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Herz ueber Bord

Herz ueber Bord

Titel: Herz ueber Bord
Autoren: Gabriele Diechler
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Knetgummi, als hätte ich meine Form noch nicht gefunden.
    Sie lächelte mich flüchtig an, und ich verstand das als Aufforderung, mich vorzustellen.
    Â»Ich bin Katja!«, sagte ich salopp. »Halb Passagier und halb Crewmitglied.« Die vielen Eindrücke – und sicher auch der Drink – trugen dazu bei, dass ich einfach drauflosredete. Wäre doch gelacht, wenn ich hier an Bord nicht jemand Nettes zum Quatschen finden würde.
    Â»Natou«, antwortete das französische Wesen mit dem Seidenhaar knapp. »Ich leite das Fitness an Bord und … ich assistiere Brian .«
    Wie sie den Namen Brian aussprach, ließ mich aufhorchen. Die Tatsache, dass sie ihm half, schien etwas Besonderes zu sein, nach dem ich mich besser nicht erkundigte. Natürlich machte mich das erst recht neugierig. Wer war dieser Brian und was trieb er an Bord? Ehe ich danach fragen konnte, hatte die bildhübsche Natou mir zugenickt und war verschwunden.
    Drei Decks und unzählige Gänge weiter hatte ich mich heillos verlaufen. So sehr ich mich auch bemühte, ich wusste nicht mehr, wo ich war. In meiner Verzweiflung wandte ich mich an jemanden von der Crew, der sich als Staff-Kapitän vorstellte.
    Â»Ich glaub, ich hab mich verirrt.« Ich pustete laut die Luft aus. »So ein Schiff ist wie der Zusammenschluss von mindestens dreißig Riesenkaufhäusern. Da braucht man einen Lageplan, um zurück zur Kabine zu finden.«
    Der Staff-Kapitän lachte. »Verlaufen ist Usus. Da darf man sich nichts draus machen.« Dann begleitete er mich den Rest des Weges zu meiner Kabine.
    Â»Danke!«, sagte ich, als wir angekommen waren.
    Â»Nicht dafür«, antwortete er und verschwand wieder im weitläufigen Bauch des Schiffes.
    Ich zückte meine Crewcard, um die Tür zu meinem Reich zu öffnen, und kaum stand ich im Zimmer, entdeckte ich meine beiden Koffer. Ich machte mich sofort ans Auspacken, und als das erledigt war, begann ich eine Mail an Inka. Ich schrieb ihr, dass ich gut angekommen war, eine nette kleine Kabine ganz allein bewohnte und mich morgen wieder melden würde. Dann unterschrieb ich mit: Deine allerbeste Freundin Katja, die sich sicher ist, dass Sven bald Vergangenheit und ein neuer süßer Typ Gegenwart ist!
    Ich schickte die Mail weg, schnappte mir eine Cola aus der Minibar und ließ mich aufs Bett fallen. Die letzten Monate waren nicht einfach gewesen. Zum ersten Mal, seit Inka und ich uns kannten, hatte es richtig Stress zwischen uns gegeben. Wegen Sven, ihrem neuen Freund. Der sah zwar hammermäßig gut aus und war ein Ass in Leichtathletik, entpuppte sich allerdings als unbarmherziger Kontrollfreak, der Inka dominieren wollte. Bloß sah Inka das aus irgendeinem mir nicht begreiflichen Grund lange anders.
    Seit sie Sven kennengelernt hatte, hatte sie sich verändert. Sie war dünnhäutig geworden und unsicher. Kaum sagte jemand etwas gegen ihren Schatz , brauste sie auf und hinterfragte die Freundschaft. Das Ergebnis war, dass sie sich nur noch selten mit anderen traf. Sogar für mich hatte sie nur noch ab und zu Zeit. Oft freitags, wenn Sven mit seinen Kumpels um die Häuser zog.
    Freitags erkannte ich Inka wieder. Wir quatschten über unsere Pläne, nach dem Abi ein Jahr ins Ausland zu gehen. Über Mode und alles, was mit der Schule zu tun hatte. Über Gott und die Welt. Wir hatten jede Menge Spaß miteinander. So wie früher.
    Und dann überspannte Sven den Bogen, als er Inka ihre Geburtstagsparty verbieten wollte. Er hatte ihr Handy einkassiert und begonnen, die Nummern ihrer Freunde durchzusehen und zu löschen, weil wir sie angeblich von ihm fernhalten wollten. Es kam zu einem erbitterten Streit. Und als Sven nicht nachgab und Inka fürchterlich beschimpfte, schaltete sie endlich wieder ihren Verstand ein und trennte sich von ihm.
    Leider hatte ich die große Liebe – außer in meiner grenzenlosen Fantasie – noch nicht erlebt. Vielleicht lag es daran, dass ich klare Vorstellungen hatte. Gutes Aussehen und eine Portion Coolness reichten nicht aus, um mein Herz zu entflammen. Ich träumte von jemandem, der mich forderte und den meine Ecken und Kanten nicht störten, sondern der sich traute, hinter die Fassade zu blicken.
    Ich riss mich von meinen Gedanken über Inka, Sven und die Liebe los und steckte mir meine iPod-Stöpsel ins Ohr, um ein bisschen bei meiner Lieblingsmusik abzuhängen. Ich hatte mich
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