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Hexenzorn

Titel: Hexenzorn
Autoren: T. A. Pratt
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ist. Aber einen Vorteil habe ich: Susan glaubt, ihr Plan wäre immer noch geheim. Sie weiß nicht, dass ich Bescheid weiß. Ich habe einen Informanten in ihrem Stab, und vielleicht kann Hamil sie so lange aufhalten, bis ich den Grenzstein gefunden habe. Ich habe ihn angewiesen, alles zu tun, was nötig ist, um sie abzulenken.«
    Rondeau runzelte die Stirn. »Wie? Meinst du etwa, er soll mit ihr ins Bett gehen?«
    »Ich dachte eher daran, dass er sich mit ihr zusammentun soll, um mich zu stürzen.« Sie zuckte die Achseln. »Jeder
weiß, dass es schwierig ist, für mich zu arbeiten. Vielleicht nimmt sie ihm ab, dass er willens wäre, mich zu verraten.«
    »Machst du dir ernste Sorgen wegen ihr, Marla?«, fragte Rondeau, den Blick starr auf den Restaurantführer gerichtet, den er gerade durchblätterte. »Susan, meine ich. Wie schlimm ist es, auf einer nach oben offenen Katastrophenskala?«
    Marla dachte nach, wie sie die Frage beantworten sollte. Sie versuchte mit aller Macht, möglichst nicht an die Bedrohung, die über ihr schwebte, zu denken, sondern sie aus dem Weg zu räumen. Tatsache war jedoch, dass sie Angst hatte. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie zum letzten Mal Angst gehabt hatte, ohne dass sie dabei in akuter Lebensgefahr gewesen war. »Wenn ich Susan nicht aufhalten kann, sprengt es selbst diese Skala. Ihre Pläne sind so gefährlich, dass ich sie ganz einfach ermorden würde, wenn ich könnte. Und du weißt, dass ich nicht gerne so unverhohlen das Kräftegleichgewicht manipuliere.«
    »Warum tust du’s dann nicht?«, fragte Rondeau. »Mag ja sein, dass es heute Morgen noch der richtige Plan war, hierher zu kommen und den Grenzstein zu holen. Aber nachdem sich das alles jetzt doch als etwas komplizierter herausstellt, sollten wir vielleicht einfach wieder nach Hause fliegen und uns für die Schlacht bereit machen.«
    »Ich wünschte, das könnte ich. Aber es ist nicht leicht, an Susan ranzukommen. Beim ersten Anzeichen von Gefahr verkriecht sie sich tief im Keller ihres Wolkenkratzers, und nach allem, was ich gehört habe, reicht dieser Keller noch weiter hinab, als das Gebäude in den Himmel ragt. Susan hat an jeder Tür und in jedem Gang Dutzende Fallen, Söldner und Schläger aufgestellt. Es würde Tage dauern, da
durchzukommen, und dann wäre es zu spät. Ich habe von Susans Plan erst heute Morgen erfahren, und in ein oder zwei Tagen wird sie die Sache durchziehen. Ich kann sie nicht rechtzeitig töten. Sie weiß, dass sie mich im direkten Kampf nicht besiegen kann. Deshalb hat sie das letzte Jahr mit den Vorbereitungen für einen Zauberspruch verbracht, der mich erledigen soll. Gegen ihren Bann kann ich nichts ausrichten, nicht so kurzfristig, außer ich finde den Grenzstein. Dessen Kräfte kann ich benutzen, um mich zu schützen. Und wenn ich den Grenzstein gefunden habe, ja, dann fliegen wir heim und vernichten Susan. Diesmal ist sie zu weit gegangen. Ich habe Besseres zu tun, als Krieg zu führen, aber sie lässt mir keine andere Wahl.«
    Rondeau saß auf dem Bürostuhl vor dem kleinen Schreibtisch und drehte sich damit im Kreis. »Und jetzt, da Lao Tsung tot ist, willst du den großen Boss von San Francisco fragen, wo der Grenzstein ist?«
    »Klar. Ich kann genauso gut ganz oben anfangen.«
    »Wenn zwei Teufelskerle aus einer anderen Stadt zu dir kommen und dich nach einem wichtigen magischen Artefakt ausfragen, würdest du ihnen helfen?«
    »Kaum«, sagte Marla. »Ich glaube nicht, dass sie so überzeugend wären, wie ich es sein kann.« Sie zog eine längliche, mit Schnitzereien verzierte Teakholz-Kiste von ganz unten aus ihrem Rucksack und stellte sie aufs Bett. Sie berührte die kunstvollen Schnitzereien an mehreren Stellen, und der Deckel sprang auf. In der Kiste lag ein sorgsam gefaltetes Stück Stoff. Marla nahm es heraus und strich es glatt. Es war ihr Umhang, blendend weiß auf der einen Seite, dunkelviolett wie ein Bluterguss auf der anderen. Am Kragen war eine Nadel in der Gestalt eines Hirschkäfers befestigt.

    »Wow«, sagte Rondeau und unterbrach seine Karussellfahrt. »Das hast du seit Jahren nicht mehr angehabt.«
    Marla hielt den Umhang in der ausgestreckten Hand und betrachtete ihn. Dann schüttelte sie den Kopf. »Er vermisst mich. Er vermisst es, benutzt zu werden. Aber jedes Mal, wenn ich ihn anhatte, war ich mir nicht sicher, ob ich ihn benutzte oder er mich. Er ist ein mächtiges Werkzeug, und die haben immer ihren Preis. Oder sie sind mit einer Aufgabe
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