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Heute schon geträumt

Heute schon geträumt

Titel: Heute schon geträumt
Autoren: Alexandra Potter
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Unter seinen dunklen Bartstoppeln ist eine Narbe zu erahnen, die sich von der Nase bis zur Lippe zieht und mich ein wenig an Joaquin Phoenix erinnert.
    »Hmm, nein, ich fürchte, Fisch kann ich nicht essen.« Ich schüttle den Kopf.
    »Oh, stimmt ja, ich habe nicht mitbekommen, dass Sie Vegetarierin sind.« Er nickt. Es scheint ihm leicht peinlich zu sein, dass er mich überhaupt angesprochen hat.
    Jetzt habe ich ein schlechtes Gewissen. Schließlich wollte er nur nett sein.
    »Das bin ich auch, aber Fisch esse ich trotzdem«, gebe ich zu. »Das Problem ist, dass ich erst kürzlich welchen gegessen habe, und zweimal direkt nacheinander geht nicht«, erkläre ich lächelnd. »Zu viel Quecksilber.«
    Wir sehen beide auf seinen Teller. Der halb aufgegessene Lachs sieht uns an.Verlegene Stille.
    »Tja, ich schätze, in diesem Fall bleibt immer noch Makkaroni mit Käse«, meint er dann mit einem Blick auf die Tafel.
    Ich zucke die Achseln und ziehe die Nase kraus. »Milchprodukte.«
    »Schlimm?« Er sieht verwirrt drein.
    »Ich sollte sie nicht zu mir nehmen.«
    Er mustert mich argwöhnisch. »Klar …«, sagt er langsam, und mir fällt auf, dass seine Mundwinkel leicht zucken.
    Es tut mir leid, dass ich seine Vorschläge allesamt verwerfe. Aber Moment mal - findet er meine Nahrungsmittelunverträglichkeiten  etwa lustig? Lacht er mich aus? Ich spüre, wie mich Empörung beschleicht.
    »Das hat mir eine Ernährungsberaterin gesagt«, protestiere ich trotzig und rufe mir das Gespräch mit Dr. Bruce ins Gedächtnis, Melodys Ernährungsexpertin, die ich im Zuge einer PR-Kampagne für eines ihrer Bücher kennen gelernt habe. Ich hatte mich über meine ständige Müdigkeit beklagt, worauf sie eine ellenlange Liste mit Lebensmitteln herausgezogen hatte, die ich meiden sollte.
    In diesem Moment fällt mir auf, dass ich immer noch müde bin, obwohl ich in den letzten sechs Monaten nichts davon gegessen habe.
    »Ich soll auch nichts essen, was Weizen oder raffinierten Zucker enthält«, fahre ich fort. »Wegen meiner Intoleranz.«
    »Was Sie nicht sagen.« Er schnalzt mitfühlend mit der Zunge, aber seine Augen verraten ihn. Ja, er lacht mich eindeutig aus.
    Verärgert wende ich mich wieder Miles zu. »Was nimmst du, Schatz?«, frage ich spitz und kehre dem Mann an der Bar den Rücken zu. Also ehrlich, schließlich habe ich ihn nicht aufgefordert, ein Gespräch mit mir anzufangen. Er hat mich doch angesprochen!
    »Tja, ich glaube, ich nehme das grüne Thai-Gemüse-Curry«, sagt er.
    »Oooh, ja, das klingt lecker«, stimme ich eine Spur lauter als unbedingt notwendig zu. »Das nehme ich auch.«
    So, das wird dir eine Lehre sein, denke ich. Mit einem Anflug von Befriedigung, mich für etwas völlig anderes als seine Vorschläge entschieden zu haben, versuche ich, die Aufmerksamkeit des Kellners auf uns zu ziehen, damit wir bestellen können.
    »Gott, hier ist wirklich was los, nicht?«, maule ich und winke vergeblich einem Barkeeper zu, der gerade ein Bier  zapft, während Miles neben mir sitzt und geduldig wartet. »So dauert es ja eine Ewigkeit, bis wir bedient werden.«
    »Tja, was für ein Glück, dass ich gerade meine Pause beendet habe«, sagt eine mittlerweile vertraute Stimme. Ich drehe mich um und sehe, wie der Mann von seinem Hocker gleitet, den leeren Teller nimmt und die Klappe zur Theke öffnet. Erst jetzt fällt mir auf, dass er eine Schürze umhat. »Bitte«, sagt er und zückt Block und Stift.
    Oh Gott. Eine Mischung aus Bestürzung und Erleichterung erfasst mich. Er arbeitet hier.
    »Also, ich hätte gern das Thai-Curry«, sagt Miles freundlich.
    »Alles klar.« Lächelnd beginnt er zu kritzeln. »Und für Sie?« Er sieht mich an, und ich könnte schwören, dass da immer noch dieses amüsierte Funkeln in seinen Augen ist.
    »Ich nehme dasselbe. Bitte«, erkläre ich trotzig.
    »Sicher?« Er legt den Kopf schief, den Stift gezückt, mit einem leisen Zwinkern.
    »Definitiv«, sage ich fest.
    »Okay.« Er zieht scharf den Atem ein und schreibt. Mit einem Anflug von Verärgerung sehe ich ihm zu, aber als er sich abwendet und hinter die Registrierkasse tritt, kommt mir ein Gedanke. »Moment mal, sind da Nüsse drin?«
    Er hält inne, den Zeigefinger über der Summe-Taste. »Sind Sie auch auf Nüsse allergisch?«
    Meine leise Verärgerung steigert sich. Jetzt geht er mir so richtig auf die Nerven.
    »Ja, sehr sogar«, schnaube ich. »Ich könnte einen anaphylaktischen Schock erleiden.«
    »Sie muss sogar einen EpiPen
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