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Hexenkuss

Hexenkuss

Titel: Hexenkuss
Autoren: Debbie Viguié , Nancy Holder
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Geschwindigkeit dagegen geschleudert wurden, wäre das so, als würde man nach einem Sturz aus einem hohen Fenster auf der Straße zerschmettert.
    Ihre Lunge war zu voll. Nach einiger Zeit, die Holly nicht mehr ermessen konnte, drohte sie zu platzen. Holly wusste nur noch, dass sie ausatmen und wieder Sauerstoff einatmen musste. Sie fummelte an dem Gurt herum, konnte sich aber immer noch nicht befreien. Mit schmerzender Brust schlug sie nach dem Wasser an Schoß und Schultern, wo die Gurte saßen, und versuchte mit aller Kraft, sich zusammenzureißen.
    Ich werde sterben. Ich werde sterben.
    Die Fähigkeit, klar zu denken, ging verloren. Holly hörte ganz zu denken auf, der Instinkt übernahm die Kontrolle, und sie zerrte schwach an den Gurten, obwohl sie sich gar nicht mehr erinnern konnte, warum. Sie vergaß, dass sie mit den drei Menschen, die sie auf der Welt am meisten liebte, in einem Schlauchboot gesessen hatte. Sie vergaß, dass sie ein Teenager namens Holly war und dass sie Haare und Augen und Hände und Füße hatte.
    Sie war nur noch Grau, innen wie außen. Die Welt hatte die Farbe von blassem Nebel, genauso wie ihre inneren Bilder, Gedanken und Emotionen. Taub und leer trieb sie in einem bodenlosen Brunnen aus Nichts, ihr Herz erlahmte, sie hörte auf zu sein. Sie konnte nicht behaupten, dass es angenehm war. Sie konnte nicht behaupten, dass es überhaupt etwas war.
    Obwohl sie es nicht mehr richtig mitbekam, atmete sie schließlich aus. Gierig sog sie das brackige Flusswasser ein. Es füllte ihre Lunge, und ihre Augen verdrehten sich, als der Todeskampf begann.
    Ihr Körper wand sich, zappelte wie ein Fisch am Haken und versuchte zu husten, die erstickende Flüssigkeit loszuwerden. Es nützte nichts; Holly war so gut wie tot. Ihre Augenlider schlossen sich flatternd.
    Und dann, durch die geschlossenen Lider, sah sie ein zauberhaftes Blau. Es war die Farbe von Neontetras, auch wenn sie kein Wort dafür hatte, und schimmerte wie ein zarter Nachhall im Wasser. Sie griff weder danach, noch schrak sie davor zurück, denn ihr Verstand registrierte die Farbe gar nicht. Ihr Gehirn registrierte überhaupt nichts mehr. Ohne Sauerstoff war es schon beinahe tot.
    Das Schimmern glitzerte und wurde dichter. Es formte sich zu einer Gestalt, und wenn irgendein Teil von Hollys Gehirn so etwas noch hätte erfassen können, dann hätte es ihr das Bild einer Frau vermittelt - einer Frau in einem langärmligen Kleid aus grauer Wolle mit goldenen Säumen, zum Staunen schön, mit schwarzen Locken, die im Wasser trieben. Ihre Augen wie aus Kastanien und Ebenholz hatten einen mitfühlenden Ausdruck, als sie die Hand nach Holly ausstreckte.
    Lauft. Flieht, so schnell Ihr könnt, haltet nicht inne, um etwas mitzunehmen. Alors, es wird ihr Ende sein, wenn Ihr jetzt nicht geht. Maintenant, à ce moment-là. Vite, je vous en prie...
    Albtraum, dachte Holly. Letztes Jahr - Albtraum ...
    Die Gestalt hob die rechte Hand. Sie steckte in einem Lederhandschuh, und darauf saß ein großer grauer Vogel. Die Gestalt warf den Vogel ins Wasser, und er bewegte die Flügel im reißenden Wasser und kam auf Holly zu.
    »Wir sind keine Hexen!«, schrie ihr Vater in ihrer Erinnerung.
    Und ihre Mutter: »Ich weiß doch, was ich gesehen habe! Ich weiß, was ich in Hollys Zimmer gesehen habe!«
    Geht, bring sie fort von hier. Sie werden sie finden und töten... je vous en prie ...je vous en prie, Daniel de Cahors …
    »Je vous en prie«, flüsterte der Mann mit dem Geweih auf dem Kopf herzzerreißend.
    Es war Vollmond, Gerstenmond, die Zeit der Ernte, und der Wald war warm und einladend wie eine Frau. Der Mann war an einen Baum in einem Kastanienhain gefesselt, und sein eigenes Blut lief ihm über die Brust.
    Der Kreis war geschlossen, die Talgkerzen standen bereit.
    »Er tut mir so leid, Maman«, flüsterte Isabeau ihrer Mutter zu. Die Schlossherrin war in rabenschwarze Seide gehüllt, mit Silber und Scharlachrot durchwirkt, genau wie die anderen im Zirkel - dreizehn waren es in dieser Nacht, darunter Robert, der neue Gemahl ihrer kürzlich verwitweten Mutter, und das Opfer, der zitternde Mann mit dem Schädel des toten Hirsches auf dem Kopf, der wusste, dass er bald sterben würde.
    Das wunderschöne Hexentier des Zirkels, das Falkenweibchen Pandion, ließ ihre Glöckchen klimpern und beobachtete das Schauspiel von ihrem Gestell aus, das aus Knochen der Erzfeinde der Familie Cahors geschnitzt worden war... Gebeinen der Deveraux. Pandion erwartete
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