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Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)

Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)

Titel: Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)
Autoren: Ruth Saberton
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Kunstwelt, dass Greers übelkeiterregende Darstellungen von Jewells Möpsen fantastische Kunstwerke und enorm wertvoll seien. Gustav selbst förderte seine Berühmtheit, indem er passenderweise an Dämpfen erstickte, während er versuchte seinen eigenen Körper zu malen. Und Jewell befand sich schlagartig im Besitz einer sehenswerten Sammlung moderner Kunst, die sie umgehend bei einem Freund gegen dessen Haus in Hampstead eintauschte. Dort lebt sie seither, hegt ihren Kräutergarten und wird immer exzentrischer.
    Die Zeiten, die ich bei Jewell verbracht habe, gehören zu meinen schönsten Kindheitserinnerungen, und ich war immer völlig verzweifelt, wenn meine Eltern mich wieder abholten. Es war so wunderbar normal, dort zur Schule zu gehen und Jewell farbtropfende DIN-A3-Blätter zu zeigen, die sie dann in der Küche aufhängte, anstatt von dem jeweils weniger zugekifften Elternteil in den Himmel gehoben zu werden. Es war nett, bei Mädchen namens Camilla und Emily zum Tee eingeladen zu sein, ohne mich besorgt fragen zu müssen, ob ich sie nun zum Ausgleich in die chaotische Unterkunft meiner Eltern einladen müsse. Wie hätte das denn ausgesehen? Die anderen Kinder wohnten alle in adretten Doppelhaushälften mit Farbfernseher und Teppichböden. Wir dagegen lebten in einer verlotterten umgebauten Scheune, in der es von Hunden und Katzen wimmelte. Einen Fernseher gab es nicht, und auch Teppichböden waren meinen Eltern fremd. Bei Freundinnen zu Hause gab es Fischstäbchen und Pommes; bei mir musste man sich überraschen lassen, was meine Mutter gerade auf dem unberechenbaren Herd zusammenbraute. Und wie hätte ich den anderen Kindern erklären sollen, dass meine Eltern Hippies waren und immer noch wie in den Siebzigern lebten? Zu Hause verzichtete ich deshalb lieber ganz auf Freunde, aber wenn ich bei Jewell war, fing ich ein neues Leben an und genoss es, einfach nur ein Schulmädchen zu sein und nicht Katy Carter von dieser sonderbaren Familie in der Tillers’ Barn.
    James St. Ellis wohnte neben Jewell, und ich fand sein Leben wunderbar. Wenn er von der Schule nach Hause kam, machte er eine Stunde Hausaufgaben, gefolgt von einer Stunde Musik, und tauchte danach in Jewells Garten auf. Den Sommer verbrachten wir damit, auf Bäume zu klettern und uns Hütten zu bauen – zumindest das bisschen Sommer, das ihm blieb, bevor seine Eltern ihn nach Südfrankreich schleiften oder in die Sommerschule schickten. Wir dachten uns Geschichten aus, aßen als Mutprobe Insekten und rannten einmal sogar weg – bis zum Ende der Straße. James kreuzte für sein Leben gern in Jewells Küche auf, wo wir dann an dem alten Holztisch Würstchen und Pommes futterten und, wenn das Glück uns hold war, ein Eis am Stiel aus dem Gefrierschrank. Aber meine Schwester Holly und ich wurden nie zu James eingeladen, und wenn seine Mutter uns dabei erwischte, dass wir in ihrem Garten spielten, scheuchte sie uns mit angewidert gerümpfter Nase davon. James war das einerlei. Er hätte sowieso lieber bei Jewell gewohnt und hatte einen ganzen Sommer lang Splitter in den Händen, weil er ein Loch in den Holzzaun gebohrt hatte, damit er zu uns in den Garten schleichen konnte.
    Aber irgendwann in den Weihnachtsferien wollte James nicht mehr rüberkommen. Er war seit dem Herbst auf einem Eliteinternat und hatte jetzt spannendere Freunde als uns. Unsere Hütten verfielen, der Gärtner seiner Eltern reparierte das Loch im Zaun, und es schien, als hätte es James nie gegeben. Manchmal sahen wir ihn, wie er aus dem Auto seiner Eltern stieg oder mit einem Freund auf der Terrasse saß. Er war größer, wirkte distanziert und ließ sich nicht mehr dazu herab, mit uns zu sprechen. Was auch nicht viel machte, denn meine Eltern beschlossen zu dieser Zeit umzuziehen, und wir hatten wahrlich andere Probleme als James. Holly und ich wurden nach Totnes verschleppt und in den folgenden Jahren zwischen Devon und London hin- und hergeschickt wie zwei mürrische Pakete. James’ Eltern trennten sich, das Haus wurde verkauft, und unser Kinderfreund geriet in Vergessenheit. Holly vergrub sich in ihren Schulbüchern, und ich entdeckte Groschenromane für mich. Jedes einzelne abgegriffene Exemplar las ich immer wieder, bis meine Welt bevölkert war von geheimnisumwitterten Scheichs, stattlichen schweigsamen Moguln und Millionären mit kantigem Kinn. Und eines Tages wurde mir klar, dass ich meinen eigenen romantischen Helden finden musste, der von meiner (rothaarigen) Schönheit
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