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Hexer-Edition 01: Die Spur des Hexers

Hexer-Edition 01: Die Spur des Hexers

Titel: Hexer-Edition 01: Die Spur des Hexers
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dass Andara ihn kaum hörte; nicht mehr als ein gehauchtes Flüstern von hundert Lippenpaaren, das kaum lauter als das Knistern der Flammen war. Aber er schwoll an, wurde zu einem monotonen und doch gleichermaßen aufpeitschenden Singsang, einem unglaublich unangenehmen, schaudernd machenden Auf und Ab scheinbar sinnloser, entsetzlicher Geräusche, die Worte zu nennen sich irgend etwas in Andara sträubte.
    Es war der Gesang, den er schon einmal gehört hatte, das gleiche, entsetzliche Cthulhu fthagn! Cthulhu fthagn! Ngai! Ngai! R’Leyeeeeeeee! Immer und immer und immer wieder, immer die gleichen, schauderhafte Folge von Tönen und Geräuschen, Lauten, die nicht für menschliche Kehlen gemacht und deren bloßes Aussprechen eine Gotteslästerung war. Der Gesang schwoll an, sank wieder ab, schwoll wieder an, einem Rhythmus folgend, der kein Rhythmus, sondern etwas Anderes, Unbeschreibliches war, etwas, das allmählich lauter und lauter und drängender und drängender wurde, bis es seinen Atem, seinen Herzschlag, selbst seine Gedanken in seinen entsetzlichen Takt zu zwingen schien.
    Andara stöhnte. Das grässliche Cthulhu fthagn! Ngai! R’Lyeh! schwoll mehr und mehr an, wurde zu einem hämmernden, stampfenden, allesverschlingenden Dröhnen, einem ungeheuren Tosen, tausendmal lauter als irgend etwas, was er je gehört hatte und schwoll weiter an, bis die ganze Welt in seinem Takt zu erbeben schien.
    Und irgend etwas antwortete darauf …
    Andara spürte es, Augenblicke, ehe das Glühen begann und das Wasser sich kräuselte.
    Etwas kam.
    Etwas Unbeschreibliches, Großes, das den Ruf vernahm, draußen, tief in den lichtlosen schwarzen Tiefen des Meeres, etwas Namenloses, das lauernd und geduldig dort draußen gelegen hatte und nun die Krallen aus dem Schlamm zog, ein Titan, zu entsetzlich, um mit einem Namen bedacht zu werden.
    Es kam. Es kam!!
    Andara stöhnte erneut. Kalter Schweiß perlte auf seiner Stirn. Seine Hände zitterten. Für einen Moment begann sich die Höhle vor seinen Augen zu drehen. Aber es war keine Furcht, die ihn wanken ließ. Es war die Ausstrahlung des Bösen, die fast körperlich fühlbare Woge aus Hass und Zorn, die dem Koloss vorauseilte, ein finsterer Schatten seiner Seele, der irgend etwas in ihm berührte und zum Erzittern brachte.
    »Ngaiiiii!«, schrie Necron. »Cthulhu fthagn! Ngaiii!«
    Der Gesang verstummte, und für Augenblicke wurde es still. Entsetzlich still. Selbst das Knistern der Fackeln schien leiser zu werden, als zöge sich die Wirklichkeit erschrocken vor dem Entsetzlichen zurück, das kam.
    Mit gemessenen Schritten trat Necron ans Ufer, ging in die Hocke und schöpfte mit aneinandergelegten Händen Wasser, um es tropfenweise wieder in den See fallen zu lassen. »Cthulhu …!«, flüsterte er.
    Zwei weitere Personen lösten sich aus der Menge – Ben Carson und ein kleinwüchsiger Mann, den Andara nicht kannte. Und obwohl er wusste, was geschehen würde, schloss er vor Entsetzen die Augen. Aber irgend etwas zwang ihn, die Lider wieder zu öffnen, hinzusehen, das Entsetzliche zu betrachten, in jedem grauenerregenden Detail.
    Carson und der andere Mann hoben die Hände, lösten mit raschen Bewegungen ihr Haupthaar und ihre Gesichter und zogen beides ab.
    Darunter kamen die Froschfratzen zweier Tiefer Wesen zum Vorschein. Starre, feuchtschimmernde Augen blickten Andara an. Ein unbeschreiblich widerlicher, fauliger Geruch schlug ihm entgegen, als die beiden Tiefen Wesen neben ihn traten und seine Arme ergriffen. Ihre Berührung war eisig. Feucht und unangenehm wie die von schleimigen Schwämmen.
    Wie viele noch? dachte er. Unter wie vielen vermeintlich menschlichen Gesichtern mochten sich noch die schuppigen Visagen jener entsetzlichen Zwitterwesen verbergen? Er wehrte sich nicht, als die beiden Spottgeburten ihn herum- und tiefer ins Wasser hineinzwangen, aber sein Blick glitt über die Masse der stummen Gesichter hinter ihm, menschlicher Züge, menschlicher Augen, menschlicher Münder, hinter denen sich -
    Einer der Männer war H.P.
    Andara erstarrte, als sein Blick auf das asketisch geschnittene Gesicht fiel.
    Er stand ein wenig abseits der anderen, noch innerhalb des weitgeschwungenen Halbkreises, den sie mit ihren Fackeln bildeten, trotzdem ein ganz kleines bisschen abgesondert, als habe er sich zurückgezogen, um nicht erkannt zu werden, und die Gestalt neben ihm war zweifellos die seines hünenhaften Leibdieners Rowlf.
    Es war H.P.! Der Mann, der ihn hierhergebracht hatte!
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