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Hexenfluch: Roman (German Edition)

Hexenfluch: Roman (German Edition)

Titel: Hexenfluch: Roman (German Edition)
Autoren: Lynn Raven
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direkt neben ihr. Sie wollte ›Nein‹ sagen. Stattdessen nickte sie. Es würde nicht besser werden, wenn sie noch Stunden auf das Blatt starrte. Was da stand, klang so einfach … ›so sollst du die Bande trennen, die die Seelen an den/die Lebenden fesseln‹. Aber es würde es nicht sein. Nicht nach dem, was sie gespürt hatte, als sie Christian vorhin in der Hotelsuite diesen Sekundenbruchteil berührt hatte. Sie drehte sich zu ihm um. Mit dem Ellbogen auf die Krücke gestützt, hielt er ihr eine kleine Schale entgegen. J. J.s Ritualdolch lag darin. Mit dem Griff zu ihr. Vorsichtig nahm Ella ihm beides ab. Seine Haut war grau.
    Wortlos drehte Christian den Arm, streckte ihn ihr hin, die Unterseite nach oben. »Ein Schnitt in die Handfläche gibt nicht genug her.« Seine Worte schnürten ihr die Kehle zusammen. Trotzdem zog sie die Klinge über seinen Unterarm und hielt die Schale darunter, beobachtete, wie sein Blut hineinlief.
    Zwei Mal setzte sie dazu an, ihm zu sagen, dass es genug war. Jedes Mal schüttelte er den Kopf. Erst beim dritten Mal nickte er – und ließ es wieder nicht zu, dass sie ihn berührte, um wenigstens den Schnitt zu schließen. Stattdessen zerrte er ein Taschentuch hervor und presste es darauf.
    Ella biss die Zähne zusammen und schwieg, während sie die Dolchspitze in ihre Fingerkuppe drückte. Zwei, drei Tropfen hatte er gesagt. Sie ließ sie zu seinem Blut in die Schale fallen. Presste dann den Daumen auf den Schnitt, damit es schneller aufhörte zu bluten. Sie würde ihn berühren müssen. Das Ritual verlangte, dass sie ihr Blut auf den Bannfluch strich. Den gesamten Bannfluch.
    Ella legte die Finger fester um die Schale. »Ich fürchte, du wirst dich ausziehen müssen. Ganz.«
    Ein bitter-zynisches Lächeln zuckte um seinen Mund. »Ist ja nicht so, dass es das erste Mal vor Zuschauern wäre.«
    Seine Worte zogen etwas in ihrem Inneren zusammen. Taten weh. »Hör auf damit.«
    Er sagte nichts. Begann einfach nur, das Hemd aufzuknöpfen. Umständlich mit einer Hand. Streifte es ab, während er gleichzeitig die Schuhe von den Füßen trat. Schälte sich mühsam aus den Jeans, den Socken. Stützte sich dabei schwer auf seine Krücken. Wo die Kälte auf nackte Haut traf, bekam er sofort eine Gänsehaut. Nacheinander zog er die Mullpflaster ab, unter denen sich die Schnitte verbargen, die dieses blonde Miststück ihm zugefügt hatte. Und über denen die Linien des Bannfluchs vollkommen unversehrt waren. Genau wie über der OP-Narbe unter seinem Brustbein. Mac und die anderen rührten sich nicht. Zuletzt die Shorts. Um den Bannfluch war die Haut feuerrot und geschwollen. Sein ganzer Körper glänzte vor Schweiß. Auch wenn er es versucht hätte, hätte er das Zittern nicht mehr verbergen können. Sie wusste nicht, ob vor Fieber oder vor Schmerz. Die Tabletten und der Whisky mussten ihre Wirkung schon vor einer ganzen Weile endgültig verloren haben.
    »Ja, ja, ich weiß, ich bin zu … Heiliger Himalaja.« Yazmin stoppte mitten auf der Treppe. Mit einem bewundernden Pfiff ließ sie den Blick an Christian auf und ab wandern. Schlagartig stand er stocksteif. »Erst dieser knuddelige Wolf da oben und jetzt das. Warum sagt ihr mir nicht, dass ihr hier Orgien feiert …«
    Ella sah den Moment, in dem etwas in ihm umschlug, die Sekunde, in der seine Augen seltsam … glasig wurden, ein träges, gefährliches Lächeln auf seinen Lippen erschien …
    Er drehte sich um. »Willst du an dieser Orgie teilnehmen, Liebling?«
    Seine Stimme jagte Ella einen Schauer den Rücken hinunter.
    J. J. schnappte nach Luft, während David gleichzeitig einen Schritt vorwärtsmachte. Ebenso wie Markus und Mac.
    Yazmins Plappern endete abrupt. »Scheiße, Havebeeg.« Sie stolperte zurück.
    Ohne nachzudenken, trat Ella um Christian herum, stellte sich zwischen ihn und Yazmin. Und war sich nicht sicher, was sie eigentlich damit bezweckte: Ihn vor ihren Blicken zu verbergen oder sie vor ihm zu beschützen. »Lass ihn in Ruhe.« Erst jetzt merkte sie, dass sie das Heft von J. J.s Dolch so fest umklammerte, dass ihre Finger schmerzten. Sie musste sich zwingen, ihren Griff zu lockern.
    »Wenn du das sagst …« Yazmins Lachen klang gezwungen. »Warum kriegen eigentlich immer die anderen Mädels die heißen Typen. – Kann ich dann wenigstens den Wolf oben …?« Ein scharfer Laut von Mac. Abwehrend hob sie die Hände. »Schon gut, schon gut.« Schmollend zog sie das schreiend bunte Batiktuch fester um ihre
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