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Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Titel: Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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schimmerte eine weiße Strähne.
    »Sehen Sie?«, lachte Tergard. »Dieser idiotische Eingeborene hatte die Güte, sie zu verlieren, und ich habe mir erlaubt, sie aufzuheben. Man soll nichts verkommen lassen, nicht wahr?«
    »Sie … Sie sind ja wahnsinnig!«, stöhnte ich.
    Tergard lächelte, hob die Nadel, die er in der anderen Hand trug – und trieb sie mit einem Ruck tief in den Kopf der Stoffpuppe.
    Als ich wieder zu Bewusstsein kam, lag ich auf dem Rücken. Blut lief über mein Gesicht und der Schmerz in meinem Schädel war unerträglich.
    Einer von Tergards Männern riss mich in die Höhe und zwang mich, den Tempelherrn anzusehen. Das Lächeln in Tergards Augen war erloschen und hatte einem grausamen, entschlossenen Ausdruck Platz gemacht.
    »Sie werden jetzt sterben, Mister Craven«, sagte er. »Es tut mir zwar Leid, dass mir nicht mehr Zeit bleibt, mich mit Ihnen zu befassen, aber ich bin sicher, Sie wissen die Mühe zu würdigen, die ich mir gemacht habe. Das hier –«, er hob die Voodoo-Puppe und hielt sie mir ganz dicht vor die Augen, »- ist jedenfalls ein angemesseneres Ende für den Sohn eines Hexers, als von einem hirnlosen Idioten wie Roosfeld zu Tode geprügelt zu werden, nicht wahr?«
    »Gehen Sie … zum … Teufel«, krächzte ich.
    Tergard lachte. »Ich fürchte, dorthin werden erst Sie gehen, mein Freund. Ich wünsche Ihnen eine gute Reise. Und wer weiß – vielleicht sehen wir uns ja ba –«
    Er brach mitten im Wort ab. Seine Augen weiteten sich und plötzlich, vollkommen warnungslos, verzerrte sich sein Gesicht zu einer Grimasse. Tergard schrie auf, taumelte zurück und rutschte an der Wand entlang zu Boden. Die Voodoo-Puppe entglitt seinen Fingern und fiel auf den Fels.
    Der Schlag betäubte mich fast.
    »Der Magier!«, kreischte Tergard. »Der Majunde! Tötet ihn! Bringt ihn um!« Seine Stimme kippte über, wurde zu einem hysterischen Kreischen.
    Mühsam drehte ich mich herum.
    Der Stammeszauberer war zurückgekrochen und hatte sich auf Hände und Knie erhoben. Sein Gesicht war schmerzverzerrt, und die Wunde in seiner Brust blutete stärker. Trotzdem brachte er die Kraft auf, sich noch einmal zu erheben und auf den Abgrund zuzutaumeln. In seinen Händen lag ein kleiner, dunkler Gegenstand.
    »Erschießt ihn!«, schrie Tergard. »Sofort!«
    Ein Bogensehne sirrte. Der Magier bäumte sich auf, gleichzeitig von drei, vier Pfeilen getroffen. Dann brach er in die Knie, stemmte sich noch einmal hoch und wankte weiter auf den Abgrund zu.
    Der nächste Pfeil zischte heran. Der Majunde taumelte, drehte sich einmal um seine Achse und fiel, von zwei weiteren Pfeilen getroffen, nach hinten.
    Direkt in den Abgrund hinein.
    Tief unter uns erscholl ein dunkles Klatschen, als der Leichnam des Zauberers in die geschmolzene Lava stürzte.
    Im gleichen Augenblick verwandelte sich Tergard in eine lebende Fackel.
    Es ging unglaublich schnell. Mit einem Male züngelten Flammen aus seinen Kleidern und Haaren, griffen blitzartig auf seine ganze Gestalt über und hüllen ihn in einen Mantel aus wabernder Hitze. Binnen einer Sekunde zerfiel der Master des Templer-Ordens vor meinen Augen zu Asche.
    So schnell, wie ein menschlicher Körper zerfällt, der in tausend Grad heiße Lava geschleudert wird.
    Und plötzlich war die Höhle voller Schreie, ringenden Gestalten und den Geräuschen des Kampfes, der entbrannte, als sich die Majundes auf die Tempelritter stürzten. Die weiß gekleideten Krieger leisteten kaum Widerstand, jetzt, da sie ohne Führer und Tergards geistigem Einfluss entkommen waren.
    Ich bekam von dem Kampf kaum etwas mit. Selbst als sich Shannon neben mir stöhnend erhob, sich das Blut aus dem Gesicht wischte und sich umdrehte, um den Eingeborenen zu Hilfe zu eilen, blieb ich reglos auf den Knien hocken und betrachtete die kleine, schmuddelige Stoffpuppe, die Tergards Händen entglitten war.
    Eine Puppe mit meinem Gesicht und meinem Haar.
    Aber eigentlich sah ich sie gar nicht. Vor meinem inneren Auge stand das Bild einer zweiten, gleichartigen Voodoo-Puppe. Eine Puppe, auf deren Schädel ein Büschel ausgerissener Menschenhaare geklebt und auf deren Brust ein gleichschenkeliges rotes Balkenkreuz gemalt gewesen war.
    Ich hatte sie nur eine knappe Sekunde lang wirklich gesehen, im gleichen Augenblick, in dem sie auch Tergard erblickt und die Wahrheit erkannt hatte.
    Eine Voodoo-Puppe mit seinem eigenen Gesicht.
    Die Puppe, die der Majunde-Zauberer in den Händen gehalten hatte, als er in die Tiefe
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