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Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Herzen aus Gold: Roman (German Edition)

Titel: Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
Autoren: Fiona McIntosh
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vielleicht wusste sie es selbst nicht. Er verbeugte sich leicht. Iris brachte ihn zur Tür und winkte ihm nach, als er in seinen wartenden Wagen stieg. Nie war er mehr erleichtert gewesen, seinen Chauffeur zu sehen. »Bring mich schnell weg von hier, George«, sagte er nur.
    Als sie eine belebte Kreuzung überquerten, an der sich fünf Straßen sternförmig trafen, und dann an einem großen Niembaum auf der linken Seite vorbeifuhren, sah er Jacks Frau zwischen den Zweigen stehen. Sie hatte einen strahlend elfenbeinfarbenen Sari über ihren dicken Bauch drapiert. Als er sie dort stehen sah, kam ihm ihr Name in seinem perfekten Rhythmus in den Sinn. Kanakammal . Sie fuhr mit dem Finger über die Rinde des Baumes.
    »Halte bitte an«, bat er seinen Chauffeur.
    Henry stieg aus dem Wagen und ging die kleine Anhöhe zu ihr hinauf. »Ich habe alles für Sie erledigen können«, sagte er.
    Sie nickte. »Vielen Dank.«
    »Sind Sie sicher, dass es nichts mehr gibt, was ich Jack ausrichten soll?«
    Sie hielt inne, überlegte. »Bitte sagen Sie meinem Mann, dass mein Sohn und ich jeden Tag für ihn beten werden. Und sagen Sie ihm bitte auch, dass ich ihn in der Nacht, in der er fortging, meinen richtigen Namen sagen hörte … und dass er mir damit eine große Freude bereitet hat.«
    Dann drehte sie sich um und ging mit ihren bloßen Füßen davon, die Straße nach KGF hinunter.
    Henry kam sich plötzlich völlig verloren vor. Er sah zu dem Baum hinüber und bemerkte die Initialen JB , die in die Rinde geschnitzt waren. Es war eine ältere Markierung, vielleicht aus der Zeit, als Jack gerade in KGF angekommen war und beschlossen hatte zu bleiben. Daneben befanden sich weitere Initialen – ES . Henry spürte einen weiteren Stich in seinem Herzen. Jack Bryant und Edward Sinclair.
    Er drehte sich um und sah Kanakammal hinterher. Er hoffte, sie würde stehen bleiben oder sich sogar noch einmal umdrehen und etwas sagen, doch sie blickte nicht mehr zurück.

49
     
    Gloria stand am Fenster und beobachtete Jack, der ihm hinteren Teil des von einer Mauer umgebenen Gartens saß und den Brief las, den sie an diesem Morgen vom Postamt abgeholt hatte. Der Brief war als Sonderzustellung gekommen und deshalb wohl sehr wichtig.
    Obwohl sie das Kuvert gegen die Sonne gehalten hatte, hatte sie nichts zu erkennen vermocht. Die ordentliche Handschrift a uf der Rückseite sagte ihr, dass der Absender ein Mann nam ens Henry Berry war. Der Brief war in Bombay abgestempelt worden. In einer Zeitschrift hatte sie einmal etwas über Bombay gelesen, aber sie verspürte keinerlei Verlangen, irgendwelche exotischen Orte zu besuchen, wo farbige Menschen lebten und wilde Tiere durch die Straßen streiften. Nein, sie blieb lieber hier in Cornwall und suchte sich einen guten Ehemann.
    Gloria warf einen Blick auf die Tür von Mrs. Bryants Ankleidezimmer, wartete darauf, dass ihre Herrin herauskam, dann aber sah sie schnell wieder zum Sohn hinüber. Sie seufzte, als sie sein dichtes dunkles Haar anstarrte. Was würde sie nicht darum geben, mit ihren Fingern durch diese Haare fahren zu dürfen! Sein Gesicht war abgewandt, aber sie kannte es gut genug aus ihren Träumen.
    In seinen gebeugten Schultern war jetzt eine gewisse Anspannung zu erkennen. Sie hatte beobachtet, dass er den Brief mehr als nur einmal gelesen und ihn dann grübelnd angestarrt hatte.
    »Gloria, meine Liebe?« Mrs. Bryants Stimme ließ sie aufschrecken. »Haben Sie meinen Sohn gesehen?«
    »Ja, er sitzt im Garten. Er hat einen Brief aus Indien bekommen.«
    »Oh? Nun, ich hatte schon befürchtet, er habe bereits das Haus verlassen«, sagte Elizabeth und legte eine Perlenkette um.
    »Glauben Sie, dass er zurückgehen wird?«, fragte Gloria, während sie Jack aus dem Augenwinkel heraus weiter beobachtete. Er schien ins Leere zu starren.
    »Nach Indien? Niemals! Nein, ich habe endlich wieder meinen Sohn zurück. Mittlerweile weiß jeder, dass er von jeglicher Schuld am Unglück in der Levant-Mine freigesprochen wurde. Er wird in Cornwall bleiben. In Indien gibt es nichts mehr, was für ihn von Bedeutung wäre.«
    »Möchten Sie, dass ich ihn rufe, Mrs. Bryant?«
    »Vielen Dank, meine Liebe.«
    Gloria konnte gar nicht schnell genug die beiden Treppen zum Garten hinunterlaufen. Als sie durch die Flügeltür auf die kleine Terrasse hinausgerannt war, musste sie sich mit Gewalt bremsen. Sie ging langsamer, strich den Rock glatt und holte tief Luft.
    Dann schlenderte sie den gewundenen Gartenpfad
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