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Herrscher

Herrscher

Titel: Herrscher
Autoren: Howell Morgan
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bist. Töchter verleihen einem Ansehen und Geltung. Schau nur meine Schwester und mich an. Wer hat dich heute in ihrem Hanmuthi willkommen geheißen?«
    »Aber Dargu ist jetzt die Große Mutter.«
    »Und doch wird es in ihrem Hanmuthi, wie prunkvoll es auch sein mag, nie Kinder geben.«
    »Du änderst also deine Haltung nicht?«
    »Thwa.«
    »Als ich in Taiben mit Dargu-yat gesprochen habe, sagte sie, du hättest vor, uns zu segnen.«
    »Wie kann sie sich zu dieser abwegigen Vorstellung verstiegen haben?«
    »Vielleicht durch ihre Muthuri. Hattet ihr euch nicht miteinander beraten?«
    »O doch. Und Zor-yat kannte meine Einstellung. Sie hatte für mich Verständnis und mich sogar vor Dargu-yats Kräften gewarnt.«
    »Vor welchen Kräften?«
    »Dass du dich zu ihr hingezogen fühlst, ist widernatürlich. Dahinter steckt Zauberei.«
    »Dargu hat keine magischen Kenntnisse, allerdings schickt Muth’la ihr Visionen. Auch meine Gefühle stammen von Muth’la.«
    »Rede keinen Unfug. Von solchen Angelegenheiten verstehen Söhne nichts.«
    Kovok-mah nahm allen Mut zusammen und weigerte sich zum ersten Mal im Leben, sich ohne Weiteres zu fügen. »In
dieser Hinsicht erfüllen wahrlich die stärksten Gefühle meinen Brustkorb.«
    »Ich weiß«, sagte Kath-mah. »Dein Atur macht die Luft geradezu schwül. Aber ob es an Zauberei liegt oder Muth’la die Urheberin ist, ich bleibe fest und verweigere euch meinen Segen. Wage nicht, vermessen zu handeln. Unsere Gesetze sind streng, selbst Große Mütter müssen sich ihnen beugen. Achte meine weisen Worte, oder deine Gefühle werden unsere Königin zu Fall bringen.«

3

    GEMEINSAM MIT MUTH-PAH trat Dar in das Dunkel. Wie schon zuvor ging die Matriarchin der Pah-Sippe ihr durch eine enge Höhle voraus, die die Glutasche mehrerer Feuerstellen trübe erhellte. Im Vorbeigehen goss Muth-pah Wasser auf jeden glosenden Haufen. Der Dampf der erlöschenden Restglut breitete sich in der Düsternis aus und erfüllte den Raum mit Feuchtigkeit und Wärme.
    Anders als beim letzten Mal gelangten sie diesmal in keine Kammer. Stattdessen schien die Folge der glühenden Aschehaufen sich als regelmäßige Reihe schwacher hellroter Lichter bis ins Unendliche auszudehnen.
    Dar und Muth-pah strebten unablässig vorwärts, während hinter ihnen immer tiefere Finsternis entstand. Muth-pahs Gefäß leerte sich nicht, doch der Dampf wurde immer dichter, bis sie den Weg kaum noch sahen. Inzwischen herrschte drückende Hitze. Dar wandte sich an Muth-pah. »Wann hat das ein Ende?«
    »Wie kann ich es wissen, Muth Mauk? Es ist deine Reise.«

    Muth-pah löschte abermals eine Feuerstelle, und dieses Mal verschwand plötzlich jegliche Helligkeit. Dar schrie auf, erhielt jedoch keine Antwort. Sie war ganz allein.
    Schweißgebadet richtete sie sich kerzengerade auf. Sie wusste nicht, ob sie träumte oder wachte. Seit der Zauberer sie gestochen hatte, empfand sie ihr ganzes Dasein wie einen Traum.
    Sie entsann sich ihrer Ankunft am Familiensitz und fragte sich, ob sie wirklich jeden hier wohnhaften Geist geschaut und in jedem einzelnen Fall richtig gewürdigt hatte. Falls ja, gab es hier eine Mutter, die Königin werden sollte. Doch diese Mutter war verschwunden, bevor Dar das Fathma hatte weitergeben können. Sie wusste nicht, um wen es sich handelte, denn ein Geist hatte wenig Ähnlichkeit mit seinem Leib. Zumindest hatte Dar keine Würdige erkannt.
    Sie lenkte den Blick durch das dunkle Hanmuthi. Erst bildete sie sich ein, sie sähe in den benachbarten Kammern schlafende Gestalten aufrecht unter Schlummerdecken sitzen. Sie rieb sich die Augen, danach waren die Zimmer wieder leer. Die einzige Schläferin war Deen-yat, die in Dars Schlafkammer saß.
    Dar stand von der Matte auf und ließ den Schweiß an ihrem Oberkörper trocknen. Sie beschloss, am Morgen als Erstes ein Bad zu nehmen, um ihre Familie nicht »snoofa va Washavoki«, stinkend wie ein Washavoki, zu begrüßen. Sie vermutete, dass das Wohlwollen, das man ihr seit ihrer Wiedergeburt entgegenbrachte, bald verbraucht sein würde. Obwohl sie Königin war, musste sie befürchten, dass sie den Gehorsam, den man ihr in Taiben erwiesen hatte, am Familiensitz der Yat-Sippe weniger leicht fand.
    Auf wackligen Beinen schlurfte Dar zum Fenster. Sie
schabte Frost von einer Scheibe und lugte hinaus. Weiß schimmerten die Berge im Mondschein. Auf den Weiden liegt jetzt Schnee, dachte sie. Bestimmt sind Kovok-mahs Ziegen inzwischen im Stall, und er bleibt bei seiner
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