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Herr der Schlangeninsel

Herr der Schlangeninsel

Titel: Herr der Schlangeninsel
Autoren: Stefan Wolf
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schwarzes: die
Nachbildung einer Hai-Flosse.
    Tim hatte noch Luft. Wütend glitt er
dem Schwimmer unter Wasser entgegen. Der bemerkte ihn — offensichtlich auch das
gleißende Messer. Rasch drehte der Typ ab. Dann sah Tim nur noch die wirbelnden
Fuß-Flossen. Wie ein Torpedo verschwand der Vermummte in der dunklen Weite der
Bucht.
    Tim tauchte auf, schnappte nach Luft
und sah, wie sich die Dreieck-Flosse dem Ufer näherte.
    Verfolgung war aussichtslos. Der
Vermummte schwamm wie der Teufel. Mit fünf Flossen am Leib war er schneller als
Tim.
    „Du hast den Hai vertrieben“, gröhlte
Klößchen.
    „Von wegen Hai. Das ist ein Kerl mit umgeschnallter
Rückenflosse. Ich glaube, der Herr der Schlangeninsel hat den ersten Versuch
gemacht, uns von seinem Territorium fernzuhalten.“
    Gaby zitterte noch.
    Tim kletterte zu ihr auf das Plateau
und nahm sie in die Arme.
    „Du hättest dich für mich geopfert“,
sagte sie. „Das vergesse ich dir nie.“
    Er lachte und ließ sich nicht anmerken,
wie der Schreck ihm in Muskeln und Knochen steckte.
    „Opfern wollte ich mich eigentlich
nicht, sondern den Fisch tranchieren. Gemeiner Trick von dem Kerl! Leider gibt
es Haie im Mittelmeer. In der Ägäis werden sie bis zu fünf Meter lang, die
verschiedenen Arten. Einige sind harmlos. Trotzdem gilt die Devise: Traue nie
einem Hai. Allerdings — hier in der Bucht kann keiner sein. Er wäre ja
eingeschlossen wie in einem Bassin.“
    Alle äugten zum Ufer.
    Wann stieg der Schwimmer an Land?
    „Er ist nicht mehr zu sehen“, sagte
Karl, „ist vermutlich in eine Höhle geschwommen, die einen Ausgang nach oben
hat. Schwimmen wir rüber oder sollten wir nicht doch lieber paddeln?“
    Sie machten die Kette los, schoben das
Kanu in die Bucht und legten auch das letzte Stück Weges auf die bewährte Weise
zurück.
    An einem felsigen Ufer betraten sie die
Insel, das Kanu machten sie dort fest. Alle zogen die Turnschuhe an und auch
die T-Shirts, denn die Sonne brannte fürchterlich. Klößchen setzte seinen
Strohhut auf.
    Jeder nahm sein Stech-Paddel mit. Damit
konnte man im Notfall eine Schlange erschlagen.
    „Mal sehen, was uns erwartet“, sagte
Tim. „Der Surfer Demetrios ist hier gelandet. Weshalb? Weil er vermutlich
Brüderchen Nick, Antonia und Edgar besucht. Die sind seit gestern hier, glaube
ich, und auf ihr Konto geht das Kanu, das Kurt vermißt. Der fünfte, mit dem wir
rechnen müssen, ist der Verrückte, der auch als Haifisch auftritt. Also los!
Und achtet auf Schlangen!“
    Er ging voran, Karl folgte — dann Gaby.
Klößchen trottete hinterher. Sie kamen nur langsam voran, denn Tim prüfte jeden
Meter Boden, bevor er den Fuß darauf setzte.

21. Steinhagel
     
    Es war eine felsige Mulde auf der
Westseite der kleinen Insel. Auf drei Seiten erhoben sich steile, klippenartige
Felswände bis zu einer Höhe von sieben oder acht Metern. Nur ein geübter
Freikletterer hätte den Aufstieg ohne technische Hilfsmittel geschafft.
    Aber das wollten Nick Klaudonia, seine
Braut Antonia und der Trickdieb Edgar Rusel gar nicht.
    Über vier Holzstangen, die man im Boden
befestigt hatte, war ein Sonnensegel gespannt. Das geklaute Kanu diente als
Tisch und Sitz zugleich. In etwa 20 Meter Entfernung schwappte das Meer gegen
den Strand. Er war an dieser Stelle anderthalb Meter hoch: ein ausgewachsener
Fels. Große Krebse und krabbenartige Lebewesen krochen darauf herum. Die
moosigen Steine rochen nach Tang und totem Fisch.
    Dernetrios hatte Surfbrett und Segel am
Ufer abgelegt. Jetzt saß er bei dem Trio.
    Antonias Gesicht war ein einziger
Flunsch. Ihr langte es. Sie hatte die Nase voll. So ganz ohne Komfort sich in
dieser Wildnis zu verstecken, das war für die junge Frau ein Ding der
Unmöglichkeit geworden — zumal sie die europäische Zivilisation inzwischen gut
kannte.
    Edgar hatte einen Sonnenbrand, schälte
sich auf der Nase und litt seit gestern unter Durchfall. Seinen
Griechenland-Urlaub hatte sich der Trickdieb anders vorgestellt. Sei’s drum.
Wenn alles überstanden war, hatte er was zum Erzählen.
    Nur Nick strahlte. Mit beiden Händen
hielt er den Jade-Tiger, zeigte das Kunstwerk seinem Bruder Demetrios. Der
staunte übers ganze Gesicht. Aber man merkte ihm an: Eine Schweizer Armbanduhr
mit Datums-Anzeiger oder ein tragbarer Farbfernseher wäre ihm allemal lieber
gewesen.
    Nick und Demetrios unterhielten sich
auf griechisch.
    Deshalb verstand die TKKG-Bande kein
Wort, obwohl die vier nur drei Weitspuck-Längen entfernt waren:
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