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Herr der zwei Welten

Herr der zwei Welten

Titel: Herr der zwei Welten
Autoren: Sibylle Meyer
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innig. Es lag all die Liebe darin, die sie füreinander fühlten. Er würde sich immer an diesen Kuss erinnern.
    Als sie bei der Höhle ankamen, waren schon fast alle da. Nur Gaston kam noch später als sie. Kurz vor ihm war Bernhard erschienen. Sie wussten alle, wo er gewesen war. An Kais Grab. Eugeñio wusste, dass Gaston eine innige Freundschaft zu Bernhard entwickelt hatte. Aber ob Bernhard von Gastons Leben auf der anderen Seite etwas ahnte, konnte er sich nicht vorstellen. Sobald sie wieder in ihrer Welt waren, müsste auch Bernard sein Leben alleine weiter leben! Pieter und Liz hatten ihre Freunde bereits informiert und so schwebte eine große Traurigkeit über ihnen.
    Julie sah, dass TsiTsi und Simonja rote Augen hatten, also hatten sie geweint. Aber Julie würde sie nicht trösten können. Auch wenn sie nichts lieber getan hätte. Sobald sie entdeckt worden waren, warf sich TsiTsi in Julies Arme. Schluchzend wurde Julie gepackt und runter gezogen. Dann bekam sie einen feuchten Kuss auf die Wange.
    „Wenn ihr wieder in eurer Welt seid, dann versprich mir, dass ihr uns nicht ganz vergessen werdet!- Vielleicht könnt ihr auch wieder kommen?! – Ich wünsche es so sehr. Wir werden euch alle so vermissen!“
    „Wir werden euch nie vergessen. TsiTsi, wenn wir könnten, würden wir bleiben. Das weißt du doch. Oder?“
    Die kleine blaue Frau nickte unter Tränen. Julie hatte versucht ihre Tränen zurückzuhalten, um es für Eugeñio nicht noch schwerer zu machen. Aber es gelang ihr einfach nicht. Niemand hier ahnte auch nur, was es für sie bedeutete, zurückzugehen. Doch nun kam Simonja. Auch sie hielt den Kopf gesenkt. Wortlos reichte sie Julie ihre Hand. Julie glaubte schon, Simonja wollte sie ohne ein letztes Wort verabschieden, doch da sagte sie:
    „Am liebsten würde ich euch begleiten. Aber das geht wohl nicht? Julie, du wirst mir so fehlen! Ich habe mich doch schon so sehr auf euren Neuankömmling gefreut!“
    Erst jetzt begann Simonja hemmungslos zu schluchzen. Julie hatte so was erwartet. Doch nun trafen sie die Tränen der Freundin trotzdem, wie scharfe Messer, die einem ins Fleisch schnitten. Sie hatte sich bereits hingesetzt, um sie beide auf gleiche Größe zu bringen. Julie streckte die Arme aus und zog ihre Freundin in ihre Arme.
    „Ich hätte es mir auch gewünscht!“ hauchte sie.
    Dann suchten ihre Blicke Eugeñio. Sie sah, wie er sich gerade von Dervit verabschiedete. Auch seine Augen glänzten feucht. Julie wusste, wie mühsam er sich die Tränen unterdrückte. Doch wunderte sie das? Sie selbst wünschte sich beinahe hier, auf der Stelle zu sterben! Wie sollte denn ihr Leben aussehen, wenn sie wieder in ihrer Welt wären? Ohne ihn? Vielleicht sogar ohne das Kind? Doch sie musste tapfer sein. Niemand durfte etwas von ihrer Angst merken. Unter einem dichten Schleier aus Tränen, die ihr trotzdem übers Gesicht liefen, sah sie noch einmal alle ihre Freunde an. Sie alle waren gekommen, selbst der Heiler war da. Und alle waren so traurig!
    „Was wird aus Kais Grab, wenn wir wieder in unserer Welt sind?“ fragte Liz. Auch ihr liefen die Tränen. „Würdet ihr euch um sein Grab kümmern, wenn wir nicht mehr hier sind?“
    Dervit warf sich in die Brust. „Macht euch keine Gedanken. Wir werden uns darum kümmern. Wir werden sein Grab pflegen, genauso, wie ihr es getan habt. Er soll alles haben. Ich gebe euch mein Wort!“
    Julie fragte sich, ob sie in ihrer Welt irgendwann Menschen kennenlernen würde, die so verständnisvoll waren, wie die Menschen aus der Bunten Welt.
    Dann kam der Augenblick des Abschieds. Gerne hätten die Blauen sie noch zur Höhle begleitet. Doch Gaston sagte:
    „Bitte Freunde, machen wir es uns nicht schwerer, als es doch sowieso schon ist. – Ich denke, ich spreche jetzt für uns alle, wenn ich euch hier und jetzt Lebewohl sage und mich bei euch bedanke! Es war wundervoll eure Freundschaft zu erfahren. Der Abschied fällt uns allen sehr schwer! – Aber wir haben keine Zeit mehr. Also lasst uns ihn nicht weiter von uns schieben. Wenn wir euch jetzt hier Auf Wiedersehen sagen können, dann haben wir alle das Gefühl, wiederkommen zu können!“
    Julie staunte, denn auch Gaston hatte Tränen in den Augen. Sie hätte niemals gedacht, dass es ihm schwerfallen würde, dieses menschliche Leben wieder aufzugeben!
    Auf dem Weg zur Höhle sagte niemand etwas. Julie umklammerte Eugeñios Hand. Sie wollte nicht daran denken, dass es das letzte Mal war, dass sie dieses enge
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