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Heute schon geträumt

Heute schon geträumt

Titel: Heute schon geträumt
Autoren: Alexandra Potter
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erinnere mich, dass er dabei diesen bedeutungsvollen Ausdruck in den Augen hatte und meine Hand genommen hat, was ziemlich untypisch für Miles ist, weil er nicht gern Händchen hält. »Öffentliche Zurschaustellung von Zärtlichkeit«, wie er es nennt, macht ihn immer sehr verlegen.
    »Ich habe den Deal mit Aquarius unter Dach und Fach. Nächsten Monat fangen sie mit dem Bau an.«
    »Toll!«
    »Und es sieht so aus, als könnte ich Investoren für mein anderes Projekt finden, deshalb werde ich morgen wohl für ein paar Tage hochfliegen.«
    »Welches Projekt?«
    »Das in Leeds?« Er hebt eine Braue, als müsste ich mich doch erinnern.
    »Oh, die Geschichte mit diesem alten Lagerhaus, das in Luxuswohnungen umgebaut wird?«
    »Nein, das war Manchester«, korrigiert er leicht stirnrunzelnd. »Aber ich will dich nicht langweilen, Liebling.« Lächelnd streicht er mit dem Finger behutsam über meine Hand. »Reden wir von etwas anderem.«
    »Nein, bitte erzähl weiter«, ermutige ich ihn. »Es ist faszinierend.«
    Na gut, faszinierend ist vielleicht leicht übertrieben, aber es ist schließlich wichtig, Interesse an der Karriere des anderen zu zeigen. Darum geht es doch in einer liebevollen, reifen Beziehung - zumindest steht das in diesem Buch, das ich kürzlich gelesen habe. Nur wer zuhört, kann auch lieben. Ich lese jede Menge dieser Bücher. Früher hießen sie immer Ratgeber, aber das klingt so Neunziger-mäßig. Inzwischen bezeichnet man so etwas als Bücher zur persönlichen Weiterentwicklung. In diesem Fall müsste meine Entwicklung im Höchststadium sein, wenn man die Stapel bei mir im Regal bedenkt. Und ich kaufe immer noch mehr.
    »Später vielleicht.« Er nippt an seinem Glas und greift nach der Zeitung.Trotzdem weiß ich, dass er sich über meine Bitte freut. Hochzufrieden mit mir nehme ich den anderen Zeitungsteil. Ehrlich, es ist so ein gutes Gefühl, in einer soliden, reifen Beziehung zu leben. Zwei beruflich engagierte Menschen trinken eine Flasche Wein zusammen, teilen sich ein Schälchen Oliven und lesen die verschiedenen Teile der Zeitung.
    Mit einem Gefühl der Befriedigung blättere ich in der Zeitung. Früher war ich in puncto Männer eine echte Versagerin. Ich fühlte mich ständig zu den verkehrten Typen hingezogen und brachte den größten Teil meiner Zeit damit zu, von einer Enttäuschung zur nächsten zu taumeln. Aber als ich 30 wurde, habe ich beschlossen, dass ab jetzt alles anders werden sollte. Keine Typen ohne ernste Absichten mehr. Keine, von denen man schon im Voraus weiß, dass  sie Knallköpfe sind. Keine katastrophalen Flirts und stürmischen Affären mehr.
    Sechs Monate später lernte ich Miles kennen.Wir wurden einander bei einer Dinnerparty vorgestellt, und als er seine Krawatte lockerte und »Hallo« sagte, wusste ich, dass ich nie wieder gezwungen wäre, mir »Smells like Teen Spirit« von Nirvana auf der Fender-Gitarre anzuhören und über Bindungsprobleme oder Untreue zu diskutieren. Miles war ein Mann, dem man vertrauen konnte. Er war erwachsen, hatte eine eindrucksvolle Karriere vorzuweisen, besaß eine Eigentumswohnung in Hampstead Heath und kein einziges T-Shirt mit einem Totenkopf und gekreuzten Knochen vorne drauf. Ich sehe ihn an. Er trägt den hübschen Kaschmirpulli, den ich ihm zum letzten Geburtstag geschenkt habe. Gott, er sieht so toll darin aus.
    Miles trinkt einen Schluck und erwischt mich, wie ich ihn anstarre. Er ist ein Mann, mit dem ich viele Gemeinsamkeiten habe und eine anständige, zivilisierte Unterhaltung führen kann.
    »Und?«, fragt er und legt seinen Zeitungsteil weg.
    »Und?«, wiederhole ich und lege meinen Zeitungsteil weg.
    Das Problem ist, dass ich für den Bruchteil einer Sekunde nicht weiß, was ich sagen soll. Mein Kopf ist wie leer gefegt. Seltsam. Muss am Schlafmangel liegen. Ich bin völlig übermüdet.
    »Ich überlege, ob ich in eine andere vermietbare Immobilie im Ausland investieren soll«, sagt er beiläufig.
    Immobilien. Klar. Darüber reden wir gerade.Wie konnte ich das vergessen?
    »Oh, wo denn?«, frage ich interessiert nach.
    »Ich bin noch nicht ganz sicher«, gibt er zu, »aber ich habe an Dubai gedacht.«
    »Wow.Toll!«
    Wenn ich ganz ehrlich sein soll, finde ich dieses Gerede über Sicherheit und Investitionen ja ein klein bisschen langweilig und laufe Gefahr, mich geistig auszublenden, aber nun, da ich älter werde, muss ich über solche Dinge nachdenken. Immobilieneigentum ist die Altersvorsorge, sagt Miles
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