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Herzüberkopf (German Edition)

Herzüberkopf (German Edition)

Titel: Herzüberkopf (German Edition)
Autoren: Ludwig Kupka
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Louis zurückkam. Er verschluckte seine Gedanken und öffnete die Balkontür. Draußen herrschte das Konzert der Zikaden in vollem Ausmaß, doch es störte in diesem Moment nicht. Lea kam dazu und setzte sich auf Louis‘ Schoß – sie stießen mit den gefüllten Rotweingläsern an und tranken auf sich selbst und ihre Zeit auf Korfu. Schweigend lauschten sie danach der Stille; besser gesagt, den Zikaden. Während der Rotwein Louis müde werden ließ, begann Lea über ganz banale Dinge zu lachen. Sie neckte Louis und wurde mehr und mehr lebhaft. Das gefiel Louis und er amüsierte sich mit ihr mit – bald kicherten sie über jede Kleinigkeit und brachten keinen klaren Satz mehr zustande, ohne fünf- bis sechsmal Anlauf zu nehmen. Erst als ein Hotelgast des Hotels, eine Etage unter ihnen, in seltsamem Schlafgewand auf seinem Balkon erschien und irgendetwas in fremder Sprache sagte, das sich nach einer Beschwerde anhörte, schwiegen Louis und Lea so gut es ging und zogen sich mit Tränen in den Augen, vom Lachen, in das Zimmer zurück.
     
    Als Lea und Louis am anderen Morgen den Frühstücksraum des Hotels betraten, saß der fremde Gast, der sich in der Nacht über deren Gekicher aufgeregt hatte, an einem Tisch und las eine Zeitung. Er hatte eine solche seltsame Art an sich und seinem Aussehen, sodass Lea, als sie Louis auf ihn aufmerksam machte, gluckste und beinahe laut herausgelacht hätte. Der Mann hatte eine schwarz geränderte, scheinbar uralte Brille auf, die zudem noch schräg im Gesicht wie ein Zaun thronte, der ein Häuschen umgab. Unter seiner Nase hing, wie vergessen, ein Schnurrbart, der die Schieflage der Brille optisch noch unterstützte. Seine Haartracht trug er, mit viel Brillantine, streng nach hinten gekämmt, wobei sich durch seine abrupten Bewegungen, welche er mit dem Kopf machte, wenn er den Blick auf einen anderen Gegenstand seiner Neugier warf, eine Strähne gelöst hatte, welche wie bei manchen Tieren, baumelnd über einem Auge, hin und her schwang. Louis verkniff sich einen Kommentar, der ihm auf der Zunge schwebte, weil er wusste, dass Lea und er selbst sich nicht mehr beherrschen gekonnt hätten und es zur Blamage gekommen wäre. Für ein paar Minuten durften sie sich nicht einmal ansehen, weil die Gedankensprache für beide offensichtlich war. Solch eine Situation, die jeder Mensch wohl kennt, spitzt sich gerade dann immer zu, wenn es überhaupt nicht angebracht ist, die aufkeimende Stimmung zu zeigen; sondern im Gegenteil, verbergen zu müssen. Diese Situationen kennt man aus der Kindheit und wer auch nur einen kleinen Rest jener Jugendzeit in sich verwahrt hat, erlebt jene hin und wieder ein Leben lang in allen verschiedensten und manchmal in den unmöglichsten Konstellationen. Anschließend verbrachten sie den Vormittag in ihrem Zimmer, bei geöffneter Balkontür und genossen den leichten Wind, der hinein kam. Sie beschlossen, irgendwo etwas zu Mittag zu essen und darauf ein zweites Mal zu der schönen Bucht, in der Nähe, zum Baden zu fahren, welche zum Club Med gehörte. Dort war es beim letzten Mal sehr schön gewesen und den letzten Tag vor der Heimreise, wollten sie noch einmal ungestört am Meer verbringen. Sie aßen in einem kleinen griechischen Restaurant, das auf dem Weg zum Badeplatz lag und fanden danach auch die Stelle wieder, an der sie leicht auf das Club-Gelände gelangen konnten. Sogar die Stelle unter dem Baum war frei, an der sie das letzte Mal gelagert hatten. Auch diesmal breiteten sie die Decke im Schatten des Baumes aus. Aus dem nahegelegenen Hotel des Clubs drangen Bouzouki-Klänge zu ihnen. Eine Live-Veranstaltung schien im Gange zu sein.
    „Wir können ja später mal hingehen“, meinte Lea, lehnte sich dabei aber träge zurück und legte den Kopf auf Louis‘ Bauch.
    „Ja, warum nicht – mal sehen, wie sie dort machen“, antwortete Louis und lehnte sich etwas zurück und betrachtete Lea, wie sie langsam einschlief. Danach schloss er seine Augen ebenfalls und fühlte ihren Hals und ihre Haare nur noch über seine Finger, die er zärtlich auf ihrer Haut hin und her gleiten ließ.
     
    Die Stunden vergingen viel zu schnell und mit jeder, die dazu kam, wuchsen allmählich die Gedanken der Abreise, die noch völlig ungeklärt als großes Fragezeichen am Himmel geschrieben stand. Weder Lea noch Louis schnitt das Thema an, doch es lag so nah in der Luft, sodass bei jedem Satz, der gesprochen wurde, das Gefühl entstand, dass es indirekt einen Bezug auf diese
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