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Hexenkuss

Hexenkuss

Titel: Hexenkuss
Autoren: Debbie Viguié , Nancy Holder
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Schreckliches, sehr Hungriges schlich auf sie zu. Es entrollte sich langsam wie die Finger einer Nebelhand, die sich tastend nach ihr reckten, über Stock und Stein krochen, ihr Handgelenk fanden und sich darum schlossen.
    Jemand - oder etwas - flüsterte leise, tief und verführerisch: »Ihr seid mein, Isabeau Cahors, bei Nacht und Erntemond. Ihr gehört mir.«
    Und aus der Dunkelheit oberhalb des Kreises stieß ein gewaltiger Bussard mit blitzenden Krallen direkt auf Pandion herab...
    »Nein!«, schrie Holly in die Dunkelheit hinaus.
    Vogelflügel flatterten, dann war es still.
    Holly zitterte vor Kälte. Und sie lebte.
    Grelles, gelbes Licht fiel ihr direkt ins Gesicht. Holly wimmerte, und das Licht bewegte sich, hüpfte auf und ab und senkte sich dann auf den Boden zu, als die Gestalt die es hielt, in die Hocke ging und sie betrachtete.
    Die Gestalt war eine stämmige Frau, gekleidet wie ein Nationalpark-Ranger. »Schon gut, Kleine, jetzt sind wir da.« Über die Schulter brüllte sie: »Ich habe eine Überlebende gefunden!«
    Heiserer Jubel war zu hören, und Holly brach in Tränen der Angst und Verzweiflung aus.
    Seattle, Washington. Lammas
    Kari Hardwicke hatte sich in ein schlichtes, cremeweißes Gewand aus leichter Gaze gehüllt, das vollkommen durchsichtig war und überall schön eng saß. In ihr kurzes blondes Haar waren ein paar Wildblumen gesteckt, und sie hatte Bronzepuder auf Wangen und Schultern gestäubt. Sie war barfuß und hatte sich an allen strategisch wichtigen Stellen mit Patchouli-Öl betupft.
    Hexer liebten Patchouli.
    Jetzt schmiegte sie sich um Jer Deveraux, der stumm vor ihrem Kamin brütete. Er war mit dem Sturm bei ihr hereingeplatzt, wild und zornig, wollte ihr aber nicht sagen, was passiert war. Er hatte das Glas Cab angenommen, das sie ihm gebracht hatte, und sich ihren Ledersessel vor den Kamin gezerrt. Er nippte und wurde still, doch der Blick aus seinen dunklen Augen hätte die Scheite im Kamin entzünden können.
    Die Hölle selbst kann nicht wüten wie Jeraud Deveraux, wenn er schlechte Laune hat.
    So wollte sie ihn umso mehr. Jer hatte irgendetwas an sich, das sie nicht erklären konnte. Es war nicht nur seine gebieterische Ausstrahlung, als könnte er einen dazu bringen, ihm jeden Wunsch zu erfüllen, indem er nur eine Augenbraue hochzog. Es lag auch nicht an seinem scharfen Verstand oder seinem Schwung, der Anziehung, die er auf fast jeden ausübte, der ihn kannte, oder an der Art, wie er alle Menschen, Männer wie Frauen, so faszinierte, dass sie oft über ihn sprachen, sobald er einen Raum verlassen hatte.
    Es war all das in Verbindung mit seinem umwerfend guten Aussehen. Seine tiefliegenden Augen waren so schwarzbraun wie die Augenbrauen. Seine Züge waren scharf gemeißelt, und die hohlen Wangen unter den hohen Wangenknochen wirkten in der sanften Beleuchtung weicher. Im Gegensatz zu seinem Vater und seinem Bruder war er glatt rasiert. Er hatte eine scharf gezeichnete, kantige Kinnpartie, und seine Lippen sahen so weich aus. Er trieb Sport, und das sah man seinen breiten Schultern auch an, die momentan in einem schwarzen Pulli steckten. Wie der Rest seiner Familie trug er fast immer Schwarz, was noch zu der Aura von Gefahr und Sinnlichkeit beitrug.
    Aber es ist noch mehr als das, überlegte Kari nun. Es ist... wie sagt man gleich?
    Magische Anziehungskraft.
    Heftiger Regen prasselte ans Mansardenfenster ihrer flippigen Studentenwohnung. Das Unwetter passte zu seiner Laune, aber sie war entschlossen, ihn daraus aufzurütteln. Es war Lammas, die Erntenacht der Hexen, und sie wusste, dass er bald wieder gehen würde, um mit seinem Bruder Eli und seinem Vater Michael irgendein Ritual zu vollziehen. Sie »praktizierten«, wie er es gern ausdrückte ... und sie wollte, dass er sie heute Nacht mitnahm. Sie wollte wissen, was sie da im Geheimen taten. Ihre Rituale, ihre Zaubersprüche... alles.
    Die Deveraux-Männer sind Hexer, dachte sie.
    Doch wenn sie das Wort vor Jer gebrauchte, stritt er es ab.
    Zu Anfang ihrer Beziehung - heute vor einem Jahr, wie schnell es doch verflogen war! - war er begeistert davon gewesen, sie mit einzubeziehen. Damals war sie seine Tutorin gewesen und er ein Studienanfänger. Nachdem sie zum ersten Mal miteinander geschlafen hatten, hatte er gesagt, er werde seine »Mysterien« mit ihr teilen. Er hatte Andeutungen über ein uraltes Grimoire seiner Familie gemacht.
    Sie war begeistert. Sie promovierte in Volkskunde und hatte sich für dieses Fach
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