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Herz dder Pflicht

Herz dder Pflicht

Titel: Herz dder Pflicht
Autoren: Paula Marshall
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zähmen.

1. KAPITEL

    „Du vermisst das Soldatenleben, nicht wahr?“, fragte Russell Chancellor seinen jüngeren Zwillingsbruder Richard, der die Morning Post studierte.
    Richard Chancellor, Major beim Vierzehnten Leichten Kavallerieregiment, von seinen Freunden und der Familie Ritchie genannt, blickte hoch. Russell lehnte lässig in einem bequemen Armsessel, in der Hand ein Glas mit einem Getränk. Er war wie ein vollendeter Dandy gekleidet und nach der neuesten Mode windstoßartig frisiert. Mit seinem guten Aussehen und seiner athletischen Statur hatte er in London die Herzen etlicher Frauen gebrochen und sich dadurch den Neid vieler junger Männer zugezogen.
    Da sie keine eineiigen Zwillinge waren, ähnelten sich die Brüder kaum. Im Gegensatz zu dem blonden, heiteren Russell war Richard ernsthaft und dunkelhaarig. Es fehlte ihm das Strahlende, das für den älteren Bruder ganz natürlich war. Richards Kleidung wie auch sein Benehmen waren unauffällig. Er hatte graue, scharf blickende Augen, war so athletisch wie sein Bruder und ein besserer Reiter – zumindest bis er verwundet worden war. Als Stabsoffizier hatte er in Wellingtons Armee am Feldzug in Spanien teilgenommen.
    Als Folge seiner nicht ganz leichten Verwundung war er ins Kriegsministerium versetzt worden, wo er, wie Russell respektlos bemerkte, als Kanzleivorsteher arbeitete.
    Richard, von jeher ziemlich schweigsam, hatte nie darüber gesprochen, wie es zu seiner Verwundung gekommen war. Sein Zwillingsbruder war zu dem Schluss gelangt, dass er sich vielleicht auf seinem Regierungsposten wohler fühlte als während seiner Dienstzeit als Stabsoffizier in Spanien. Schließlich war es ursprünglich sein Wunsch gewesen, eine Laufbahn als Wissenschaftler einzuschlagen. Nur dass ihr Vater, der Earl of Bretford, darauf bestanden hatte, dass Richard Soldat wurde.
    Daher hatte Richard seine Pflicht getan, seine wissenschaftlichen Interessen jedoch ruhig und in aller Stille weiter verfolgt.
    „Ja, ich vermisse es“, bestätigte er. „Indes kann man nicht alles haben, was man sich wünscht. Diese Lektion habe ich früh gelernt. Das einzige Problem besteht darin, dass mich nach dem Leben bei der Armee die Ruhe in meinem Amtszimmer langweilt.“
    „Ich hätte nie gedacht, dass es dir gefallen würde, Soldat zu sein“, stellte Russell fest. „Andererseits weiß ich, dass du alles, was du tust, gut machst. Ich nehme daher an, dass du am Ende auch in Whitehall Erfolg haben wirst.“
    Richard legte seine Zeitung beiseite und lächelte. „Ein solches Kompliment hätte ich nicht von dir erwartet. Leider fehlt mir die Zeit, es zu genießen. Ich habe eine Verabredung im Innenministerium. Weiß der Himmel warum, aber Lord Sidmouth wünscht mich dringend zu sprechen. Ich vermute, dass er immer jeden dringend zu sprechen wünscht. Vielleicht ist er deshalb ein so guter Innenminister.“
    „Möglich“, stimmte Russell zu, „andererseits macht es ihn nicht gerade populär. Kann ich dich überreden, heute Abend Lady Leominsters Empfang zu besuchen?“
    „Nein“, lehnte Richard ab. „Ich habe nicht vor, an der Saison teilzunehmen. Wir sehen uns dann morgen beim Frühstück.“
    „Das bezweifle ich“, erwiderte sein Bruder. „Ich beabsichtige, anschließend mit ein paar Freunden in den Club zu gehen, und der Himmel weiß, wann ich nach Hause komme. Es nützt wohl nichts, dich zu fragen, ob du uns später dort treffen willst?“
    Richard, bereits auf halbem Wege zur Tür, schüttelte den Kopf. Sosehr er seinen Bruder liebte, wünschte er sich manchmal, Russell wäre nicht so entschlossen, sein Leben dem Vergnügen zu weihen.
    Indes war dies nicht seine Sorge, und es berührte Richard im Grunde auch nicht. Es galt, sich zu beeilen, um herauszufinden, was Lord Sidmouth von ihm wollte. Vor einigen Jahren, als er noch ein Junge gewesen war, hatte er ihn schon einmal getroffen. Doch daran würde sich der Minister sicherlich kaum erinnern.
    Das Büro war groß und so prächtig eingerichtet, wie es einem Mann zustand, der während eines tobenden Krieges für Englands Sicherheit verantwortlich war. Lord Sidmouth kam hinter seinem Schreibtisch hervor und begrüßte Richard herzlich.
    „Sie wissen vermutlich nicht mehr, dass wir uns vor einigen Jahren bereits begegnet sind“, sagte er. „Damals waren Sie noch ein Junge und haben mir eine Frage gestellt, die die Rolle von Hannibals Elefanten im Krieg mit Rom betraf. Später erfuhr ich, dass Sie Kavallerieoffizier geworden
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