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Hexenseelen - Roman

Hexenseelen - Roman

Titel: Hexenseelen - Roman
Autoren: Olga Krouk
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Sicherheit bringen, doch sie konnte es nicht. Linneas Duft brachte jede Gegenwehr zum Erliegen und erlaubte ihr nicht, sich dem Befehl zu widersetzen. Ein anderer Teil ihres Bewusstseins indes drängte sie, der Schlangenfrau zu folgen. Dort, wohin die anderen die Königin begleiteten, befand sich Finn. Der junge Mann, der vielleicht etwas Licht in die Sache bringen konnte und ihr erklären würde, wie sie in den Käfig gelangt war und warum sie sich ausgerechnet an ihn erinnerte, wenn alles andere im Dunkeln versank. Vor allem aber würde sie sich dann endlich über ihre Gefühle für ihn klarwerden.
    Sie musste hin!
    Und war es nicht die Pflicht eines jeden - Metamorphen? -, der Königin zu folgen und sie in jeder Lage zu beschützen? Die höchste, allerhöchste Pflicht? Ja.

    Diesmal gelang es Ylva, die Starre abzuschütteln, die sie an Ort und Stelle fesselte. Es fühlte sich an, als würde sie ein Schlupfloch in einem körperengen Gefängnis finden und sich da herauswinden, unter Linneas Einfluss stehen und ihr doch nicht gehorchen.
    Sie schlich in den Flur und rüttelte an der Eingangstür. Verschlossen, wie erwartet. So kehrte sie ins Schlafzimmer zurück, öffnete das Fenster und beugte sich über den Sims. Die Wohnung befand sich im Erdgeschoss, was nicht die geringste Herausforderung darstellte. Ja, beinahe enttäuschte es sie.
    Die Ratte kletterte auf ihre Schulter, als Ylva in die Freiheit stieg. Die feuchte Herbstnacht umfing sie. Über ihrem Kopf zogen Wolkenfetzen vorüber. Die kühle Luft füllte wohltuend ihre Lunge. Es kam ihr vor, als wäre sie nach einer langen Krankheit in einem miefigen Zimmer aufgewacht und jetzt zum ersten Mal auf die Straße getreten. Alles wirkte so vertraut und gleichzeitig so neu! Das Rauschen der Autoreifen, der Wind auf ihrem Gesicht, die Gerüche der Millionenstadt. Sie schloss die Augen, um die Eindrücke bis zum letzten Detail in sich aufzunehmen. Sie war so lange … aus dieser Welt fort gewesen. So lange, dass sie vergessen hatte, wie die Nachtluft schmeckte, wie der Herbst roch, wie …
    »Fräulein, ist Ihnen nicht kalt?«
    Ylva riss die Augen auf und fuhr herum. Ein alter Mann mit einem Pudel stand unter einer Straßenlaterne. Womöglich einer, der von Schlaflosigkeit geplagt wurde, denn was sonst sollte er hier zu dieser späten Stunde
machen? Während der Herr besorgt Ylvas Fellhausschuhe betrachtete, nutzte der Hund die Gelegenheit, um ein Häufchen auf den Bürgersteig zu pressen.
    »Mir geht es gut. Danke.«
    Sie dankte ihm aufrichtig und von ganzem Herzen. Fast wäre sie doch tatsächlich in ihren Träumereien versunken, fast hatte sie vergessen, warum sie überhaupt auf die Straße geklettert war. Sie wollte doch Linnea folgen!
    »Ganz sicher? Soll ich vielleicht jemanden anrufen, der Sie abholt?« Schon begann der Herr, in seiner Manteltasche zu kramen.
    »Nein, nein. Ich komme zurecht. Keine Sorge.« Ylva lief die Straße entlang. Sobald sie den alten Mann einige Meter hinter sich gelassen hatte, verlangsamte sie ihre Schritte und schnupperte. Ihre Nase begann zu zucken. Was sollte sie bloß tun, wenn sie keine Spur und damit auch Linnea nicht fände? Sie reckte die Nase und streckte den Rücken.
    Endlich witterte sie die Fährte! Die anderen waren inzwischen weit gekommen, aber sie konnte sie trotzdem noch riechen.
    »Fräulein, ist alles …« Der Herr mit dem Hund hatte sie eingeholt. Ylva lief davon, ohne ihn anzuschauen oder irgendeine Erklärung abzugeben. Dafür fehlte ihr die Zeit. Abgesehen davon, hatte sie eh keine Erklärungen parat.
    Dicht an die Häuser gedrängt, folgte sie ihrer Nase. Jedes Mal, wenn sie die Straßenseite wechseln musste, sah sie sich um und huschte so schnell wie möglich über
die Fahrbahn. Freie Plätze machten sie nervös. Deshalb achtete sie darauf, dass eine ihrer Seiten immer durch eine Hauswand geschützt war.
    Die Ratte hüpfte neben ihr. Zusammen jagten sie durch die Stadt. Nach und nach veränderte sich die Gegend - weniger Autos und Mehrfamilienhäuser, der Geruch eines Flusses in der Nähe -, und Ylva witterte, wie nah sie den anderen gekommen war. Sie musste das Ziel bald erreicht haben.
    An den Büschen entlang schlich sie um ein Grundstück und spähte durch die Zweige. Alles still. Hier und da trug der Wind ihr Spuren anderer Menschen zu, die sehr stark nach Tieren rochen und gleichzeitig eine ganz besondere Duftnote verströmten. Vermutlich Metamorphe, die sich ringsherum postiert hatten.
    Von allen
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