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Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Titel: Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!
Autoren: Joshua Corin
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halb im und halb außerhalb des Lichtkegels. Sie hatten einfach angenommen, dass er nicht atmete, so wie die anderen, doch jetzt stöhnte er wieder, leise, zitternd.
    „Herr im Himmel!“, murmelte O’Daye.
    Sie öffnete die Tür.
    „Warte.“ Pennington hob eine Hand. „Du kannst nichts tun.“
    „Ich kann nichts …? Dieser Hund lebt!“
    „Bist du Tierärztin? Nein. Also bleib sitzen. Die Verstärkung wird jeden Moment hier sein.“
    „Wir können nicht einfach …“
    „Ich sage das nicht aus Feigheit“, erklärte er. „Es ist Vorschrift.“
    Sie schloss die Tür.
    Sie warteten.
    Der Hund, Moira, drei Jahre alt, heulte. Sie starb, und sie wusste es und wollte irgendwie an einen dunklen und ruhigen Ort, weg von ihrem Herrchen. Aber sie konnte sich nicht bewegen. Alles, was sie konnte, war die Januarluft mit ihrem an ein Requiem erinnernden Schluchzen zu füllen.
    Die Verstärkung kam, drei Streifenwagen und zwei zivile Fahrzeuge hielten neben dem Tatort. Kollegen waren umgebracht worden – ihre Brüder und Schwestern in Blau würden ihren Tod rächen. Die Sirenen fegten durch die Nachbarschaft wie ein Hurrikan. Eltern und Kinder setzten sich in ihren Betten auf und dachten, das Ende der Welt wäre gekommen. Manche spähten aus den Fenstern. Manche verriegelten die Tür. Selbst die Sonne lugte über die Wolkenkratzer, um einen Blick auf den Krawall werfen zu können.
    Der leitende Officer war Deputy Chief Perry Roman. Er war Division Commander der Zone 4. Appleby und Harper gehörten zu ihm. Er kletterte aus seinem beigefarbenen Kombi, ließ seine Jacke offen (somit war sein farbbekleckstes Police Academy Sweatshirt zu sehen) und verteilte hastig die Aufgaben.
    „O’Daye und Pennington, sperren Sie das Areal ab und kümmern Sie sich um die Schaulustigen! Halloway und Cruise, Jaymon und DeWright, suchen Sie die Gegend ab! Williams, Kayless, Ogleby, Sie nehmen Aussagen auf – irgendjemand muss irgendwas gesehen haben! Detectives, deutlicher kann ein Mordfall nicht sein. Sie wissen, was zu tun ist.“
    Officer O’Daye wollte nach dem Hund sehen. Sie konnte ihn nicht mehr klagen hören – es wurde jetzt zu viel geredet –, aber sie musste einfach wissen, ob der Hund noch am Leben war. Es war nicht so, dass sie selbst Hunde hatte – sie hatte überhaupt kein Haustier. Sie lebte allein in ihrer Wohnung. Machte sie deshalb Überstunden? Und jetzt brach ihr wegen einem Tier fast das Herz (und nicht wegen einem der vier menschlichen Wesen!). Bescheuert. Sie schob ihre Neurosen in eine der hintersten Nischen ihres Verstands, so wie ihr Therapeut es ihr beigebracht hatte. Und als Pennington (der doch ein Feigling war – das wusste jeder) sich eine dicke Rolle gelbes Band aus dem Kofferraum schnappte, ging sie nicht zu dem Hund. Sie ging zu ihrem feigen Kollegen und half ihm, das Gebiet abzusperren.
    Der Deputy Chief blieb auf dem Gehsteig, die Hände in den Hüften, und sah sich um. Elf Polizisten arbeiteten am Tatort – es war so leicht, Beweise zu zerstören. Das Letzte, was irgendeiner von ihnen hier im Angesicht dieser gefallenen Soldaten brauchen konnte, war irgendeine Fahrlässigkeit (oder, schlimmer noch, Inkompetenz), mit der der Anwalt des Schützen später vor Gericht auftrumpfen konnte. Und Perry Roman zweifelte nicht daran, dass sie den Schützen schnappten. Die Morgenschicht begann in zwei Stunden. Um neun Uhr würde jede einzelne Straßenecke in Südwest-Atlanta abgeriegelt sein. Zwei ihrer eigenen Leute waren tot. Roman nahm sich vor, seinen Männern zu sagen, dass sie den Scheißkerl, wenn sie ihn erwischt hatten, nicht tödlich verletzen durften. Es sollte ein sauberer, den Vorschriften entsprechender Einsatz werden. Das war das Mindeste, was die Toten verdienten (auch wenn Harper ein fauler Sack gewesen war).
    Perry fixierte zwei Detectives des Morddezernats. Nicht gerade das scharfsichtigste Team, aber die beiden waren gut genug, zumindest für zwei Stunden. So mancher Polizist würde diese Tragödie als Chance für eine Beförderung betrachten, das wusste er. Perry Roman aber wollte nur den Job erledigen. Perry Roman war ein gläubiger Mann, der jeden Sonntag mit seiner Frau und seinen drei Kindern in die Kirche ging. Wenn der Herrgott der Ansicht war, dass er mit einer Beförderung belohnt werden sollte, dann bitte schön. In der Zwischenzeit wollte er einfach sein Bestes geben.
    Er spürte, wie die aufgehende Sonne seinen Hinterkopf kitzelte. Das milchige Oval auf dem Asphalt
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