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Hexenzorn

Titel: Hexenzorn
Autoren: T. A. Pratt
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ich glaube, ich habe vorhin irgendwo ein italienisches Restaurant gesehen.«
    »Ach nein. Wir sind schließlich durch North Beach gekommen. Weißt du denn gar nichts über San Francisco?«
    »Straßenbahnen. Golden Gate Bridge. Nebel. Hügel. Gay Pride. Wenn man hierher kommt, dann mit Blumen in den Haaren. Das war’s im Wesentlichen, oder?«
    »Du bringst die Dinge wirklich auf den Punkt«, sagte Rondeau. »Aber im Ernst, hör mir zu.«

    Auf der anderen Seite der Bucht, in Oakland, San Franciscos wenig beachteter Stiefschwester, saß der ehemalige Filmschauspieler Bradley Bowman - oder einfach ›B.‹, wie ihn seine Freunde nannten, von denen die meisten mittlerweile
tot waren oder den Kontakt zu ihm ganz beiläufig im Sand verlaufen lassen hatten - auf einem mit Müll übersäten und von Unkraut überwucherten, unbebauten Grundstück und warf Valiumtabletten in einen Gully. Immer einzeln, eine nach der anderen. »Ich hatte wieder einen von diesen Träumen«, sagte er. »Ich stand unter einer Überführung. Es regnete Frösche vom Himmel, und ein paar davon hüpften zu mir unter die Überführung. Ein Mann mit einem altmodischen Biberhut stand halb im Schatten einer Säule und beobachtete mich. Ich winkte ihm, und er nickte mir zu. Um meinen Kopf herum schwirrten Kolibris, so schnell, dass sie mit bloßem Auge kaum zu sehen waren. Eine Frau in einem violetten Umhang kam aus den Schatten. Beim Gehen trat sie auf die Frösche, und sie versuchte mich zu küssen. Als sich unsere Lippen berührten, war ich plötzlich in einen Kokon eingesponnen, und ich wusste nicht, in was ich mich verwandeln würde. Was hat das zu bedeuten?«
    Nach einer Weile kam eine Stimme aus dem Abflusskanal. Sie sprach lange, klang sehr entspannt und etwas träge.
    »Großer Gott!«, sagte B. »Kann ich irgendwas tun, um das zu verhindern?«
    Die Stimme sprach wieder, diesmal kürzer.
    B. seufzte. »Dann werde ich das wohl tun müssen. Verdammt. Ich hasse es, wenn ich in die Stadt fahren muss.«
    Die Stimme unten murmelte etwas.
    »Tu das nicht«, sagte B. »Bitte. Hierher zu kommen, mit dir zu sprechen … das ist alles schon hart genug, auch ohne all die alten Erinnerungen wieder heraufzubeschwören.« Er stand auf, warf sich seinen zerschlissenen Rucksack über die Schulter und schlurfte nach Hause, verloren in den Nebeln der Vergangenheit.

2
    »Ich bin beeindruckt, Marla. Ich hätte gewettet, du checkst uns in irgend so eine Absteige in Tenderloin ein.«
    Marla sah zu ihm hinüber. Unter einem immer dunkler werdenden Himmel stand Rondeau auf dem Balkon der Suite eines schicken Hotels in der Nähe des Union Square. Er schien glücklich und zufrieden, und einen kurzen Moment lang war sie wütend auf ihn: Verstand er denn überhaupt nicht, wie ernst die Lage war? Natürlich nicht, wie denn auch? Sie hatte ihm schließlich nichts erzählt. Marlas Leben wurde ständig bedroht, und er dachte wahrscheinlich, dies wäre nur ein weiteres, gewöhnliches Mordkomplott gegen sie. Marla hatte es ihm nicht weiter erklärt, weil sie sich schämte, dass Susan sie in eine solche Situation gebracht hatte. Sie hatte die Frau nie für eine echte Bedrohung gehalten, und jetzt zahlte sie den Preis für ihren Leichtsinn. Sie zwang sich, ihre Stimme sanft klingen zu lassen: »Tenderloin? Ist das das Fleischerviertel?« Sie leerte den Inhalt ihres
geräumigen Lederrucksacks aufs Bett und begann, die Gegenstände vor sich auszubreiten.
    »Ich glaube nicht, dass es in San Francisco ein Fleischerviertel gibt. Es ist eher das Schmuddelviertel der Stadt, mit vielen Stripclubs, Bars und so Zeug. Könnte dir gefallen.«
    »Ich betrete unbekannte, dunkle Gassen genauso ungern wie du, Rondeau. Zuhause kenne ich die dunklen Gassen, und ich weiß, dass ich das Gefährlichste bin, was sich dort rumtreibt. Und jetzt, nachdem ich einem der hiesigen Großmeister auf die Zehen getreten bin - der womöglich auch noch ein Körperwechsler ist, wenn das stimmt, was der alte Mann dir erzählt hat -, halte ich mich so weit wie möglich von den Schatten fern. Aber du hast recht, ich hätte dieses Hotel nicht ausgesucht. Hamil hat die Reservierung gemacht. Für ihn ist Zimmerservice die größte Errungenschaft der Menschheit.«
    Rondeau kam vom Balkon herein. »Glaubst du, Hamil kann die Situation unter Kontrolle halten? Susan davon abhalten, dich mit diesem Bann zu belegen?«
    »Das hoffe ich. Sie waren mal Freunde, aber sie vertraut ihm nicht mehr, seitdem er mein Consigliere geworden
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