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Herz des Winters (German Edition)

Herz des Winters (German Edition)

Titel: Herz des Winters (German Edition)
Autoren: Madeleine Puljic
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warten.
    ***
    Zu ihrer Erleichterung war das jedoch nicht der Fall. Sikaîl bewohnte eine kleine, einfache aber gemütliche Hütte neben der Schmiede, was ihm nur recht zu sein schien. Er lud seine Einkäufe vom Rücken und machte sich in der kleinen Kochnische zu schaffen, die eine Wand des einzigen Raums einnahm.
    „Wenn ihr euch gleich die Kleider vom Leib reißt, tu mir den Gefallen und leg eine Decke auf mich drauf“, flüsterte Berekh. „Ich will nicht mitanhören, wie der Kerl dich zu Mus quetscht.“
    Daena ließ ihren Beutel schwungvoll zu Boden fallen und beförderte ihn mit einem Tritt unter die Sitzbank, ehe sie sich zu Sikaîl gesellte, dessen Pfanneninhalt glücklicherweise äußerst verlockend duftete.
    „Also“, begann sie mit möglichst neutraler Stimme, „wieso gibt es heute nur vergammelten Fisch zu kaufen?“
    Sikaîl verzog das Gesicht, was umso beunruhigender aussah, da sie ihn noch nie ohne sein Grinsen gesehen hatte. „Der Fisch ist nicht vergammelt. Er ist verdorben.“
    „Wo ist da der Unterschied?“ Egal, welche Bezeichnung man wählte, essbar waren sie jedenfalls nur bedingt, und selbst das nur, sofern man eine Vergiftung riskieren wollte.
    „Die Fische sind frisch gefangen. Aber sie sind bereits verdorben, wenn sie noch lebendig sind. Vor ein paar Jahren hat es angefangen, aber erst seit zwei Monaten ist es so schlimm. Angeblich sind die Minen schuld.“
    Daenas Hände zuckten zu ihren vernarbten Armen, ehe sie den Impuls unterdrücken konnte. Sikaîl sah sie mit hochgezogenen Brauen an, stellte jedoch keine Fragen. Dankbar ließ sie die Hände wieder sinken.
    „Die Minen? Du meinst die Eisenminen?“
    „Ist es das, was sie abbauen? Keine Ahnung. Jedenfalls wird behauptet, dass sie dazu giftige Substanzen verwenden, die sie ins Meer entsorgen. Und irgendetwas daran verdirbt eben den Fisch. Aber da sich die Minen nicht direkt in Saris, sondern in Lykis und Traios befinden, will sich niemand mit den Echsen anlegen.“
    „Das wundert mich nicht.“ Nachdenklich starrte Daena ins Leere, ohne den Blick zu sehen, den Sikaîl ihr zuwarf.
    ***
    „Es heißt, in Rinnval würden sich Leute sammeln, um gegen die Morochai zu kämpfen.“ Daena tunkte mit einem Stück Brot den Saft von ihrem Teller und sah Sikaîl bewusst nicht an, als sie das ursprüngliche Thema wieder aufgriff. Sie zerstörte ungern die entspannte Stimmung, in der sie sich befanden, doch ihre Ausbildung drängte sie, solche Neuigkeiten einem anderen Kämpfer nicht vorzuenthalten.
    Der Sare kaute bedächtig zu Ende, schluckte und fragte dann beiläufig: „Warst du dorthin unterwegs?“
    Sie wusste nicht einmal, an welchem von den Göttern verlassenen Ort sie sich befunden haben müsste, damit Saris auf dem Weg nach Zlaival gelegen hätte. Daher machte es wenig Sinn, sich mit falschem Heldenmut zu brüsten.
    „Wozu sollte das gut sein? Man kann sie nicht einmal verletzen, geschweige denn besiegen.“
    „Alles, was lebt, hat einen Schwachpunkt. Und kann sterben.“
    Erst, als Daena Sikaîls erschrockenen Gesichtsausdruck sah, wurde ihr klar, dass die Antwort unter der Bank hervor gekommen war. Es war nicht Berekhs Art, sich selbst preiszugeben, deshalb wusste sie nicht so recht, wie sie seine plötzliche Beteiligung am Gespräch interpretieren, geschweige denn erklären sollte.
    Mit einer blitzschnellen, gleitenden Bewegung hatte Sikaîl sein Messer gezogen und war auf den Beinen. Er schlich mit vorsichtigen Schritten seitlich näher an die Bank heran, was unter anderen Umständen seine Professionalität gezeigt hätte, in Anbetracht dessen, was dort lauerte, allerdings ein wenig albern anmutete. Besonders, da auf selbiger Bank noch immer Daena saß, den Teller noch in der Hand.
    „Sik …“
    „Was ist, du Muskelprotz? Glaubst du, das Gefuchtel mit deinem Messer beeindruckt mich? Setz dich auf deine vier Buchstaben und hör zu, wenn Ältere mit dir reden.“
    Bevor der so Angesprochene sich aus seiner Verblüffung befreien und seine Wut entdecken konnte, ergriff Daena sanft aber nachdrücklich seinen Arm. Langsam, um keinen der beiden zu weiterem Unsinn zu verleiten, zog sie ihre Tasche hervor. Das violette Glühen, das den Stoff durchdrang, machte deutlich, dass Berekhs Stimmung der von Sikaîl um nichts nachstand. Der Grund dafür war ihr jedoch schleierhaft.
    „Sik, ich muss dir wohl jemanden vorstellen …“
    Mit einem Seufzen schlug sie die Lasche ihres Beutels zurück. Egal, was ihr Waffenbruder sich nach
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