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Herr der Schlangeninsel

Herr der Schlangeninsel

Titel: Herr der Schlangeninsel
Autoren: Stefan Wolf
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auf Padoklion heißt es, Sie
hätten nicht alle Tassen im Schrank. Den Eindruck habe ich auch. Mit Ihrer
Haifisch-Nummer haben Sie meine Freundin zu Tode erschreckt. Und der große
Felsbrocken hätte beinahe einen der Typen erschlagen. Führen Sie Krieg?“
    Der Bärtige grinste. „In gewisser
Weise. Ich versuche alles, um hier allein zu bleiben. Wer sich der Insel
nähert, den schrecke ich irgendwie ab. Zugegeben — der große Felsbrocken war
unfair. Hätte ich nicht machen dürfen. Aber ich war aufgeregt und nervös. Habe
den erstbesten Stein genommen. Einen zu großen. Es ist doch niemand verletzt?“
    „Niemand. Aber das rechnet nicht als
Ihr Verdienst. Wieso beanspruchen Sie diese Insel für sich?“
    „Das ist eine lange Geschichte, äh...
Wie heißt du?“
    „Nennen Sie mich Tim. Und Sie?“
    „Mein Name ist Friedemann Henkelmair.
Aus Nürnberg, wo…“
    „Was?“ schrie Tim. „Henkelmair? Etwa
verwandt mit Franz-Peter Henkelmair?“
    Das Bartgestrüpp klaffte auseinander,
was auf einen geöffneten Mund schließen ließ. Friedemanns Augen weiteten sich
staunend.
    „Du... du... kennst meinen
Urgroßvater?“
    Tim begann zu lachen. „Auch das ist
eine lange Geschichte. Himmel, jetzt wird mir einiges klar.“ Er klatschte auf
den wasserdichten Brustbeutel, den er unter dem T-Shirt trug. „Ich glaube,
Friedemann, ich habe eine Überraschung für Sie. Aber erst mal sollten wir...“
    Er hielt inne. Ein Hilfeschrei, der
Tims Seele berührte wie ein glühender Draht, schwebte in der Luft. Es war Gabys
Stimme.
    „Hiiiiiilfe...! Nein! Hiiiiiiilfe...“
    Ohne eine Sekunde zu verlieren, sauste
Tim los. Im Laufen zog er das Hai-Messer aus der Scheide. Hinter sich hörte er
Schritte. Friedemann — tatsächlich — war mit von der Partie. Und gar nicht
schlecht bei dieser Art von Hindernis-Lauf. Er verlor kaum an Boden und war nur
zwei Sekunden nach Tim auf dem höchsten Punkt der Klippe, von wo man ungehindert
in das Lager des Trios hinuntersah.
    Tim wußte, daß es einen handfesten
Grund geben mußte, wenn Gaby um Hilfe schrie. Griff eine Schlange an? Oder
drehte der Meisterdieb durch?
    Es war nichts dergleichen.
    Unten, wo Friedemanns Steinhagel das
Sonnensegel zerfetzt hatte, waren alle versammelt: Demetrios, Nick, Edgar,
Antonia, Gaby, Karl und Klößchen. Der Tauchlehrer hatte ein blaues Auge. Nick
blutete aus einer Schmarre, die sich über seine Wange zog. Alle hatten die
Hände erhoben — was angesichts der beiden Pistolen, mit denen sie von Wu und
Zhuo bedroht wurden, zweifellos das klügste war.
    Die Chinesen wandten der Klippe den
Rücken zu. Dicht beim Ufer dümpelte ein Motorboot auf den Wellen. Zwei Paddel
lagen darin. Sehen konnte man das Boot nur von hier oben. Tim begriff! Die
Gangster waren das letzte Stück gepaddelt, hatten sich also lautlos genähert.
Demnach hatten auch sie Demetrios verfolgt.
    Tim duckte sich. „Ich schleiche
runter“, flüsterte er, „und greife die beiden von hinten an. Hinterrücks lege
ich die flach. Ist nicht fair. Aber sie haben die Pistolen.“
    Wu — er wie auch Zhuo trug weiße
Shorts, Sandalen und ein kurzärmeliges Netzhemd — trat einen Schritt zurück.
Mit dem Absatz quetschte er dabei die Schwanzspitze einer reichlich meterlangen
Levanteotter ein. Das tat weh, und die Schlange, die ohnehin gereizt war wegen
der vielen Menschen, stieß zu. Ihre Giftzähne packten Wus Wade wie ein
Klein-Nagetier.
    Der Chinese brüllte auf und fuhr herum.
    Die Schlange hing an der Wade, ließ
nicht los, wurde mitgeschleudert. Wus Gesicht färbte sich grün vor Entsetzen.
Die Pistole krachte. Fünfmal schoß er vorbei. Steinsplitter spritzten. Erst
dann traf er die Schlange.

    Zhuo schoß sechsmal auf die
Levanteotter und konnte vier Treffer verbuchen. Mit der Schlange war’s aus. Wus
Wade blutete, und das Gift schien bereits zu wirken.
    Der Chinese stieß ein Geheul aus wie
ein mongolischer Steppenwolf, ließ seine Waffe fallen, drehte sich um die Achse
und sank zu Boden.
    Zhuo schrie einen chinesischen Text,
kniete neben seinem Komplizen und rüttelte ihn. Um beide Hände frei zu haben,
ließ auch Zhuo seine Pistole los. Sie fiel hinter ihn. Sofort erfaßte Karl die
Situation. Mit zwei schnellen Schritten sammelte er beide Waffen ein.

23. Wächter des Schatzes
     
    Die nächste halbe Stunde verlief
dramatisch.
    Bevor Zhuo zur Besinnung kam, war Tim
unten am Lagerplatz des Trios. Ohne seine Pistole wagte der Gangster keine
Gegenwehr — die ihm nichts eingebracht
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