Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans

Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans

Titel: Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
nicht das Arbeitszimmer in meinem Haus in London.
    Wenn mich nicht alles täuschte, war es nicht einmal mehr London …
    Ich versuchte meine Gedanken zu einem einigermaßen vernünftigen Ablauf zu zwingen, presste die Augenlider so fest zusammen, bis ich bunte Kreise sah, und atmete gezwungen tief und ruhig ein.
    Als ich die Augen wieder öffnete, war ich zwar immer noch nicht in London, aber ich war wenigstens ruhig genug, mich in meiner neuen Umgebung umzusehen.
    So weit es etwas zu sehen gab.
    Ich befand mich in einem dunklen Raum, dessen Einrichtung zum größten Teil aus Staub und Leere zu bestehen schien. Hier und da hockte ein Schatten in der graubraunen Dunkelheit und ein sehr sonderbarer Geruch lag in der Luft, aber es war einfach zu dunkel – und ich war noch immer zu verwirrt –, um auch nur erraten zu können, wohin es mich verschlagen hatte.
    Nun war es gewiss nicht das erste Mal, dass ich mich notgedrungen auch auf das Unerwartete einstellen musste, und es gab ein paar recht einfache Tricks, die in Situationen wie diesen halfen.
    Ich drehte mich noch einmal um meine Achse – ohne mehr als Dunkelheit und staubverhangene Spinnweben zu sehen –, löste vorsichtshalber die Verriegelung meines Stockdegens und tastete mich im Halbdunkel auf die Tür zu.
    Eine Sekunde später war ich so gut wie blind, denn nach dem staubigen Halbdunkel hier drinnen war das gleißende Sonnenlicht, das mir entgegensprang, geradezu unerträglich.
    Aber ich sah immerhin genug, um die Hand voll abgerissener Gestalten zu erkennen, die das Knarren der Tür unter einer Dattelpalme hochscheuchte, in deren Schatten sie den Tag verdösten …
    Dattelpalme …?
    Ich blinzelte, fuhr mir abermals mit der Hand über das Gesicht und zwang meine tränenden Augen, in das grellweiße Licht jenseits der Tür zu blicken.
    Vor mir lag eine staubig-heiße Dorfstraße, ein paar halb verhungerte Esel, die sich an einer Dornenhecke gütlich taten, und eine Anzahl schwarz verschleierter Wesen, die mit spitzen Schreien hinter Hofmauern verschwanden, kaum dass sie meiner ansichtig geworden waren.
    Nein, nach London sah dieser Ort wirklich nicht aus …
    Ich stand da, als hätte jemand einen Kübel Eiswasser über mich ausgeleert, so starr vor Schrecken, dass ich im ersten Augenblick nicht einmal recht begriff, dass der Tumult, der mit einem Male auf der Straße losbrach, keinem anderen galt als mir.
    Und als ich es begriff, war es beinahe zu spät.
    Die Männer, die bislang phlegmatisch unter der Palme gelegen hatten, sprangen wie von der Tarantel gestochen auf. Andere Männer quollen lärmend aus Toreingängen und Häusern, brüllten durcheinander und schüttelten Fäuste und Knüppel. Sicher nicht durch Zufall standen sie so, dass sie mir auf jeden Fall den Weg versperrten. Schmutzige, sonnenverbrannte Hände schlossen sich um die Holzgriffe krummer Dolche und aus den mehr überraschten als wirklich zornigen Schreien, die ich im ersten Moment gehört hatte, wurde ein vielstimmiges, feindseliges Murmeln und Raunen.
    »Giaur!«, brüllte eine Stimme. »Moscheenschänder!«, eine andere. Ich begriff noch immer nicht, was überhaupt los war, drehte mich aber instinktiv herum – und sah, dass es sich bei dem Gebäude, aus dem ich eben gekommen war, um einen gewaltigen Bruchsteinbau handelte, der die übrigen Häuser des Ortes an Größe weit übertraf. Daneben stand ein etwa zehn Yards hoher, viereckiger Turm, der mich fatal an ein Minarett erinnerte. Moscheenschänder? Hatten sie wirklich Moscheenschänder gerufen?, flüsterte eine dünne, hysterische Stimme in meinen Gedanken.
    Wenn ja, war ich nicht unbedingt in einer beneidenswerten Lage.
    Als ich mich wieder herumdrehte, war die Menge ein gutes Stück näher gekommen und der Ausdruck auf den dunklen Gesichtern war nicht unbedingt der orientalischer Gastfreundschaft. In mehr als einer Hand blitzte geschliffener Stahl.
    Unschlüssig trat ich der Menge einen Schritt entgegen und blieb wieder stehen. Einen Moment lang spielte ich ernsthaft mit dem Gedanken, mich wieder in die Moschee zu flüchten. Aber nur einen Moment. Ebenso gut konnte ich hier bleiben und mich der mittlerweile auf stolze hundert Seelen angewachsenen Menge stellen.
    Ganz allmählich begann mein Verstand wieder wie gewohnt zu arbeiten. Von allen scheinbar ausweglosen Situationen, in denen ich mich je befunden hatte, war dies wohl die am wenigsten scheinbare. Ich hatte eine gewisse Übung darin, mich gegen einen zahlenmäßig
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher