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Herzraub

Herzraub

Titel: Herzraub
Autoren: Monika Buttler
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›Rosenkavaliere‹ auf ihrer Treppe zusammengestoßen waren …
    Eigentlich hatte sie das Kapitel Männer ja abgehakt. Spätestens nach der Lügerei des Letzten, der sich als Junggeselle ausgegeben hatte und wo dann plötzlich die Ehefrau im Anrollen war. Vom Fenster aus hatte er ihr Auto gesehen und sie, Laura, hatte in der Besenkammer verschwinden müssen. Eine üble Schmierenkomödie. Jetzt konnte sie darüber lachen. War sie wirklich frei für etwas Neues? Noch immer tauchte in ihren Träumen ihr Ex-Mann auf. Laura Flemming schüttelte ihr Haar. Träume sind Schäume. Sie freute sich auf heute Abend. Werner Danzik hatte sie zum ersten Mal zu sich nach Hause eingeladen. Und wenn heute was passierte? Hatte es eigentlich eine Bedeutung, wo ›es‹ zuerst passierte, in ihrer oder seiner Wohnung? Nein, es war egal.
    Laura Flemming stand auf und ging ins Schlafzimmer zu ihrem Kleiderschrank. Was sollte sie nehmen? Worauf hatte sie Lust? Oder ›Er‹? Das Herzklopfen war unerträglich.
     
    Werner Danzik stand in seiner Altbau-Küche am Herd. Er hatte sich eine große blaue Schürze umgebunden und kostete von der Tomaten-Knoblauch-Sauce, in der die Garnelen vor sich hinschmurgelten. Hmm – nicht schlecht. Es schmeckte so gut, wie es bereits in der Küche duftete. Aber wie das in alle Poren drang! Wahrscheinlich war es falsch gewesen, dass er sein Schönheitsprogramm bereits absolviert hatte: duschen, Zweitrasur, ›Azzaro‹ in Höchstmenge, Zähne putzen, Mundwasser. Und, und, und. Bis zum kleinen Zeh, bis in jede nur vorstellbare Körperöffnung hinein, hatte er sich gereinigt und gesalbt. Wenn die Garnelen und der Radicchio-Orangen-Salat fertig waren, würde er eben noch mal Toilette machen. Die Caramel-Creme stand zum Glück schon fertig im Kühlschrank.
    Du meine Güte, jetzt hatte er die Sauce auf dem Herd verspritzt. Was war das für eine blöde Aufregung. Dabei war er doch Profi. Hobbykoch-Profi. War er auch als Liebhaber Profi? Lang, lang war’s her, seit er – und das war ja nur eine Einsamkeitsnummer gewesen. Nicht mehr dran denken. Das würde ihm den Appetit auf Laura verderben. Jetzt dachte er doch tatsächlich an sie wie an etwas Kulinarisches. Als sei sie eine Speise. Aber warum nicht? Sie war doch wirklich eine Köstlichkeit: ihre tiefblauen Augen, ihre langen schlanken Beine, die ihn bald umschlingen würden … Eine Frau ›vernaschen› und sich ›vernaschen‹ lassen, eigentlich doch ein hübscher Ausdruck …
    Aua! Jetzt war ihm auch noch der Orangensaft in die Augen geraten. Was brachten sie im Radio? Nur öde Zahlen, jetzt noch mehr Arbeitslose. Er stellte wieder ab.
    Endlich fertig. Die Spaghetti würde er aber ganz frisch machen. Erst wenn ›Sie‹ da war. Angetan mit seiner großen blauen Schürze. Frauen liebten das. Es war jedes Mal das gleiche Reaktionsmuster gewesen. „Wie süß!“ oder „Wie niedlich!“, hatten sie gerufen, als sei ein kochender Mann noch immer etwas Exotisches, dem sie zu seinem außerplanmäßigen Emanzipationsverhalten applaudieren mussten.
    Werner Danzik verschwand erneut im Bad. Dann ging er ins Wohnzimmer und blickte noch einmal über den Tisch. Perfekt! Auf bordeauxrotem Tuch weißes Rosenthal-Geschirr, schnörkellose finnische Gläser, vier silberne Kerzenhalter, aufgereiht am Ende des Tisches, bordeauxrote Servietten – aus Stoff natürlich.
    Er setzte sich auf das rote Velourssofa und schenkte sich erneut einen Cognac ein. Zum x-ten Mal blickte er auf seine Armbanduhr. Zwölf Minuten nach sieben. In diesem Moment klingelte es. Danzik fuhr hoch, als starte er zu einem 100-Meter-Lauf. Dann blieb er stehen, atmete tief durch und zupfte seine violett-schwarze Krawatte zurecht. Als sei er die Ruhe selbst, machte er mit liebenswürdigem Lächeln weit die Tür auf.
    Laura Flemming stand leicht japsend vor ihm. Die abgetretenen Stufen zum zweiten Stock hatte sie, da es keinen Fahrstuhl gab, zu Fuß nehmen müssen.
    „Oh“, sagte sie nur und lächelte.
    „Ja, das geht allen so.“ Während ihr Danzik den rosabraunen Kaschmirmantel abnahm, hielt er sie noch ein wenig an den Schultern fest. Sie löste sich nur langsam, genoss sie seine Berührung? Er sog tief ihr Parfum ein, der Duft war frisch, blumig und dennoch betörend voll.
    Danzik führte sie zum Sofa. „Erstmal einen Sherry?“
    „Gern.“
    Sein Blick umfasste sie schnell und präzise. Umwerfend, dachte er, ja, mehr als das, aber ihm fiel kein passender Ausdruck ein. Ein zackig ausgeschnittenes
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