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Hexer-Edition 01: Die Spur des Hexers

Hexer-Edition 01: Die Spur des Hexers

Titel: Hexer-Edition 01: Die Spur des Hexers
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Wahrheit zu leugnen, heißt nicht, sie zu ändern.« Er lachte leise. Plötzlich wurde sein Blick hart.
    »Du hältst dich für etwas Besseres, wie?«, fragte er. Andaras verbissenes Schweigen schien ihn mehr zu reizen, als er zuzugeben bereit war. Mit einer zornigen Handbewegung gab er Michael ein Zeichen, ihn loszulassen, packte ihn derb an den Rockaufschlägen und versetzte ihm einen Stoß, der ihn haltlos zurück und gegen die Wand taumeln ließ. Andaras Schläfe prallte schmerzhaft gegen einen spitzen Stein. Ein scharfer Schmerz schoss durch seinen Schädel; er spürte heißes Blut an seiner Schläfe herablaufen und biss die Zähne zusammen, um einen Schmerzlaut zu unterdrücken.
    Necrons Augen flammten vor Hass. »Du hast dich nicht verändert!«, fauchte er. »Du bist wahrlich noch derselbe, Roderick. Du hältst dich immer noch für besser als wir, nicht wahr?«
    Andara starrte ihn an und schwieg weiter, und es war gerade dieses Schweigen, das Necrons Zorn noch mehr schürte.
    Er spie angewidert aus. »Nichts bist du!«, schrie er. »Ein Nichts! Ein jämmerlicher Feigling, nicht mehr und nicht weniger! Du hältst dich für etwas Besonderes, wie? Aber du bedienst dich der gleichen Kräfte wie ich, und -«
    Andara wusste, dass es ein Fehler war, aber er konnte nicht mehr schweigen. »Das stimmt«, sagte er hart. »Aber ich verfolge damit nicht deine Zwecke, du Ungeheuer.«
    In Necrons Augen blitzte es abermals auf. Aber diesmal war es kein Zorn, den Andara darin las, sondern ein böser, hämischer Triumph. Plötzlich spürte er, dass er am Ende doch genau so reagiert hatte, wie Necron es wollte. Nichts war Zufall. Selbst Necrons scheinbarer Wutausbruch war wie alles gewesen, was der Magier tat: zynisch und berechnend, keinem anderen Zweck dienend, als ihn aus der Reserve und auf ein Terrain zu locken, auf dem er ihn noch härter treffen konnte. Es war ihm gelungen.
    »Nein?«, fragte Necron lauernd. »Tust du das nicht?« Er lachte leise. »Oh, ich verstehe. Du bist der Gute in diesem Spiel, und ich der Böse, nicht wahr? Du kämpfst für die helle Seite, während ich mich der Finsternis verschrieben habe!« Er zog eine Grimasse. »O nein, mein Lieber, so einfach ist das nicht. Du wirfst mir vor, grausam zu sein? Meine Macht zu missbrauchen? Menschen zu benutzen? Sie zu töten?« Er kicherte. »Nun, all das ist wahr«, bekannte er. »Aber es ist nichts anderes als das, was auch du tust. Wie viele unschuldige Menschen sind gestorben, deinetwegen, Roderick? Wie viele Menschen hast du ihres freien Willens beraubt? Wie vielen hast du Unglück gebracht, seit Jerusalems Lot?«
    Andara starrte ihn an. Necrons Worte trafen ihn wie Faustschläge. Sie waren zynisch und falsch und berechnend, und er wusste all dies, und trotzdem taten sie weh, entsetzlich weh.
    War es wahr? dachte er entsetzt. Plötzlich glaubte er das Gesicht des Kutschers vor sich zu sehen, das unbeschreibliche Grauen in seinen Augen, Bruchteile von Sekunden, bevor er starb, das vom Wahnsinn verzerrte Antlitz Henrys, das dumpfe Entsetzen in den Blicken der unglücklichen Mrs. Fallenthorpe … und andere, endlos viele andere. Wie in einer stummen, grauenerregenden Prozession zogen sie vor seinem inneren Auge vorbei, Gesichter und Augen, die Gesichter derer, die zugrunde gegangen waren, einfach, weil sie den Fehler begangen hatten, seinen Weg zu kreuzen. Er begriff sogar, dass es kein Zufall war – es war Necrons hypnotische Kraft, die die Gesichter und Namen aus seinem Unterbewusstsein heraufzwang, die Geister all derer beschwor, die er in schwarzen Gräbern in den tiefsten Abgründen seiner Seele verscharrt zu haben glaubte. Und trotzdem:
    War es wahr? hämmerten seine Gedanken. War es wahr? War es so, wie Necron behauptete? War er am Ende nichts anderes als Necron und all die anderen, ein Werkzeug, nur viel feiner und perfider, ein weiterer Diener der schwarzen Götter, die zu bekämpfen er geglaubt hatte?
    War es so? Hatten sie ihn am Ende nur glauben lassen, ihr Feind zu sein, ihn nicht durch Unachtsamkeit, sondern aus Berechnung ein Jahrzehnt lang immer wieder und wieder entkommen lassen, aus dem einzigen Grund, ihn auf seine Weise Böses tun zu lassen? Necron hatte recht – er hatte kaum weniger Leid unter die Menschen gebracht, deren Weg er gekreuzt hatte. Er hatte sich jener finsteren Mächte bedient, in dem Glauben, sie zu bekämpfen, aber …
    … aber vielleicht konnte man das Böse nicht benutzen, ohne selbst böse zu werden.
    »Nun,
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