spielen. Und wenn schon, du könntest ein paar von meinen Freunden verlieren, aber die bekommen sowieso nicht für jede Woche einen Babysitter.«
    »Ich muß eine Kaution hinterlegen, weißt du. Zusätzlich zur Miete für den Saal.«
    »Dafür ist gesorgt.«
    Und eben dieser kleine Satz löst etwas in mir aus. Ich fühle mich plötzlich erstickt. Es liegt nicht am Geld, sondern an der Art, wie sie an alles gedacht hat: Als ich einmal morgens aufwachte, ertappte ich sie dabei, wie sie meine Singles durchsah, Sachen rauszog, von denen sie sich erinnerte, daß ich sie gespielt hatte, und sie in kleine Trageboxen einsortierte, die ich früher verwendet und dann vor Jahren in irgendeinem Schrank hatte verschwinden lassen. Sie wußte, daß ich einen Tritt in den Hintern brauchte. Sie wußte auch, wie glücklich ich immer gewesen war, wenn ich das tat; und aus welchem Blickwinkel ich es auch betrachte, es sieht immer so aus, als täte sie das, weil sie mich liebt.
    Ich gebe einem Gefühl nach, das sich schon eine ganze Weile in mir regt, und nehme sie in den Arm.
    »Tut mir leid, daß ich mich so mies benommen habe. Ich bin dir dankbar für das, was du gemacht hast, und ich weiß, daß du es aus den denkbar nettesten Gründen getan hast, und ich liebe dich, auch wenn ich mich nicht so benehme.«
    »Das macht nichts. Aber du wirkst die ganze Zeit so verärgert.«
    »Ich weiß. Ich verstehe mich selbst nicht.«
    Aber wenn ich blind raten müßte, würde ich sagen, ich bin sauer, weil ich weiß, daß ich festgenagelt bin, und das paßt mir nicht. In vielerlei Hinsicht wäre es angenehmer, wenn ich nicht so auf sie angewiesen wäre. Es wäre angenehmer, wenn diese köstlichen Aussichten, diese träumerischen Erwartungen, die man mit fünfzehn, zwanzig oder sogar fünfundzwanzig hat, in der festen Gewißheit, daß der perfekteste Mensch der Welt jeden Moment in deinen Laden, dein Büro oder die Party von Freunden treten könnte … es wäre angenehmer, wenn die noch irgendwo existierten, in einer Hosentasche oder der untersten Schublade im Schrank. Aber ich glaube, das alles ist hin, und das genügt, um jeden sauer zu machen. Laura ist, was ich jetzt bin, und es nützt nichts, sich etwas anderes einzureden.

I ch lerne Caroline kennen, als sie mich für ihre Zeitschrift interviewen kommt, und verliebe mich auf der Stelle und ohne Umschweife in sie, als sie an der Theke im Pub wartet, um mir einen Drink auszugeben. Es ist ein heißer Tag, der erste heiße Tag des Jahres – wir setzen uns an einen Tapeziertisch vor der Tür und beobachten den Verkehr – und sie hat gerötete Wangen und trägt ein ärmelloses, formloses Sommerkleid und schwere Boots, und aus irgendeinem Grund steht ihr dieses Outfit. Aber ich glaube, heute wäre ich auf jede abgefahren. Das Wetter gibt mir das Gefühl, als hätte ich alle toten Nervenbahnen abgestoßen, die mich am Empfinden hinderten, und überhaupt, wie soll man sich nicht in jemanden verlieben, der einen für eine Zeitung interviewt?
    Sie schreibt für den Tufnell Parker, eins von diesen kostenlosen Anzeigenblättern, die einem unter der Tür durchgeschoben werden und die man gleich in den Mülleimer schmeißt. Eigentlich ist sie Studentin – sie studiert Publizistik und macht ein Praktikum. Und eigentlich, sagt sie, sei sie nicht sicher, ob ihr Redakteur den Artikel nehmen wird, da er weder vom Laden noch vom Club je gehört hat und Holloway am äußersten Rand seiner Gemeinde, seines Wahlkreises, seines Einzugsgebiets, wie immer das heißt, liegt. Aber Caroline ist in den alten Tagen immer mit Begeisterung in den Club gekommen und wollte uns den Start erleichtern.
    »Ich hätte dich nicht reinlassen dürfen«, sage ich. »Du kannst nicht älter als sechzehn gewesen sein.«
    »Du meine Güte«, sagt sie, und ich verstehe nicht, wieso, bis ich über das nachdenke, was ich eben gesagt habe. Ich hatte es nicht als billige Anmache – als irgendeine Art von Anmache – gemeint; ich meinte nur, daß sie, wenn sie heute Studentin ist, damals in
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