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Hibiskussommer

Titel: Hibiskussommer
Autoren: Alyson Noël , Tanja Ohlsen
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gelächelt und weitergemacht.
    2.    Sie behält nur, was sie gebrauchen kann. Hört sich ziemlich vernünftig an, bis man erklärt bekommt, dass man nur seinen »Energiefluss verstopft«, wenn man Dinge, die man nicht wirklich braucht, sammelt und behält. Das heißt also, wenn sie ein Buch fertig gelesen hat (was ungefähr ein Mal am Tag passiert), dankt sie ihm für das Wissen, das es ihr vermittelt hat (ich wünschte, ich würde scherzen, aber es stimmt wirklich), und dann gibt sie es jemand anderem weiter. Genauso geht es mit CD s, Kleidung, allem Möglichen. Man bedankt sich, segnet es und gibt es dem Nächsten weiter. Dadurch ist das Haus so kahl und leer, dass man das Gefühl hat, in einem Kloster zu wohnen – bis auf das Schweigegelübde, denn sprechen tun wir (besonders mit Pflanzen und anderen leblosen Objekten).
    Allerdings hätte ich ehrlich gesagt nichts gegen ein Schweigegelübde, weil ich sowieso nicht so viel zu sagen habe. Meist bin ich viel zu sehr damit beschäftigt, mir darüber Sorgen zu machen, wie ich die nächsten vierundsiebzig Tage überstehen soll (der Countdown läuft!), als dass ich mich auf so etwas Banales wie Small Talk konzentrieren könnte.
    3.    Sie steckt voll mit der Seelenklempnerin meiner Mutter unter einer Decke und findet es großartig, dass ich der »negativen Energie« meiner Eltern entkomme und mir eine Pause von meiner »Computerabhängigkeit und meiner obsessiven Beschäftigung mit Warensammlung und Massenkonsum« gönne. Was auch immer das heißen soll.
    Ich meine, sie ist ja schon ganz nett und so, versteht mich nicht falsch, und ich weiß, dass sie es gut meint. Es ist nur so irre, dass sie diesen ganzen Quatsch tatsächlich glaubt . Für sie selbst mag das ja schön und gut sein, aber es ist nun mal so, dass sie sich dieses strenge, ernste Inselleben selbst AUSGESUCHT hat, während ich das NICHT konnte . Und auch wenn ich gerade erst hier angekommen bin, muss man wirklich nicht sonderlich helle sein, um zu sehen, dass das bei mir nicht funktioniert.
    Denn meine Tante versteht offensichtlich nicht, wie wichtig es für mich ist, mit Amanda in Kontakt zu bleiben. Es ist absolut total lebensnotwendig, dass mich Amanda nicht vergisst, während ich weg bin. Zu viel hängt von unserer Freundschaft ab, zu viel steht auf dem Spiel. Ich meine, wenn ich im letzten Jahr auf der Highschool überhaupt Spaß haben will, wenn ich zum Abschlussball, auf Partys und überall hin will, wo sich das Dabeisein lohnt, dann MUSS ICH MICH AN AMANDA HALTEN !
    Ich DARF NICHT zulassen, dass sie mich durch irgendeinen Möchtegern ersetzt. Das kann ich mir einfach nicht leisten.
    Der Grund für meine Besorgnis ist vor allem, dass ich zufälligerweise weiß, dass Amanda die Aufmerksamkeitsspanne einer Eintagsfliege hat. Im Ernst, sie flattert von einem Thema zum nächsten und kann sich nie auf eine Sache konzentrieren. So was wie soziales ADS oder so. Jetzt, wo ich weg bin, fürchte ich, dass sie einfach zu jemand anderem flattert, und wenn ich im September zurückkomme, war meine ganze harte Arbeit umsonst.
    Am Freitag zum Beispiel, meinem letzten Abend, da haben wir in ihrem Zimmer gesessen und Zeitschriften durchgeblättert und Musik gehört (was so ziemlich alles war, was sie für meine große Abschiedsparty organisiert hatte), und gleich nachdem ich unsere Horoskope vorgelesen hatte, hat sie mich angesehen, geblinzelt und gefragt: »Moment – wohin gehst du noch mal?«
    Echt, ich konnte es kaum glauben. Ist ja nicht so, als hätte ich es ihr nicht schon mindestens tausendmal erzählt, aber das konnte ich ihr ja nun auch wieder schlecht sagen. Also habe ich nur innerlich die Augen verdreht, mir meine langen braunen Haare hinter die Ohren geklemmt und ihr in das perfekte Gesicht gesehen, perfekt gerahmt von dem perfekten Rauchkringel, den sie gerade gemacht hatte, und habe gesagt: »Griechenland.« Dann hat sie mit den Schultern gezuckt, eine Strähne von ihrem blondierten Haar genommen und damit ihre zierliche, leicht aufwärts gebogene Nase gestreichelt.
    »Versteh ich nicht. Warum Griechenland? Warum nicht irgendwohin, wo es cool ist? So wie Cabo oder Cancun oder so?«, hat sie gefragt, hat die Haarsträhne fallen gelassen und sich ihren französisch manikürten Fingernägeln gewidmet.
    Aber ich habe nur mit den Schultern gezuckt. Es war sowieso sinnlos, ihr zu erklären, dass ich nur eine verrückte Tante habe und die nun mal zufällig auf einer griechischen Insel wohnt, von der
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