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Hexennacht

Hexennacht

Titel: Hexennacht
Autoren: Michael Siefener
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tragen Sie eigentlich immer diese klobigen
Wanderstiefel?«
    Sie stand da, die Hände in den Taschen der Jacke, und sah mit
ihrer spitzen Nase, den dunklen Augen und den Silbersträhnen
sehr schön aus. »Damit ich meine Bocksfüße
verbergen kann«, sagte sie mit einem schelmischen Lächeln,
das Arved ansteckte. Dann machte sie einen Schritt auf ihn zu,
küsste ihn auf die Wange und meinte: »Ich komme morgen
früh zurück, Arved. Dann packen wir zusammen aus, ja? Und
als Dank will ich dann dein Brandzeichen sehen.«
    Arved konnte nur nicken. Als er sie endlich umarmen wollte, war
sie bereits an der Tür, zog sie auf und huschte in den wilden,
großen Garten. Sie drehte sich kürz um, winkte ihm zu und
ging zu ihrem kleinen Renault Twingo.
    Als sie abfuhr, standen plötzlich Lilith und Salomé
neben Arved und hoben gleichzeitig die Köpfe. Dann gingen sie
ganz langsam in den Garten hinaus, als trauten sie der neuen Freiheit
noch nicht. Sie schauten Arved an, als erwarteten sie, dass er ihnen
befahl, wieder ins Haus zu kommen, doch das tat er nicht.
    Schritt für Schritt eroberten sie sich ihre neue Welt. Er
sollte sie erst wiedersehen, als die Hexennacht begann.
    Nachdem Liobas Renault um die Ecke gebogen war, ging Arved
zurück in sein neues Haus. Er ging auf Wolken.
    * * *
    Am Abend kamen sie tatsächlich. Zuerst schossen die Katzen
verschreckt in die Wohnung hinein. Dann lärmte der ungebetene
Besuch. Es waren fünf. Sie trugen schreckliche Masken. Arved war
zunächst entsetzt, doch als die piepsigen Stimmen von Sechs-
oder Siebenjährigen »Süßes oder Saures«
forderten, schmolz seine Angst. Er gab ihnen reichlich. Dann zogen
sie weiter, um in dieser zweiten Hexennacht des Jahres noch eine
reiche Beute einzufahren.
    Eine der Gestalten schaute sich noch einmal um. Arved fragte sich
verwundert, ob sie soeben auch vor seiner Tür gestanden hatte.
Sie war klein und trug einen langen, schwarzen Umhang mit einer
Kapuze, die so groß war, dass sie den Kopf unsichtbar
machte.
    Die Gestalt stieß ein meckerndes Lachen aus, drehte sich
wieder um und huschte hinter den anderen her.
    Arved zählte die kleinen Schemen. Nun waren es sechs. Das war
kein Kinderlachen gewesen. Er kannte diese Stimme. Diese weibliche
Stimme, die so alt wie die Welt und brüchig wie uraltes Papier
klang. Mit zitternden Beinen ging er zurück ins Haus und legte
die Kette vor.
    Als ob das etwas nützen würde.
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