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Herr der Welt

Herr der Welt

Titel: Herr der Welt
Autoren: Jules Verne
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Schlacken bedeckte, wenn sie von Lavaströ-
    men erreicht oder von einem Erdbeben bis zur Schwelle
    von Pleasant Garden und Morganton erschüttert würde.
    Der Bürgermeister von Morganton war ein großer, kräf-
    tiger, kühner und unternehmender Mann von höchstens 40
    Jahren, dessen Gesundheit allen Ärzten der beiden Ameri-
    kas ein Schnippchen schlug und der gleichmäßig der Kälte
    des Winters wie der Hitze des Sommers widerstand, die in
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    North Carolina oft in den höchsten Graden vorkommen.
    Daneben ein eifriger Jäger, der nicht allein dem Haar- und
    Federwild nachstellte, das sich auf den nahen Ebenen der
    Appalachen umhertummelte, sondern der auch beherzt
    den Panthern und Bären zu Leibe ging, denen man nicht
    selten in den düsteren Zypressenhainen und in den wilden
    Schluchten der Doppelkette der Alleghenies begegnet.
    Elias Smith, ein reicher Landeigentümer, besaß mehrere
    Güter in der Umgebung von Morganton. Mehrere davon
    bewirtschaftete er in der Hauptsache persönlich oder be-
    suchte wenigstens die darauf beschäftigten Leute sehr häu-
    fig. Übrigens verbrachte er die ganze Zeit, in der er nicht in
    seinem home im Flecken wohnte, mit Jagdausflügen, wo-
    nach seine zynegetischen Triebe ihn unwiderstehlich hin-
    zogen. Am Nachmittag ließ ich mich nach dem Haus von
    Elias Smith führen. Er befand sich auch zu Hause, da er
    durch ein Telegramm von meinem Erscheinen benachrich-
    tigt war. Ich übergab ihm das Schreiben, womit Mr. Ward
    mich bei ihm beglaubigte, und damit war unsere Bekannt-
    schaft schnell genug eingeleitet.
    Der Bürgermeister von Morganton hatte mich ohne alle
    Umstände empfangen. Mit der Pfeife im Mund und einem
    Glas Brandy vor sich, saß er in bequemer Haltung an einem
    Tisch. Eine Magd brachte sofort ein zweites Glas, und ich
    mußte er mit meinem Wirt anstoßen, ehe sich ein Gespräch
    zwischen uns entwickelte.
    »Ach, Mr. Ward ist es, der Sie geschickt hat«, sagte er ge-
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    mütlich, »na, da wollen wir zuerst einmal auf die Gesund-
    heit des Herrn Polizeidirektors trinken.«
    Darauf stießen wir mit den Gläsern an und leerten sie zu
    Ehren meines hohen Vorgesetzten.
    »So! . . . Nun sagen Sie mir, um was es eigentlich geht«,
    fragte mich dann Elias Smith.
    Ich erklärte nun dem Bürgermeister von Morganton den
    Grund und den Zweck meiner Entsendung nach diesem Be-
    zirk North Carolinas und erinnerte ihn an die Tatsachen –
    richtiger: die Erscheinungen, deren Schauplatz die hiesige
    Gegend gewesen war. Dabei wies ich – und er stimmte dem
    bei – darauf hin, wie wichtig es sei, die Bewohner dieser Ge-
    gend wieder zu beruhigen oder sie wenigstens zu veranlas-
    sen, für jeden Augenblick auf der Hut zu sein. Ich bemerkte
    ihm ferner, daß sich die einschlägigen Behörden pflicht-
    schuldigst mit diesem Zustand der Dinge beschäftigten und
    ihm abhelfen wollten, wenn’s in ihrer Macht stünde. End-
    lich fügte ich hinzu, daß mein Chef mir vollständig freie
    Hand gegeben hätte, eine Untersuchung des Great Eyrie
    rasch und gründlich durchzuführen. Ich sollte dabei vor
    keiner Schwierigkeit, vor keinen Kosten zurückschrecken,
    und selbstverständlich verbürge sich das Ministerium für
    jeden Aufwand, den die Ausführung meines Auftrags ver-
    ursachen könnte.
    Elias Smith hatte mir zugehört, ohne ein Wort zu äu-
    ßern, er hatte dabei nur sein und mein Glas wiederholt
    frisch gefüllt. Daß er, dicke Wolken aus seiner Pfeife ver-
    breitend, meinen Worten mit Aufmerksamkeit gelauscht
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    hatte, das stand bei mir außer Zweifel. Ich sah ja, wie seine
    Gesichtszüge sich dann und wann belebten und wie seine
    Augen unter den buschigen Brauen aufglänzten. Offenbar
    fühlte sich die erste Magistratsperson von Morganton auch
    von dem beunruhigt, was am oder im Great Eyrie vorging,
    und der Mann war jedenfalls ebenso ungeduldig wie ich,
    die Ursache jener Erscheinungen kennenzulernen.
    Nach Beendigung meiner Mitteilungen blieb Elias Smith,
    während er mich unverwandt ansah, noch einige Augenbli-
    cke schweigend sitzen.
    »Also da unten in Washington«, begann er dann,
    »möchte man gern wissen, was der Great Eyrie in seinem
    Bauch birgt?«
    »Ganz recht, Mr. Smith.«
    »Und Sie selbst wohl auch?«
    »Natürlich.«
    »Na, mir geht’s ebenso, Mr. Strock!«
    War der Bürgermeister von Morganton nun wirklich ein
    Neugieriger meines Schlags, dann mußten wir ja ausge-
    zeichnet zusammenpassen.
    »Sie begreifen doch«, fügte er hinzu,
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