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Herzflimmern

Herzflimmern

Titel: Herzflimmern
Autoren: Barbara Wood
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als wir mit unserem Geistlichen darüber sprachen, sagte er uns, daß künstliche Befruchtung von der Kirche als Ehebruch angesehen wird. Was können wir tun? Port Townsend.‹
    Ruth legte das Schreiben weg und starrte finster auf den riesigen Stapel Briefe, der sich auf ihrem Schreibtisch häufte. Sie waren ihr am Morgen von der Zeitung geliefert worden, dabei hatte sie den Stapel vom Vortag noch nicht einmal bearbeitet. Und morgen, wenn das dritte Bündel kam, würde der Haufen immer noch daliegen. Lorna Smith würde kaum erfreut sein.
    Ruth hatte sich bemüht, ihre Kolumnen lebendig zu gestalten, immer Neues und Interessantes zu bringen. Aber jetzt langweilte sie die Arbeit und war ihr nur noch lästig. Am liebsten hätte sie den ganzen Papierhaufen verbrannt.
    Seufzend stand sie auf und ging zum Fenster. September. Bald kam der Herbst. Warum können wir nicht die alte Haut abwerfen und im Frühling neugeboren werden?
    Sie haßte sich. Sie haßte sich seit Tagen, seit Wochen, weil sie ihre Gefühle nicht einfach in eine Flasche stecken und verkorken konnte, weil sie kein Mittel gegen die Bitterkeit fand, die ihr Blut vergiftete.
    {314}
    Vor fünf Jahren hatte es Spaß gemacht, diese Kolumne zu schreiben, selbst vor vier, drei, zwei Jahren noch; ach was, sogar vor einem Jahr noch hatte sie es genossen, ihr medizinisches Wissen an den Mann zu bringen und zu wissen, daß die Leute auf ihren Rat vertrauten. Aber an wen soll Dr. Ruth sich wenden? dachte sie. Wer hat die Patentlösung für sie?
    Ruth sah auf ihre Uhr. Sie mußte sich fertigmachen, um nach Seattle hinüberzufahren. Dr. Cummings, ihre Therapeutin, hatte sie gebeten, ausnahmsweise schon am Nachmittag zu kommen statt wie sonst am Abend, und Ruth hatte sich die Zeit extra freigehalten; es gab Dinge, die absoluten Vorrang hatten.
    Halfen die Sitzungen bei Margaret Cummings ihr eigentlich? Ruth war sich nicht sicher. Sie ging seit sieben Monaten einmal in der Woche zu ihr; da hätte doch eigentlich inzwischen etwas passieren müssen. Ruth wußte, daß sie ohne Therapie nicht leben konnte. Die abendlichen Sitzungen waren ihr rettende Zuflucht. Ruhig, ohne Kritik und ohne Wertung hörte sich Margaret ihre Tiraden an, ganz gleich, was sie sagte, ob sie weinte oder wütete. Vielleicht würde eines Tages der Durchbruch kommen und Ruth würde geheilt sein.
    Ruth wandte sich vom Fenster ab und ging wieder zum Schreibtisch. Dieser gottverdammte Topf.
    Vielleicht wäre der Durchbruch längst gekommen, vielleicht wäre es Ruth gelungen, bis zum Kern ihrer Bitterkeit und Depression durchzustoßen, wenn nicht diese verrückte Geschichte mit Arnie wäre. Erst hatte er Ruths Mutter zum Geburtstag so ein Tongefäß geschenkt. Dann hatte er zum Hochzeitstag seiner Eltern eines nach Tarzana geschickt. Dann bekam Rachel eines zu ihrem vierzehnten Geburtstag. Und zum krönenden Abschluß hatte auch Ruth noch eines zur Verschönerung der Praxis erhalten. Als reichte es nicht, daß sie sich mit diesem immer wiederkehrenden Alptraum herumschlagen mußte, mit der quälenden Schlaflosigkeit, dem unerträglichen Mangel an Selbstkontrolle, mußte sie sich jetzt auch noch um Arnie Gedanken machen. Um Arnie und seine Tontöpfe.
    Ich gehe nicht in diese Galerie. So tief sinke ich nicht.
    Das war Ruths erste Reaktion gewesen – einfach in die Galerie zu gehen. Der Zuwachs an indianischen Tongefäßen im Haus hatte sie neugierig gemacht, aber sie hatte die Sache einer Phase zugeschrieben, die Arnie gerade durchmachte; genau wie die Abendkurse, die er jeden Freitag an der
high-school
besuchte. Wunderbar, wenn ihn das glücklich machte.
    Aber eines Tages war ihre Gesprächsgruppe unvorhergesehen ausgefallen, und sie war früher als sonst nach Hause gefahren. Auf dem Heimweg  {315} – sie nahm einen Schleichweg zur Abkürzung – sah sie vor einem Wohnblock ein Auto stehen, das aussah wie Arnies Kombi. Als sie näherkam, stellte sie fest, daß es tatsächlich Arnies Kombi war. Aber hat denn Arnie heute abend nicht seinen Kurs, dachte sie, vergaß die Sache aber schnell. Erst als sie das Auto ein paar Wochen später wieder dort stehen sah, kam der Verdacht.
    Sie hätte die Tongefäße niemals mit dem Wohnblock in Verbindung gebracht, wenn Arnie nicht die Geschäftskarte in der Brusttasche seines Hemdes vergessen hätte. Ruth hatte sie gefunden, als sie die Wäsche sortiert hatte. ›Angeline. Amerikanische Volkskunst’. Ruth begutachtete die Tongefäße im Haus näher und wünschte
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