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Hexenzorn

Titel: Hexenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. A. Pratt
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weiß.Vielleicht ein bisschen zu Yuppie-mäßig für uns, aber, hey, lass es uns doch einfach als anthropologisches Forschungsprojekt betrachten. Und wenn du - sobald du - die Nase komplett voll hast, gehen wir rüber nach Yerba Buena Gardens, zum Metreon und den ganzen coolen Sachen.«
    »Woher weißt du so viel über diese Stadt?«, fragte Marla.
    »Hamil hat mir ein paar Führer mitgegeben und Stadtpläne, bevor wir ins Flugzeug gestiegen sind. Ich hab sie gelesen, während du geschlafen hast. Und da wir gerade davon
sprechen: Nimm’s mir nicht übel, aber ich war überrascht, dass ein Kontrollfreak wie du in einem Flugzeug schlafen kann.«
    Marla zuckte nur die Schultern. »Ich wusste, dass ich heute Nacht vielleicht keinen Schlaf bekommen würde, also schien es mir ratsam. Und falls das Flugzeug tatsächlich abstürzt, bin ich sowieso tot, also kann ich mich genauso gut entspannen. Außerdem hatte ich meinen Umhang im Handgepäck. Mit einem bisschen Vorwarnzeit hätte ich ihn anziehen und mich retten können.«
    »Und mich zermatschen lassen?«
    Marla blieb vor dem ›Crate & Barrel‹-Laden stehen und schielte ins Schaufenster. »Was zum Teufel …«, murmelte sie. »Küchenstühle? Weingläser? Ich dachte, die wären ein reiner Ladenausstatter.«
    »Und schon gehen die ersten Illusionen zu Bruch. Aber, ganz im Ernst, du hättest dein Leben gerettet und mich sterben lassen?«
    Marla funkelte Rondeau an. Manchmal war er schlimmer als ein Ehemann. »Rondeau, in einer Situation, in der ich uns beide retten könnte, würde ich das auch tun. In einer Situation, in der ich nur einen von uns beiden retten kann, werde ich diese Person sein. Und bevor du jetzt zu dramatisieren anfängst, wie du dein Leben für meines geben würdest und den ganzen Scheiß, lass mich dir sagen, dass dein Tod ganz anders aussehen würde als meiner. Wenn unser Flugzeug abstürzt, würde der Körper sterben, den du bewohnst, und du würdest eine Zeit lang herumschweben, bis du einen neuen Körper gefunden hast, und das wäre dann auch schon alles. Solltest du übrigens versuchen, meinen Körper zu übernehmen, würde ich dich ausspucken wie einen Melonenkern.«

    Rondeau hob die Hände und verzog das Gesicht. Er mochte es nicht, wenn er auf seine ätherische Natur hingewiesen wurde. Er konnte als Mensch durchgehen - sein Körper war der eines Menschen -, aber mit seinem Geist, der Seele, dem Chi oder was immer seinen Körper bewohnte, sah es ganz anders aus. Rondeau verstand selbst kaum, was er war. »Schon gut, ich hab’s begriffen. Obwohl wir nicht wissen, ob das wirklich so passieren würde. Ich hab’ die Kontrolle über diesen Körper übernommen, als er - wie alt nochmal? - sechs Jahre war. Und an die Zeit davor habe ich keine klaren Erinnerungen. Ich weiß ganz einfach nicht, was ich bin. Sogar Hamil sagt nur, ich wäre eine ›parasitäre übernatürliche Daseinsform‹. Wenn dieser Körper stirbt, dann sterbe ich vielleicht mit ihm.«
    Marla zuckte die Achseln. »Das Gleiche gilt auch für alle anderen. Sogar Lao Tsung ist gestorben, und ich dachte immer, er würde noch älter werden als die Sonne. Von Fröschen getötet. Er hätte nicht in dieser Stadt bleiben sollen. Ich kann es gar nicht erwarten, hier wieder wegzukommen.«
    »Da wir gerade von Lao Tsung sprechen … was sagst du zu dem alten Chinesen und seiner Schülerin? Ich weiß, dass du nichts unternehmen willst, um ihr zu helfen. Aber nehmen wir einmal an, ich würde es wollen. Wo müsste ich anfangen?«
    »Du möchtest, dass ich dir erkläre, wie man eine Seele aus einem Körper vertreibt und dafür eine andere einpflanzt? Als ob uns das überhaupt was angehen würde! Komm schon, Rondeau. Natürlich hast du Mitgefühl mit ihr. Du hast diesen Trick mit dem Ding auf der Schwelle ja selber schon mal gemacht, und der arme Junge, dessen Körper du übernommen
hast, hat nicht mal einen lausigen alten als Ersatz für den seinen bekommen.«
    Rondeau blieb stehen. »Fick dich, Marla! Ich bin nicht so wie dieser alte Sack. Ich schwebte herum, ohne Körper, ohne Erinnerungen, ohne Bewusstsein meiner selbst, nichts. Ich sah - und das ist nicht mal das richtige Wort, ich habe nicht gesehen, wie ich das heute tue - einen kleinen Straßenjungen in irgendeiner Gasse, sank hinab und ließ mich auf ihm nieder wie Nebel, oder ich bin durch seine Nase in ihn reingeschlüpft, oder ich habe ihn angezogen wie einen Anzug, ich weiß es einfach nicht, ich kann es nicht beschreiben. Ich hab’

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