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Hexentochter

Hexentochter

Titel: Hexentochter
Autoren: Nancy Holder , Debbie Viguié
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noch nicht sehen können, doch in ihrer Vorstellung war es ein Bussard, und damit Michael Deveraux' Augen und Ohren, und sie jagten sie wie die kleine Maus, die sie war.
    Sie war nicht sicher, ob das Ding sie tatsächlich genau lokalisiert hatte. Vielleicht streifte es blind in ihrer Nähe umher und lauerte darauf, dass sie Magie gebrauchte und sich damit zu erkennen gab. Dieser Gedanke machte ihr Hoffnung, dass sie vielleicht lange genug überleben würde, um auf eine Idee zu kommen, was sie tun sollte. Ich habe solche Angst davor, Kontakt zu Holly und Amanda aufzunehmen ... Was, wenn ich mich damit an dieses Ding verrate, was auch immer es sein mag?
    Sie war auf dem Weg zu geheiligtem Boden. Sie hatte sich quer durch Europa gearbeitet, von London über Frankreich nach Deutschland, indem sie wie ein Frosch von einer Kirche zum nächsten Friedhof, von einer Kapelle zur nächsten Kathedrale gehüpft war. Sie wusste nicht, ob ihr Instinkt, Zuflucht in Moscheen, Synagogen und Kirchen zu suchen, richtig war. Sie wusste nur, dass sie sich besser fühlte, wenn sie von Mauern umgeben war, die Menschen in festem Glauben errichtet hatten - als könnte deren Glaube sie vor dem Bösen schützen.
    Sie hörte auf diesen Instinkt und den Drang, in Bewegung zu bleiben. Der Schatten verfolgte sie, und sie hatte das Gefühl, wenn sie nur immer in Bewegung blieb, würde er vielleicht nie auf sie herabstürzen - und sie davontragen, wie dieser riesige Bussard Eli davongetragen hatte.
    Ist er tot?
    Was ist mit Holly und Amanda? Ich habe sie im Stich gelassen. Ich schäme mich so dafür. Ich hatte solche Angst...
    Sie war die Nacht über mit dem Zug gefahren. Ihr Ziel an diesem frühen Morgen war der berühmte Kölner Dom, eine mittelalterliche Kathedrale, die Reliquien der Heiligen Drei Könige beherbergen sollte. Sie hatte in einem Kunstführer etwas darüber gelesen - sie hatte mehr Reiseführer über religiöse Gebäude in Europa gekauft und auswendig gelernt, als in eine ganze Reisebuchhandlung passen würden. Sie war schon mit sehr vielen Zügen gefahren. Sie hatte haufenweise Geld ausgegeben.
    Das Problem ist, dass ich fast kein Geld mehr habe... Was soll ich tun, wenn ich nicht mehr flüchten kann?
    Am Kopf der Treppe blieb sie stehen. Gut dreißig Meter entfernt ragte am Rand eines Platzes das hohe gotische Bauwerk wie ein Monolith vor ihr auf. Die Turmspitzen reckten sich gen Himmel, und die Rosetten und Statuen am Eingang waren dunkelgrau und einladend.
    Graue Magie, das ist die Magie der Cathers, dachte sie. Unsere Vorfahren, die Cahors, waren keine besonders guten Menschen. Sie waren nur... weniger böse als die Deveraux.
    Wir sind wirklich nicht unbedingt »die Guten«.
    Dennoch scheint der Himmel uns gern Zuflucht zu gewähren.
    Nicole holte tief Luft, rannte über den offenen Platz und stieß das Portal des Doms auf.
    Drinnen war es kühl. Mehrere Männer in braunen Kutten mit schwarzen Gürteln standen mit dem Rücken zu ihr und sangen auf Lateinisch. Ein Priester hob fragend den Blick. Sie wusste, dass er eine junge Frau in Jeans und Folklore-Bluse mit einem großen Rucksack sah. Sie hatte das lange, dunkle Haar hochgesteckt und trug kein Make-up. Ihr Gesicht war von der Sonne verbrannt, und sie hatte dunkle Ringe unter den Augen.
    In den vergangenen drei Monaten hatte Nicole genau zweimal eine ganze Nacht durchgeschlafen.
    Ich bin so müde, und ich habe Angst.
    Der Priester sah sie finster an und wedelte ihr mit dem Zeigefinger vor dem Gesicht herum. »Hier darf man nicht schlafen, verstehen Sie?«, fragte er sie streng auf Deutsch.
    »Ja«, antwortete sie atemlos. Tränen traten ihr in die Augen, und die Miene des Mannes wurde sofort weicher.
    Er ging ein paar Schritte weiter und wies auf die Kirchenbänke. Niemand sonst war hier, außer den Mönchen, die zur Morgenmesse sangen.
    Nicole neigte den Kopf und sagte: »Danke schön.« Das war eine der nützlichen Wendungen, die sie aus einem Reiseführer gelernt hatte.
    Sie glitt auf die nächste Bank, lehnte sich zurück und starrte zur himmelhohen Gewölbedecke empor. Während sie die Atmosphäre der Kathedrale auf sich wirken ließ, stellte sie sich vor, wie die Sonne die Dunkelheit über den Türmen durchbrach.
    Und dann flatterte vor ihrem inneren Auge ein Schatten zwischen ihr und der Sonne hindurch.
    Sie schnappte laut nach Luft. Der flinke Schatten war die Silhouette eines Vogels. Und sie saß in dieser Falle wie eine hilflose Maus.
    Dann verkündeten die
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