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Hexentochter

Hexentochter

Titel: Hexentochter
Autoren: Nancy Holder , Debbie Viguié
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besaß, Eindringlinge mit seinem Schwert zu vertreiben.
Dann drückte sie den Daumen an die scharfe Klinge des Schwertes und verzog das Gesicht, als sie sich in den Finger schnitt. Blutstropfen rannen an der Klinge hinab und nährten sie.
Liebe mochte die Macht des Zirkels begründen, doch es war immer noch das Blut, das dem Kreis Kraft verlieh. Das Haus Cahors war nicht sanftmütig gewesen; früher waren die Cahors ebenso erbarmungslos vorgegangen wie die Deveraux. Holly hoffte auf eine Weiterentwicklung, eine Chance, ihrer Familie einen neuen Weg zu eröffnen. Da in den vergangenen Jahrhunderten so viel verloren gegangen war, versuchte sie die Balance zwischen neuen magischen Formen und den Traditionen zu finden, an die ihr Coven sich halten musste, damit die Magie funktionierte. Sie kam nur langsam voran, durch Versuch und Irrtum ... aber wenn Michael zurückkehrte und sie bedrohte, würde sie tun müssen, was nötig war, um ihren Zirkel zu schützen, wie »rückständig« es auch sein mochte.
    Doch jetzt war keine Zeit für solche Grübelei. Rasch beendete sie Tommys Salbung.
    »Ich segne dich vom Scheitel bis zur Sohle, Tommy. Erhebe dich, mein Langer Arm des Gesetzes, und umarme deine Priesterin.«
    Tommy richtete sich auf, während Holly Amanda die Kelle zurückgab. Dann schlang sie die Arme um ihn, wobei sie darauf achtete, das Schwert nicht zu berühren, und küsste ihn sacht auf den Mund.
    Sie trat einen Schritt zurück, und Tommy sagte: »Ich werde alle Schlingen zerschneiden, die unsere Feinde für uns auslegen.«
    »Sei gesegnet«, murmelte der Zirkel.
    Amanda und Kari, die sich an den Händen hielten, ließen los, damit Tommy hindurchgehen konnte.
    »Ich werde die Diener und Hexentiere unserer Feinde erschlagen, und seien sie unsichtbar oder verschleiert.«
    »Sei gesegnet«, wiederholte der Zirkel.
    Mühsam hob er das Schwert zur Decke. »Und ich ...«
    Ein grässlicher Schrei zerriss den weihevollen Augenblick. Etwas blitzte auf und glimmte grün. Wind peitschte durch den Raum, so kalt und hart wie Eis. Schwefelgestank umwehte sie.
    Tommy taumelte zurück. »Seht!«, schrie Kari und deutete mit dem Finger nach oben.
    Stöhnend stieß Tommy die Schwertspitze bis fast an die Decke. Die glimmende Stelle wurde durchbohrt, ein phosphoreszierender, halb flüssiger Strom aus grellem Grün wirbelte um die Spitze der Klinge und tropfte auf den Boden. Kari sprang zurück, und die übrigen schafften es gerade so, einander an den Händen festzuhalten.
    Das Glimmen vibrierte und verblasste.
    »Oh Gott«, keuchte Kari.
    Auf der Schwertspitze aufgespießt steckte das Abbild eines Bussards, der in Todeskrämpfen zuckte. Es war kein echter Vogel, nur eine magische Darstellung. Das grüne Glimmen verdichtete sich und wurde zu frischem, dampfendem Blut. Tommys Hände waren darin gebadet, und es tropfte auf den Fußboden.
    Während Holly den Vogel mit gebanntem Grausen anstarrte, öffnete er den Schnabel, und eine körperlose Stimme hallte durch den Raum:
    »Ihr Cahors-Huren, bis Mittsommer werdet ihr tot sein.«
    Mit einem letzten Schaudern erlahmte der Vogel. Seine Augen starrten blicklos auf den Zirkel herab.
    Es herrschte Schweigen.
    Dann sagte Amanda: »Er ist zurück. Michael Deveraux ist wieder da.«
    Holly schloss die Augen, von Grauen und nackter Angst gepackt.
    Es geht los, dachte sie. Er hat die Fronten abgesteckt und den Krieg erklärt. Was haben wir ihm entgegenzusetzen?
    Und vor allem - wie können wir hoffen, ihn zu besiegen?
    Nicole: Köln, Deutschland, im September
    Nicole warf einen angstvollen Blick über die Schulter, während sie den Korridor des Bahnhofs entlangrannte. Ein Zug rumpelte davon, und ihre Schritte hallten wie Stakkato-Klänge zum Bass der Abfahrt. Die rosigen und goldenen Strahlen des Sonnenaufgangs verjagten die Schatten, und sie war unglaublich dankbar dafür - die Nacht hatte schon viel zu lange geherrscht, und sie war erschöpft.
    Ich hätte in Seattle bleiben sollen, dachte sie. Ich habe geglaubt, ich wäre sicherer, wenn ich davonlaufe... Es gibt doch so ein altes Sprichwort über das Teilen und Herrschen ... aber ich weiß nicht mehr genau, wie es geht ...
    Seit sie vor drei Monaten in London gewesen war, folgte ihr etwas. Es war keine Person, nicht im herkömmlichen Sinne; es war etwas, das an den Wänden von Gebäuden entlanggleiten und auf spitzen Giebeln hocken konnte - etwas, das ihr mit dem Rauschen von Schwingen und einem einsamen Ruf auf den Fersen blieb. Sie hatte es
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