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Herzkurven

Herzkurven

Titel: Herzkurven
Autoren: Michelle Holman
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Anständiges schreiben würde – er litt nicht so sehr an einer Schreibblockade, es war mehr eine Schreibdürre, so lange dauerte sie schon an.
    Er beobachtete eine gestresste junge Mutter, die darum kämpfte, ihr schlechtgelauntes Kind im Spielbereich zu beschäftigen, während sie so tat, als hätte sie Junior nicht angeschrien, wenn hinter ihr nicht ein ganzer Haufen Leute gesessen hätte. Neben Ross strickte eine untersetzte, matronenhafte Frau etwas Pinkfarbenes auf dicken Plastiknadeln. Ihre Finger flogen, und ihr Ellbogen stieß immer wieder an Ross’ Arm, aber sie hatte es aufgegeben, sich zu entschuldigen. Ihre Augen schossen durch den Raum, während fast magisch immer weiter purpurne Wolle aus ihrer Tasche erschien. Es erinnerte Ross an Mary Poppins. Er stellte sich vor, wie sie in ihre Tasche abtauchte und einen Hutständer hervorzog.
    In der Ecke gegenüber dem Spielbereich befand sich ein großes rundes Aquarium, in dem dicke Goldfische ihre Runden zogen, die jene Kinder, die ihre Gesichter gegen das Glas pressten oder dagegenklopften, völlig ignorierten. Ein großer Fernseher war unter der Decke befestigt, die Lautstärke heruntergedreht. Zerfledderte Magazine und alte Zeitungen bedeckten mehrere niedrige Tische und hatten sich auch auf den Teppich darunter ergossen. Ein langes Metallregal mit Informationsbroschüren stand schief im Raum, und kindliches Gekrakel auf diversen Prospekten zeugte von Eltern, die versucht hatten, ihre gelangweilten Kinder zu beschäftigen.
    Vanessa Cooper beobachtete Ross durch das Glasfenster, das den Empfangsschreibtisch umgab. Er bemerkte, dass sie für jeden außer ihm ein Lächeln übrighatte, aber er ignorierte ihre giftigen Blicke, während er im Kopf weiter all seine persönlichen Kümmernisse aufzählte. Er litt unter dem Jetlag; sein Magen war von schlechtem Kaffee übersäuert; seine Füße taten weh; er stank nach Kotze, und sein Hintern war vom Sitzen auf dem harten Stuhl taub. Was zur Hölle hatte sich Danny Lawton gedacht? Und warum war der verdammte Lastwagen überhaupt in der Notaufnahme-Einfahrt geparkt gewesen? Ross hatte gehört, wie der Krankenhausmanager Jeff erklärt hatte, dass eine Nachricht über einen sterbenskranken Patienten auf dem Weg zur Notaufnahme Danny dazu gebracht hatte, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. An ihrer Stelle hätte Ross dasselbe getan, aber dieses Verhalten wirkte für eine Person, der die alleinige Sorge für zwei Kinder oblag, nicht gerade vertrauenerweckend. Er schüttelte den Kopf, weil er immer noch Mühe hatte zu glauben, dass Pat Vater gewesen war. Verantwortung und Patrick – das passte nicht gerade gut zusammen.
    Als der Krankenhausmanager erwähnte, dass Daneka Lawton gerade einen persönlichen Verlust erlitten hatte und in letzter Zeit viel Stress ausgesetzt gewesen war, schickte Jeff Ross einen vielsagenden Blick. Jeff hatte schon immer eine weiche Seite besessen, aber Ross dachte, dass er vielleicht weniger mitfühlend wäre, wenn er gesehen hätte, was Pats Tod seinen Eltern angetan hatte. Als der Manager erklärte, dass Danny die verantwortliche Stationsschwester war, dachte Ross, er würde sich einen Scherz erlauben. Er würde ihr nicht einmal die Verantwortung für einen Limonadenstand übertragen, ganz zu schweigen von einer ausgelasteten Notaufnahme. Als der Manager dann seinen eigenen Arsch zu retten versuchte, indem er alle Verantwortung auf Danny abschob, erklärte Ross ihn innerlich zu einem Penner.
    Jeff erschien plötzlich mit grimmiger Miene im Wartezimmer. Er schnappte sich den leeren Stuhl neben Ross. »Ich habe den Aufseher gefunden und gefeuert. Der Patient, der eingeliefert wurde, liegt in der Kardiologie, und es geht ihm so weit gut.« Jeff hielt inne, schaute zu Vanessa in ihrem Glasgefängnis und lächelte. Sie nickte zurück.
    »Schon etwas gehört?«
    »Nein.«
    »Was macht dein Arm?«
    »Dank der eisigen Kühle, die von Ms. Cooper ausgeht, fühle ich gar nichts. Was ist mit dem Lastwagen?«
    »Können wir abschreiben.« Jeff verzog das Gesicht. »An der Windschutzscheibe klebte Blut. Das war ein ziemlicher Schlag, den sie abbekommen hat.«
    Ross erinnerte sich an das Blut, das über Danny Lawtons Gesicht geflossen war, und daran, wie kalt und klamm ihre Haut sich angefühlt hatte. Erbrechen war nach einer Kopfverletzung auch nicht gerade ein gutes Zeichen. »Was für eine geistig gesunde Person zieht so eine Aktion ab?«, fragte er gereizt.
    »Sie hatte nicht das Gefühl, als
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