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Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)

Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)

Titel: Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)
Autoren: Ruth Saberton
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verschwunden, und ich werde ihn vielleicht niemals wiedersehen. Allein der Gedanke schneidet mir ins Herz.
    Frankie tätschelt mir tröstend die Schulter. Während Richard meine Patentante mit feierlicher Stimme als bedeutende Persönlichkeit preist, schreit Jo-Jo an erstaunlich passender Stelle »alles Scheiße!«. Und ich kann immer nur daran denken, wie sehr ich Jewell vermissen werde.
    Richard salbadert weiter, und ich blicke zu einem der wunderschönen Buntglasfenster auf. Es ist wirklich seltsam, aber just in dem Moment, in dem ich fürchte, die Fassung zu verlieren, bricht ein Sonnenstrahl durch die Düsternis und wärmt meine Wangen. Regenbogenbunte Muster flirren über die ausgetretenen Steinplatten, und Stäubchen tanzen durch die Luft. Die Farben tauchen den Sarg in ein rosiges Licht.
    Wenn man von Ollie absieht, könnte man fast meinen, Jewell wolle mir damit bedeuten, dass ich mir keine Sorgen machen solle.
    Aber das ist wirklich schwer, wenn der Mann, den man liebt, meilenweit entfernt ist und fälschlicherweise glaubt, man habe einen reichen eitlen Schauspieler ihm vorgezogen. Ich würde alles dafür geben, jetzt mit Ollie in seinem Wohnmobil zu liegen, seinen Atem an meiner Wange zu fühlen und seine kräftigen schlanken Hände auf meiner Haut zu spüren. Wir würden uns auf dem kleinen Herd Suppe wärmen, den Wellen lauschen und uns unter den Sternen lieben …
    Ich schüttle mich im Geiste kräftig durch – oder vielleicht doch nicht so sehr im Geiste, denn einige Gäste blicken mich beunruhigt an. Was bin ich doch für ein oberflächlicher Mensch, dass ich zu so einem Zeitpunkt mit meinem Liebesleben beschäftigt bin. Aber die letzte liebe Geste von Jewell für mich bestand darin, Ollie und mir ein bisschen Zeit für uns zu verschaffen. Sie wusste es. Ich bin mir ganz sicher.
    Sie wusste, dass ich ohne Ollie einfach nicht leben kann.
    »Kommst du?«, fragt Mads nach der Trauerfeier und weist mit dem Kopf Richtung Pub. »Wird bestimmt ein nettes Fest.«
    Da Jewell den Inhalt ihres gut bestückten Weinkellers den Bürgern von Tregowan vermacht hat, kann man davon ausgehen.
    »Lass mir noch einen Moment Zeit. Ich muss mich erst ein bisschen sammeln.«
    Mads umarmt mich. »Geht in Ordnung, Süße. Wir warten auf dich.«
    Ich stecke die Hände in die Taschen meines dicken Mantels und schlendere am Hafen entlang, vorbei an den Fischkästen, Richtung Meer. Die Luft riecht nach Salz, und ich suche mir einen Weg zwischen den Seilrollen und Tauen auf dem Kai über einen Betonarm, der sich ins Meer erstreckt. Von der Mermaid weht Stimmengewirr herüber, als die Feier in Schwung kommt. Guy, der es sich in der Fensternische bequem gemacht hat, winkt mir zu, schreit etwas und deutet zum Strand.
    »Ich komme gleich!«, rufe ich, beachte das wilde Winken nicht weiter und wende mich ab. Ich brauche noch ein bisschen Ruhe, muss zu mir kommen, bevor ich in den Pub gehe und mir die Geschichten über Jewell und die Spekulationen über ihr Testament anhöre.
    Ich will gar nicht wissen, was sie mir hinterlassen hat, weil mir dann bewusst wird, dass sie wirklich tot ist. Wenn ich mir anhören muss, wie die Leute ihre Habe unter sich aufteilen wie Aasfresser, die einen Kadaver zerlegen, kann ich mir nicht mehr einbilden, dass sie mal eben zum Shoppen nach St. Tropez oder New York gefahren ist. So hold, wie mir das Glück immer ist, habe ich vermutlich die Python geerbt. Manche Leute werden vom Schicksal angelächelt oder abgeknutscht, aber mir dreht es derzeit ständig eine lange Nase.
    Der für Cornwall typische Nieselregen hat eingesetzt, ein sanfter Regen, in dem man schneller klatschnass wird als in einem Wolkenbruch. Meine Haare kräuseln sich, Tröpfchen lassen sich auf meiner dicken Jacke nieder, und der Geruch von feuchter Wolle liegt in der Luft.
    Ich kraxle über ein paar Netztonnen und hangle mich auf die breite Kaimauer. Dort oben spaziere ich entlang, halte das Gesicht in den Regen und fühle mich wie Meryl Streep in Die Geliebte des französischen Leutnants . Unter mir rumsen vertäute Fischkutter an die Mauer, und über mir schweben Möwen, die immer wieder herabschießen wie gefiederte Jagdbomber. An dem schmalen Strand tobt vergnügt ein Irish Setter herum, ein lebhaftes Bild an diesem grauen Nachmittag. Der Hund bellt, und sein Herrchen, das eine Kapuze trägt, wirft einen Stock für ihn. Wenn ich die Augen zusammenkneife, könnte ich mir einbilden, ich sähe Ollie und Sasha.
    Wenn es nur so wäre. Beim
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