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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis
Autoren: Robert Silverberg
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doch, du träumst davon, große Reiche zu errichten, während du dort sitzt und döst: Das weiß ich. Aber das ist völlig falsch, Andubatil! Reiße nieder! Baue nichts auf! Mache die Erde rein! Die große Mutter wird durch all dieses Bauen befleckt und entwürdigt. Kannst du nicht hören, wie sie weint? Bei meinem Mokisso, ihr Weinen klingt in meinen Ohren laut wie ein Donner! Ich sehe meine Aufgabe immer noch und sehne mich danach, sie zu vollenden.«
    »Ich glaube, du wirst damit keinen Erfolg haben, ohmächtiger Imbe-Jaqqa!«
    Er lachte sein diabolisches Gelächter und sagte: »Manchmal fürchte ich, daß du recht haben könntest, Andubatil! Ich habe nicht genug Zeit, nicht genug Kraft. Ich habe Niederlagen erlitten, und sie haben mich um Jahre zurückgeworfen. Aber ich werde daran festhalten. Es wäre leichter gewesen, wärest du mir treu geblieben und hättest mich nicht verraten. Aber ich vergebe dir. Hat nicht auch dein Herr Jesus Verrat gekannt und seinem Judas vergeben?«
    »Du bist nicht zufrieden, der Satan zu sein, du mußt auch noch Jesus sein, o Imbe-Jaqqa?«
    »Ich bin die Welt und alles, was sie enthält«, sagte der Herr der Finsternis zu mir. »Ich gewähre dir Vergebung und rufe dich an meine Seite zurück, und wir werden Brüder sein, du und ich, der weiße Jaqqa und der schwarze.«
    »Nay, Calandola. Dies ist für mich alles vorbei.«
    »Ist es das? Aber es ist ein Jaqqa in dir. Es ist ein Jaqqa in jedem Menschen, Andubatil, das weiß ich: doch besonders in dir. Er ist ein Teil von dir, und du kannst ihm niemals entkommen.«
    »Aber ich kann ihm widerstehen, Fürst Calandola. Das ist mein Stolz: daß ich dem Jaqqa in meiner Seele widerstehe und ihn bezwinge und über ihn triumphiere. Geh, Fürst Calandola, und laß mich allein: Ich bin alt, ich habe nicht den Wunsch, in den Krieg zu ziehen, und ich habe dich in meinem Herzen besiegt.«
    »Ah, ist dem so?«
    »Dem ist so.«
    »Nun gut«, sagte er. »Ich werde allein weitermachen. Und wenn mir nicht die Zeit bleibt, meine Aufgabe zu vollenden, wird es andere Imbe-Jaqqas nach mir geben. Ich weiß nicht, wer sie sein werden, und vielleicht werden es Jaqqas mit weißer Haut sein, die in deinem Europa oder in noch unbekannten Ländern geboren werden. Doch sie werden sich erheben und hervortreten, diese Könige des Schwertes, und sie werden mein Werk vollenden und das Ding fortwischen, das als Zivilisation bekannt ist, und dann wird die Erde wieder glücklich sein. Das sage ich dir voraus, o Andubatil. Das sehe ich ganz deutlich. Und nun leb wohl. Doch ich glaube, daß ich zu dir zurückkehren werde.«
    Und er verwandelte sich wieder in schwarzen Rauch und verschwand, und ich saß allein mit meinem Seidel da.
    Ich bete darum, daß er sich mit seiner Vision irrt.
    Doch mit einem abartigen Teil meiner Seele, der sich meinem Verständnis entzieht, heiße ich dieses Hinwegfegen der Zivilisation beinahe willkommen. Es wäre wie die Sintflut des Noah, die die Welt vom Bösen befreit. Ihr seht jetzt, wie verworren ich rede: In einem Atemzug davon, Reiche zu errichten und sie niederzureißen. Doch Ihr wißt aus der Geschichte dieses meines langen Abenteuers, daß ich ein Mann der Gegensätze bin und der großen inneren Unterschiede. Ich möchte die Welt nicht zerstört sehen, und dennoch erkenne ich die seltsame Schönheit vom Traum des Imbe-Jaqqa. Und wenn sie ein Ende finden muß und er seine Vision verwirklicht, nun, dann wird es vielleicht zu unserem Besten geschehen, denn er würde uns damit einen neuen Anfang schenken, wenn nur die Besten von uns überleben und fortbestehen und obsiegen und ein neues Reich errichten. Denn so setzt sich der ewige Kreislauf fort: Ein Reich wird errichtet, zerstört und wieder aufgebaut.
    Doch dies alles wird ohne mich geschehen. Ich sitze hier und schreibe und träume von fernen Ländern und werde alt, und die Welt bewegt sich um mich herum. Es heißt, Walter Raleigh werde den Kopf verlieren, weil er Spanien beleidigt habe, als er auf die Suche nach dem Land El Dorado ging. Bei Gottes Tod, sein Schicksal klingelt seltsam in meinen Ohren! Und ich kann hören, was Königin Bess sagen würde, wenn sie wüßte, daß ihr Raleigh geköpft wird, weil er Spanien gegenüber zu unfreundlich war. Doch dies ist eine neue Zeit, und sie ähnelt der ihren nicht sehr und auch nicht der Raleighs oder der meinen. Ich schreibe nur mein Buch, denke nach und schüttle manchmal den Kopf.
    Meine süße Kate Elizabeth hat mir einen Mann
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