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Herz in Gefahr

Herz in Gefahr

Titel: Herz in Gefahr
Autoren: Meg Alexander
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sie sanft. “Ich weiß, wie viel sie Ihnen bedeuten, und ich möchte sie besser kennenlernen.”
    “Ich könnte gut ohne die Damen der Familie auskommen”, stieß Mrs Aveton hervor. “Lady Wentworth bringt ihre Meinung sehr frei zum Ausdruck, und was ihre Schwägerin angeht … da fehlen mir die Worte!”
    “Ein wenig … sagen wir, lebhaft? Das ist das Privileg der Hochgeborenen, liebe Dame. Aber wir müssen mit Barmherzigkeit von unseren Mitmenschen sprechen. Und Sie stehen mit der Countess of Brandon auf freundschaftlichem Fuß, nicht wahr?”
    “Sie hält auch nicht mehr von ihnen als ich.”
    Judith schaffte es nicht, ihre Belustigung zu verbergen. Diese Abneigung beruhte durchaus auf Gegenseitigkeit.
    “So etwas, wir haben unsere liebe Judith endlich zum Lächeln gebracht! Glauben Sie mir, meine Liebe, Ihre Freunde werden stets in unserem Heim willkommen sein.”
    Judith warf ihm einen dankbaren Blick zu. Vielleicht würde er doch nett sein. Es war ein Glück für ihn, dass sie nicht seine Gedanken lesen konnte. Reverend Truscott erkannte einen Feind, wenn er ihn sah, und Lady Sebastian Wentworth hatte ihn über ihre Meinung nicht im Unklaren gelassen.
    Er hatte den Abscheu in ihren Augen erkannt, während sie ihn dabei beobachtete, wie er um die Frauen herumscharwenzelte und den Männern schmeichelte. Sie hatte ihn einmal dabei überrascht, wie er eine junge Frau seiner Gemeinde in der Sakristei in die Ecke gedrängt hatte. An jenem Tag war er zu weit gegangen, und das Mädchen war ganz aufgelöst gewesen.
    Ihre Ladyschaft hatte nichts gesagt, aber ihr empörter Blick hatte genügt, um ihn davoneilen zu lassen, während das Mädchen, so gut es konnte, sein Mieder wieder in Ordnung brachte.
    Lady Peregrine Wentworth war da schon eine ganz andere Sache. Sie war eine wahre Schönheit, und er hatte das Feuer unter dieser madonnenhaften Erscheinung gespürt. Sie hasste und verabscheute ihn, das war ihm klar geworden. Der Ausdruck ihrer riesigen dunklen Augen konnte nicht missverstanden werden. Aber er hatte Frauen wie sie schon oft mit seinem Gerede über Erlösung und Liebe erobert. Es würde ihm ein großes Vergnügen sein, sie der Liste seiner Opfer hinzuzufügen.
    Er sah auf, erhaschte einen Blick von sich im Spiegel und empfand die übliche Zufriedenheit. Sein Aussehen war das Einzige, für das er seiner Mutter, einer Schauspielerin, und seinem unbekannten Vater dankbar war. Wurde er zu hager? Das glaubte er eigentlich nicht. Seine hochgewachsene, dünne Gestalt und der dunkelhaarige Kopf mit den tief liegenden Augen und dem schmalen Kiefer waren sehr beeindruckend. Dieses Strenge, Beängstigende an ihm kam ihm sehr gelegen in seinem selbst erwählten Beruf. Wer konnte ihm widerstehen, wenn er voller Leidenschaft von der Kanzel predigte?
    Er spürte, dass Judith ihn beobachtete.
    “Vergeben Sie mir, meine Liebe”, sagte er gelassen. “Ich hätte in diesem Zustand nicht zu Ihnen kommen dürfen. Doch die Pflichten bei meinen Gemeindemitgliedern haben mich den ganzen Tag außer Haus gehalten. Sie müssen mich entsetzlich ungepflegt finden, aber ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, Sie aufzusuchen.”
    “Judith findet nichts dergleichen”, warf Mrs Aveton ein. “Es ist freundlich von Ihnen, noch einmal vorbeizuschauen, denn das dumme Kind war ja vorhin nicht hier, um Sie zu empfangen.”
    “Vielleicht denkt sie, dass Abwesenheit die Sehnsucht erhöht”, sagte er lachend. Mit vielen Beteuerungen seiner Ergebenheit verabschiedete er sich von ihnen.
    Am nächsten Tag beschwerte sich ihre Stiefmutter über Judiths Mangel an Interesse, als ihr einige Morgenkleider zur Prüfung vorgelegt wurden.
    “Ist es dir denn völlig gleichgültig, was du trägst?”, rief sie mit scharfer Stimme. “Nichts kann dich zu einer Schönheit machen, aber du schuldest es deinem Gatten, respektabel auszusehen. Ach, jetzt habe ich Kopfschmerzen dank deiner Dummheit. Den Rest deiner Kleidung kannst du dir allein besorgen. Ich habe keine Zeit, dich wieder zu begleiten.”
    Judith atmete insgeheim erleichtert auf. Jede Ausrede, das Haus verlassen zu können, war ihr recht. Sie würde natürlich ihre Zofe mitnehmen müssen, aber Bessie war der einzige Mensch in diesem Haushalt, der ihre ruhige Herrin verstand.
    Das war auch Mrs Aveton nicht entgangen, und sie hatte den Reverend bereits davon in Kenntnis gesetzt. Am folgenden Tag sprach sie Judith deswegen an.
    “Du bist viel zu vertraut mit diesem Mädchen”, sagte
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