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Herr der Welt

Herr der Welt

Titel: Herr der Welt
Autoren: Jules Verne
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beob-
    achtet worden – an gewissen Tagen beeilen sich diese Vögel,
    wenn sie sich dem Great Eyrie genähert hatten, vielmehr,
    aus seiner Nähe zu fliehen, und nachdem sie ihn mehrmals
    umkreist haben, fliegen sie mit betäubendem Geschrei nach
    allen Seiten davon.
    Warum also der Name Great Eyrie (etwa: Großer Horst)?
    Hätte man nicht lieber den Namen »Kessel« wählen sollen,
    wie man sie in den Berggegenden aller Länder antrifft? Zwi-
    schen den ihn umschließenden hohen Wänden findet sich
    doch jedenfalls eine breite und tiefe Aushöhlung. Ja, man
    kann nicht einmal wissen, ob diese nicht vielleicht einen
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    kleinen See, eine Art vom Regen und Schnee des Winters
    gespeiste Lagune enthält, wie solche an manchen Stellen
    und in verschiedenster Höhenlage in der Appalachenkette
    ebenso wie in mehreren Gebirgszügen der Alten und Neuen
    Welt vorkommen. Wäre es also nicht richtiger, wenn die-
    ser Felsriese in der geographischen Namensliste unter einer
    Bezeichnung wie der erwähnten aufgenommen wäre?
    Um die ganze Reihe von Mutmaßungen zu erschöpfen,
    möchten wir auch noch fragen, ob es sich hier nicht um den
    Krater eines Vulkans handeln könnte, vielleicht um einen
    schon lange schlummernden Vulkan, der durch Vorgänge
    in seinem Innern eines Tages doch wieder aus dem Schlaf
    geweckt werden könnte. Dann wären in seiner Umgebung
    am Ende gar heftige Ausbrüche, wie die des Krakatau, oder
    verhängnisvolle Katastrophen, wie die vom Mont Pelée
    verursachte, zu befürchten. Nahm man dagegen das Vor-
    handensein eines Bergsees im Innern an, dann konnte sein
    Wasser vielleicht in den Schoß der Erde eindringen, durch
    deren Zentralfeuer verdampft werden und dann die Ebene
    von Carolina mit einem Ausbruch bedrohen, gleich dem,
    der 1902 einen Teil der Insel Martinique verwüstet hatte.
    Wie zum Hinweis auf eine solche Möglichkeit verrie-
    ten einzelne, unlängst beobachtete Erscheinungen, wie das
    Austreten von Dampfwolken, die Wirkung von plutonischer
    Tätigkeit im Innern der Bergmasse. Einmal wollten auf den
    Feldern der Umgebung beschäftigte Bauern sogar dumpfe
    und unerklärliche Geräusche vernommen haben.
    In der Nacht waren auch Flammengarben in die Höhe
    — 8 —
    geschossen. Aus dem Innern des Great Eyrie wirbelten
    Dampf- und Rauchwolken empor, und wenn sie der Wind
    nach Osten vertrieben hatte, ließen sie auf der Erde Spu-
    ren von Asche und Ruß zurück. Die bleichen Flammen, die
    von den unteren Wolkenschichten zurückgestrahlt wurden,
    warfen dann bei der allgemeinen Dunkelheit einen unheim-
    lichen Lichtschein über die Umgebung.
    Angesichts dieser seltsamen Erscheinungen kann es nicht
    wundernehmen, daß man sich hier im Land ernsthaft be-
    unruhigt fühlte. Zu dieser Beunruhigung gesellte sich noch
    das dringende Verlangen, zu wissen, woran man sich zu
    halten habe. Die Zeitungen von Carolina brachten ununter-
    brochen Mitteilungen über das, was sie »das Geheimnis des
    Great Eyrie« nannten. Sie erörterten die Frage, ob es nicht
    etwas zu gefährlich sei, in einer solchen Nachbarschaft zu
    wohnen. Ihre Artikel erregten gleichzeitig Neugier und Be-
    fürchtungen: Neugier bei denen, die, selbst in Sicherheit,
    sich für die Vorgänge in der Natur interessierten, Befürch-
    tungen bei denen, die Gefahr liefen, deren Opfer zu wer-
    den, wenn die jetzt noch örtlichen Erscheinungen sich über
    die Umgebungen des Berges verbreiteten. Zum größten Teil
    waren das die Bewohner der Flecken Pleasant Garden und
    Morganton, sowie die der Dorfschaften und der zahlreichen
    zerstreuten Farmen am Fuß der Appalachenberge.
    Es war entschieden bedauerlich, daß Bergsteiger noch
    niemals versucht hatten, in das Innere des Great Eyrie
    einzudringen. Noch keiner hatte die Felsenwand, die die-
    ses umrahmte, überstiegen, und vielleicht fand sich darin
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    auch nirgends eine Lücke, die den Zugang dahin ermög-
    licht hätte.
    Überragte denn der Great Eyrie auch nicht ein nahegele-
    gener kuppel- oder kegelförmiger Gipfel, von dem aus man
    ihn in seinem ganzen Umfang hätte übersehen können?
    . . . Nein; im Umkreis von mehreren Kilometern kam ihm
    kein anderer Berg an Höhe gleich. Der Mount Wellington,
    eine der mächtigsten Erhebungen in der Alleghenykette, lag
    dazu in zu großer Entfernung.
    Jetzt machte sich aber auf jeden Fall eine eingehende Un-
    tersuchung des Great Eyrie nötig. Im Interesse des ihn um-
    gebenden Landstrichs mußte man darüber Gewißheit er-
    halten, ob
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