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Hexenkind

Hexenkind

Titel: Hexenkind
Autoren: Sabine Thiesler
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Commissario?«
    »Enzo Mini. Der zweite Ehemann von Romanos Mutter.«
    »Ziehen Sie ihn nur als Täter in Betracht, oder wissen Sie es?«
    »Ich weiß es, und ich bin davon überzeugt, weil er ein Geständnis abgelegt hat.«
    »Ein Geständnis kann man widerrufen.«
    »Er wird es weder widerrufen noch vor Gericht wiederholen, weil er den Verstand verloren hat und in einer geschlossenen Anstalt untergebracht worden ist, die er mit großer Wahrscheinlichkeit nie wieder verlassen wird.«
    Dass Enzo nur von Schafen gesprochen hatte, denen er die Kehlen durchgeschnitten und sie hinterher in den Ofen geschoben hatte, verschwieg Neri.

    »Er hat dieses Geständnis nur Ihnen gegenüber abgelegt?«
    »Nur mir gegenüber. Ja.«
    »Es gibt keine Zeugen?«
    »Nein, es gibt keine Zeugen. Aber der Benzinkanister, der am Tatort gefunden wurde, stammt zweifelsfrei aus Enzo Minis Besitz, und die Reifenspuren direkt unterhalb des Hauses gehören zu seinem Jeep. Er hat nach der Brandstiftung vor dem Haus gewendet.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Er hat zugegeben, die beiden geschlachtet und anschließend gebraten zu haben, womit er das Anzünden des Hauses meinte.«
    »Könnte er auch etwas anderes gemeint haben?«
    »Nein. Das war eindeutig.«
    »Welches Motiv hatte Enzo Mini?«
    »Enzo Mini hatte Wahnvorstellungen. Seit geraumer Zeit. Seine erste Frau war vor fünfunddreißig Jahren in diesem Haus auf brutale Weise ums Leben gekommen. Sie hatte versehentlich Schädlingsbekämpfungsmittel getrunken.«
    Ein Raunen ging durch den Saal, und Neri nickte zur Bestätigung mit ernster Miene. »Seitdem ging Enzo davon aus, dass das Haus verflucht sei. Warum er letztendlich seiner Schwiegertochter und seiner Enkelin die Kehle durchgeschnitten hat, werden wir wohl nie erfahren. Auf jeden Fall dürfte er danach das Haus in Brand gesteckt haben, um diesem Fluch für alle Zeit ein Ende zu machen.«
    »Das hört sich für mich alles sehr unbewiesen und konstruiert an«, sagte eine blonde Frau aus der letzten Reihe.
    Neri zuckte zusammen und überhörte die Bemerkung. Er zog das Mikrophon näher zu sich heran und blickte mit
dem Anflug eines Lächelns in die Runde: »Meine Damen und Herren, die Polizei hat in diesem schwierigen Fall außergewöhnlich erfolgreiche und professionelle Arbeit geleistet. Es war für alle Kollegen eine harte Zeit. Jetzt ist der Fall gelöst, was uns alle beruhigt und erleichtert. Es wird keine weiteren Morde geben. Wenn Sie keine Fragen mehr haben, bedanke ich mich hiermit für Ihre Aufmerksamkeit.«
     
    Auch Gabriella gegenüber erwähnte Neri weder die Schafe noch Umbrien oder ähnliche Dinge, die Enzo gesagt hatte, sondern meinte, dass er ihn in endlosen, trickreichen, aber letztendlich doch äußerst klugen und raffinierten Verhören vollkommen in die Enge getrieben hatte. Schließlich hätte sich Enzo in Widersprüche verwickelt und gestanden.
    »Ich bewundere dich, tesoro«, meinte Gabriella, »das hast du phantastisch gemacht. Sie müssen dich einfach befördern, und ich wüsste nicht, was dagegensprechen sollte, dass wir nach Rom zurückkehren und du wieder deine alte Stelle bekommst. Oder eine bessere. Wer weiß.«
    »Ich wüsste auch nicht, was dagegenspräche«, flüsterte er und hoffte inständig, dass seine Vorgesetzten das genauso sehen würden wie seine Frau.
    In dieser Nacht schliefen Neri und Gabriella wieder miteinander. Nach quälenden acht Monaten zum ersten Mal.

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    »Ich nehm dir nichts weg, du brauchst nicht so zu schlingen.« Edi löffelte seine gesunde Suppe in einem Tempo, dass Romano schon allein vom Zusehen übel wurde. Dabei schmatzte Edi genüsslich, wischte sich mit dem Ärmel übers Gesicht und stopfte den dicken Brei weiter in sich hinein.
    »Was hältst du davon, wenn wir heute mal ans Meer fahren? Hast du Lust?«
    Edi schüttelte den Kopf, und dabei schlackerten seine entspannten Wangen derart heftig, dass wie bei einem sabbernden Bernhardiner kleine Breibröckchen durch die Küche flogen.
    »Dann fahr ich ohne dich. Ich will mir ein bisschen Wind um die Nase wehen lassen.«
    »Edi allein – das ist fein.«
    »Oma ist ja hier. Sie kocht dir Mittagessen, und abends bin ich wieder zurück.«
    »Edi allein – das wird fein«, sang Edi vergnügt, und Romano schmierte sich leichten Herzens zwei Panini, die er mitnehmen wollte, falls er Hunger bekommen sollte. Um diese Jahreszeit waren fast alle Imbissbuden und Restaurants am Strand geschlossen, aber dafür schoben sich auch keine
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