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Herrengedeck

Herrengedeck

Titel: Herrengedeck
Autoren: Philip Tamm
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ein Typ ist, bei dem die Leute instinktiv wissen, dass er sich eigentlich keinen Ferrari leisten kann. Was ist also sein Geheimnis?
    Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich ein ganz normaler Typ bin - Durchschnitt, der Aufschnitt liebt. Und Birgit ist eine klasse Frau, bei der sich jeder Typ ins Zeug legen würde, um mit ihr ein Date zu bekommen.
    Apropos Date. Das ist der einzige Nachteil bei Birgit. Es ist bisher noch keinem von uns Kollegen gelungen, uns mit ihr außerhalb der Bürozeiten zu verabreden. Und alle Kollegen haben es schon öfter versucht. Weil sie nun einmal alle in sie verknallt sind. Wir wissen nicht einmal, woran es liegt, dass sie jedem einen Korb gibt - sprich, ob Birgit eine feste Beziehung hat oder nicht. Sie hält aus irgendeinem Grund ihr Privatleben unter Verschluss, und zwar so sehr, dass wir natürlich den Verdacht haben, dass sie eine Leiche im Keller haben muss. Aber welche?
    Birgit schlürft von ihrem Cappuccino und sagt: »Was ist eigentlich mit dir los, Stefan?«
    »Mit mir? Wieso? Gar nichts.«
    Sie sieht mich an wie eine CSI-Ermittlerin einen Verdächtigen. Fehlt eigentlich nur noch, dass sie ihren Fingerabdruck-Quast herausholt und mir damit im Gesicht herumfuhrwerkt. »Irgendetwas ist anders«, sagt sie dann. »Du hast so einen seltsamen Glanz in den Augen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob das was Gutes oder was Schlechtes ist.«
    »Birgit, ich bitte dich«, sage ich in einem Tonfall, der so harmlos klingt wie der von Norman Bates, wenn er neue Gäste in seinem Motel begrüßt. »Ich sitze im Café mit der
schönsten Mitarbeiterin, die jemals bei Peters & Gabriel gearbeitet hat. Was du in meinen Augen siehst, ist einfach Ausdruck meiner tief empfundenen Freude.«
    »Hast du was getrunken? Nein? Dann hast du noch Restalkohol vom Wochenende im Blut«, sagt sie lachend. »Aber egal. Ich dachte halt, wir hätten uns vor langer Zeit mal drauf geeinigt, dass zwischen uns kein Süßholz geraspelt wird.«
    Nein, nicht wir haben das vereinbart, sondern du, stelle ich innerlich klar und sage stattdessen: »Stimmt. Aber nett sein darf ich doch trotzdem, oder?«
    »Darfst du«, sagt sie und ihr Gesichtsausdruck wird versöhnlich. »Aber glaub nicht, dass das irgendwo hinführt.«
    »Keine Sorge, glaube ich auch nicht.«
    Tatsache ist, dass ich vorsichtig sein muss. Ich darf mich nicht zu sehr aus der Deckung wagen. Ich weiß nur zu gut, dass eine Spitzenfrau wie sie einen Mann wie mich nicht auf dem Radar hat. Aber genau das ist meine Chance. Macht mich nämlich zu so einer Art sexuellem Stealth-Bomber bei Birgit. Bevor sie mich eben doch auf dem Schirm hat und ihre Flugabwehr Alarm schlägt, bin ich längst im Ziel angelangt und habe meine Bombenlast abgeworfen. In ihrem Schlafzimmer. Hoffentlich.
     
    16:25 Uhr: Am Nachmittag ist meine Laune erheblich besser. Nehme Stift und Papier und beginne etwas, das mein Vorgesetzter aus genügend Abstand glatt für einen Projektplan halten könnte. In Wahrheit notiere ich die Namen aller weiblichen Kollegen, die außer Birgit in Frage kommen.
    Da ist zum Beispiel Nadine Schmitz, die den Büroeinkauf macht. Sie ist fünfundzwanzig Jahre alt, gibt geschätzte fünfzig
Prozent ihre Gehalts im Nagelstudio aus, hat einen IQ wie ein Ara (ohne den Vögeln jetzt zu nahetreten zu wollen), dafür aber Brüste wie eine Melkkuh. Außerdem wird sie Woche für Woche von einem neuen Freund vom Büro abgeholt. Kann doch nicht so schwer sein, dass ich sie auch mal vom Büro abhole.
    Oder Doro Sagner, die oben in der Finanzbuchhaltung arbeitet. Erst letzte Woche haben wir Kollegen uns gemeinsam ihr Dating-Profil auf www.rubens-lover.de angeguckt, was eindeutig beweist, dass sie ebenfalls auf der Suche ist. In ihrem Onlinesteckbrief hat sie übrigens behauptet, selbstständige Immobilienunternehmerin zu sein, auf schnelle Autos und Motorboote zu stehen. Und auf harten Sex mit Männern, die ihren inneren Hengst noch auszuleben verstünden . (Dann allerdings wollten wir anderen von unserem Kollegen Manni wissen, wie er eigentlich auf Doros Profil gestoßen ist, und zwar auf einer Internetseite, auf der Frauen mindestens einen Doppelzentner auf die Waage bringen müssen, um überhaupt gelistet zu werden. Und bei der es im Profil eine eigene Kategorie für Zahl der Rettungsringe gibt. Manni ist angelaufen wie ein Hummer überm Kochtopf, hat irgendetwas von Zufall und Fehlprogrammierung bei Google gemurmelt und war verschwunden.)
     
    16:34 Uhr: Das Internet!
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