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Hexer-Edition 13: Ein Gigant erwacht

Hexer-Edition 13: Ein Gigant erwacht

Titel: Hexer-Edition 13: Ein Gigant erwacht
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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eisige Schauer über den Rücken jagte. Sie blickte zur Seite, wo Custer reglos im weichen Sand lag.
    »Er lebt noch«, erriet Sitting Bull ihre Gedanken. »Wenn man dies Leben nennen will.« Sein Blick war voll Trauer, als er die junge Squaw musterte. »Du hast die Kräfte der Magie verwandt, um zu erwecken, was tot sein sollte, Monahseetah«, fuhr er fort, »und damit das höchste Gebot der Götter verletzt. Glaubst du, Wakan -«
    »Meine Rache war gerecht!«, schrie sie auf, aber in ihrer Stimme schwang ein Hauch von Zweifel mit. »War es falsch, ihn zu lieben, noch über den Tod hinaus?«
    »Es ist kein Fehler, Liebe zu empfinden und zu geben«, erwiderte Sitting Bull. »Doch verträgt sich Hass mit Liebe? Das Leben endet im Tod, doch muss man Tod und Vernichtung bringen, um zu leben?«
    »Du redest von Leben? Du, der Hunderten den Tod brachte? Der mir den Geliebten nahm?«
    »Um das Leben vieler zu retten«, fügte Sitting Bull hinzu. Er trat dicht an Monahseetahs Pferd heran und senkte seine Stimme zu einem beschwörenden Flüstern. »Sein Tod hatte einen Sinn, auch wenn du ihn nicht begreifen willst, Monahseetah. Der deine war ein Sakrileg, unbedacht und von eigener Hand.« Er verstummte und senkte den Kopf. Und als er weitersprach, war seine Stimme tränenerstickt. »Ein Tod, der einem jungen Leben die Mutter raubte. Hast du deinen Sohn vergessen, Monahseetah?«
    Es waren nur Worte, doch jedes einzelne von ihnen traf die Indianerin wie ein körperlicher Hieb. Für einen Moment glaubte ich, einen schwachen Abglanz von Leben in ihren Augen glitzern zu sehen und als ich mich ungläubig aufrichtete, erkannte ich, dass ich mich nicht getäuscht hatte.
    Eine einzelne Träne lief über die Wange der Squaw und versickerte in ihrem Mundwinkel. Und als hätte die Kraft dieser Träne den unseligen Bann gebrochen, verschwand der hasserfüllte Ausdruck von ihren Lippen.
    »Yellow Swallow«, flüsterte sie und in den Worten erkannte ich den Klang der Sehnsucht wieder, die wir alle bei ihrem Erscheinen verspürt hatten. »Er ist jetzt ein junger Krieger«, fuhr sie nach einer Weile fort. »Hat er in deinem Tipi eine Heimat gefunden?«
    »Ich habe ihn nach den Gesetzen unseres Stammes erzogen und die Kunst der Magie gelehrt«, antwortete Sitting Bull.
    »Dann wird er eines Tages Häuptling über die Sioux sein?« Monahseetahs Antlitz erhellte sich und der letzte Schatten wich von ihren Zügen. Aber in ihren Worten schwangen auch Triumph und Genugtuung mit.
    »Er ist tot«, sagte Sitting Bull leise.
    Monahseetah erstarrte. Für einen kurzen, schrecklichen Augenblick schien es, als wolle der eben besiegte Hass zurückkehren, und eine eisige Hand berührte mein Herz, als ich sah, wie sie sich im Sattel aufrichtete und die Hände zu Fäusten ballte. Aber dann siegte der Schmerz über die Wut.
    »Wie … wie ist es geschehen?«, fragte sie tonlos. Ihre Stimme war kaum mehr ein Flüstern.
    Sitting Bull sah zu ihr auf und ich konnte spüren, wie er seinen Geist weit öffnete, seine geheimsten Gedanken der Frau preisgab, die ihn vor wenigen Augenblicken noch hatte töten wollen. Und ich erkannte, dass er ihr damit all seine Trauer über das Geschehene offenbarte; besser, als alle Worte es vermocht hätten.
    »Er hat deinen Freitod nie überwunden, Monahseetah«, gab er zur Antwort. »Und er gab mir die Schuld daran. Vor zwei Sommern wandte er sich vom Stamm ab und ging in die Städte der Weißen. Sie haben ihn gelyncht, als er sich in eine Weiße verliebte und sie seine Liebe erwiderte.« Er legte eine genau bemessene Pause ein und fuhr dann fort: »Du siehst, dass Hass und Selbstsucht nur neues Leid heraufbeschwören, Monahseetah. Tod zieht nur Tod nach sich und aus Rachedurst kann nur Unheil erwachsen. Es ist ein ewiger Kreis des Bösen und der Mensch allein kann ihn zerbrechen. Vollziehst du deine Rache, führst du das Band des Verderbens weiter. Erkennst du aber den wahren Sinn deiner Existenz, werden die Götter dir vergeben. Erforsche deine Seele, Monahseetah. Wenn etwas in dir Mensch geblieben ist, wirst du die richtige Entscheidung treffen.«
    Jetzt!, durchfuhr es mich. Sie wird zuschlagen und ihn vernichten.
    Aber nichts geschah. Und ich musste erkennen, dass der ewige Kampf gegen die GROSSEN ALTEN und ihre Kreaturen bereits mein Denken vergiftet hatte. Sah ich schon in jedem Gegner einen unversöhnlichen, blutrünstigen Todfeind? Hatte ich vergessen, dass es auch andere Gesetze gab, nach denen sich die Geschicke richten
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