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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold
Autoren: Heidi Rehn
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war zurück. Im Weitergehen bissen sie abwechselnd von dem Kringel ab, bis sich ihre Lippen bei der letzten Krume zum innigen Kuss fanden.
    Trotz dieser Neckerei entging Magdalena nicht, dass ihr rotblonder Liebster mit der stattlichen Figur und der prächtigen Kleidung Aufsehen erregte. Selbst biedere Bürgersfrauen drehten sich nach ihm um und steckten anschließend tuschelnd die Köpfe zusammen. Wahrscheinlich wunderten sie sich, dass ein so beeindruckender Mann mit einer zierlichen, rothaarigen Frau wie ihr vorliebnahm. Sie lächelte, wusste sie doch, dass auch sie mit ihrem auffälligen Haar, den leuchtend grünen Augen, der makellosen Haut und dem sicheren Auftreten bei nicht wenigen Männern Gefallen fand. Stolz streckte sie die kleine Brust heraus. Ihr dunkelblaues Taftkleid, über dem sie ein fliederfarbenes Tuch mit feiner Spitze trug, raschelte bei jedem Schritt. Eric tat, als merkte er nichts von der Aufmerksamkeit, die ihnen zuteilwurde. Hin und wieder grüßte er einen Bekannten, blieb allerdings selbst auf nachdrückliche Einladung bei niemandem längere Zeit stehen. Ihr war das nur recht, schenkte ihnen das ausreichend Muße, die mannigfaltigen Eindrücke gemeinsam zu genießen. »Wir müssen daran denken, Carlotta etwas Besonderes mitzubringen«, sagte sie, als sie bei einem Händler einen Ballen edelsten Kamelhaarstoffs entdeckte. Versonnen befühlte sie das weiche Material. »Daraus könnte Berta uns allen dreien ansehnliche Wintermäntel nähen.«
    »Lass uns das in den nächsten Tagen entscheiden.« Plötzlich wirkte Eric unruhig und zog sie weiter. Erstaunt beobachtete sie, wie er mehrmals über die Schulter zurückschaute. »Was hast du?«, fragte sie und versuchte, seinen Blicken zu folgen.
    »Nichts«, beeilte er sich zu versichern und legte ihr den Arm um die Schultern. Flüchtig hauchte er ihr einen Kuss aufs Haar und zeigte nach vorn. »Schau, das dort hinten interessiert dich bestimmt.«
    Mit großen Schritten eilte er in die Richtung einer engen Gasse. Die Sonne reichte nicht weit in die Häuserschlucht hinein. Magdalena brauchte eine Weile, bis sie in der Dämmerung Genaueres erkennen konnte. Unzählige kleine Läden reihten sich aneinander. Mehrere Büttel zogen ihre Bahnen und warfen drohende Blicke, von denen sich die Schaulustigen jedoch nicht einschüchtern ließen. Sie schlenderten neugierig umher, blieben mal hier, mal dort stehen und bestaunten die Auslagen. Endlich begriff Magdalena, was hier gehandelt wurde: In den Läden präsentierten die Händler ein reiches Angebot an Juwelen, Silber und Gold, selbst Bernstein gab es in allen erdenklichen Größen und Güteklassen, mit und ohne Einschlüsse von Insekten, poliert oder noch im Rohzustand. Unwillkürlich fasste sie sich an die Brust, spürte die beruhigende Erhebung, die ihr eigener Bernstein unter dem Mieder warf. Ein Stein dieser seltenen Beschaffenheit würde ein Vermögen erzielen. Für sie aber war der honiggelbe Talisman mit dem sechsbeinigen Insekt unbezahlbar. Eric hatte ihn ihr einst als Pfand ihrer Liebe geschenkt. Wurden sie getrennt, führte er sie immer wieder zusammen. Wie verlässlich seine Kraft war, hatte er in der Vergangenheit mehr als ein Mal bewiesen. An die Gasse mit den Schmuck- und Bernsteinhändlern schlossen sich breitere Straßen an, in denen vor allem Leder, Stoffe und Pelze angeboten wurden.
    Obwohl sie nun schon lange auf den Beinen waren, wurde Magdalena nicht müde, sich alles anzusehen. Am meisten reizten sie die Bücher, die an den Straßenecken angepriesen wurden. »Dafür ist Frankfurt hinlänglich bekannt«, belächelte Eric ihre Entzückensrufe. Kein einziges Mal jedoch blieb er stehen, wenn sie in den Stapeln wühlen wollte. »Die kannst du dir alle später noch anschauen, wenn du allein unterwegs bist.«
    »Was hast du vor?«
    »Nichts Besonderes«, wiegelte er ab und erklärte nach einigem Zögern, als wäre es ihm gerade erst eingefallen: »Komm, ich zeige dir das Haus, in dem der Kaiser bei seinen Besuchen in Frankfurt residiert.«
    »Ist der hohe Herr da? Dann wird es Zeit, dass wir ihm unsere Aufwartung machen.« Liebevoll puffte sie Eric in die Seite. Er aber drängte bereits weiter. Sie kamen nicht weit, weil der Trubel auf dem Römerberg und der Neuen Kräme ein rasches Vorankommen verhinderte. Bald schien es unmöglich, auch nur in die Nähe des Liebfrauenbergs mit dem Haus Braunfels zu gelangen. Mehr und mehr kamen Magdalena und Eric von dem direkten Weg ab, bis sie sich
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