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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis
Autoren: Robert Silverberg
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englischen Welt jenseits der Meere, und ich hoffe, mit meinen Worten auf eine Art und Weise dafür einzutreten, die Eindruck hinterläßt. Dies ist eine sehr kleine Insel, und sie hat wenig eigenen Reichtum, nur ein paar Schafe, etwas Gras, ein paar Bäume und so weiter. Doch wir sind Engländer, und das heißt, daß wir eine innere Kraft haben, die den meisten anderen Völkern nicht gegeben wurde, und ich glaube, daß wir in die Welt hinausgehen, sie nach unserem Muster formen und sie zu unserer Erhöhung und zum allgemeinen Nutzen verwenden sollten.
    Diese Vorstellung ist nicht neu. Als ich ein kleiner Junge war, hörte ich, wie Francis Willoughby zu meinem Vater sagte, es sei für uns Engländer die Zeit gekommen, uns wie Samen auf der Erde zu verstreuen oder auszubreiten wie geworfene Münzen, sagte er auch, helle, funkelnde Münzen. Dies ist ein hübscheres Bild, doch mir gefallt das mit dem Samen besser, denn solch ein Samen wächst mit der Zeit zu einer mächtigen Eiche heran. Nun, und viele von uns sind wahrhaftig über die Erde verstreut worden, doch es ist an der Zeit, darüber nachzudenken, was der tiefere Sinn dieses Zerstreuens ist.
    Wie England es derzeit handhabt, mit dem Freibeutertum und so weiter, ist es vergeblich. Wir können nicht groß werden, indem wir den Reichtum anderer stehlen. Noch können wir bloß in tropische Länder gehen und den Leuten dort die Schätze rauben, die sie haben. Wir müssen uns niederlassen, Wurzeln schlagen und bauen; wir müssen ein Reich schaffen, das überall tiefe Wurzeln schlägt, wie die der himmelanstrebendsten Bäume. Denn auf diese Art werden wir die Größe erreichen, die uns durch unser Blut vorbestimmt ist.
    Die Portugiesen haben gut daran getan, durch die Anstrengungen ihrer kühnen Forscher vor über einhundert Jahren Afrika zu öffnen. Doch sie haben nur die Kanten geöffnet, und ihre Häfen liegen weit auseinander, und sie haben keine Anstrengungen unternommen, ins Landesinnere vorzudringen.
    Ich glaube, wir könnten die Portugiesen mit Leichtigkeit verdrängen – oder besser friedlich im Zaume halten und überwältigen –, wenn wir vom Kap der Guten Hoffnung aufwärts und durch das Landesinnere ziehen. Dann würde der Reichtum Afrikas uns gehören; nicht seine Sklaven noch seine Elephanto-Zähne, sondern der wahrere Reichtum seiner Äcker und Weiden. Wir könnten in dieser wunderbaren Fruchtbarkeit ein zweites England errichten, ein England, das fünfzig Mal so groß ist wie das unsere.
    Und wenn wir nicht als Tyrannen und Oberherren unter die Schwarzen gingen, sondern als ältere Brüder, und ihnen unsere Weisheiten geben und ihnen nichts aufzwingen, könnten wir sie als Partner und nicht als Sklaven in unser Reich aufnehmen. Dies ist eine überaus kühne und befremdliche Vorstellung: Aber ich kenne diese Leute besser als irgendein anderer in England, und ich sage Euch, wir könnten es vollbringen, wenn wir die Gelegenheit jetzt nur am Schopfe fassen und es wagen. Denn in weiteren fünfzig Jahren wird es zu spät sein; die Portugiesen und Holländer und Franzosen werden Afrika unter sich aufgeteilt haben, und sie werden es vernichten, wie in der neuen Welt schon so viel durch die Ankunft gieriger Männer aus Europa vernichtet worden ist.
    Das ist also meine Vision. Natürlich gibt es auch noch eine andere Vision, die ich nicht vergessen darf, und zwar die des Imbe-Jaqqa, Fürst Calandola.
    Dieses dunkle Geschöpf kommt noch immer zu mir, in meinem Schlaf oder manchmal auch, wenn ich am Feuer sitze und über meinem Ale döse. Er hat mich erst vor einer Woche besucht, als er mit seiner Magie aus einer Rauchsäule feste Gestalt annahm und mit seiner gewaltigen, sich auftürmenden Masse mein Gesichtsfeld ausfüllte, schwarz wie die Nacht und vor der üblen Schmiere glänzend, in die er so vernarrt ist.
    »Andubatil?« sagte er mit einer Stimme, die so tief war wie die tiefste Violine.
    »Aye, Fürst Imbe-Jaqqa!«
    »Bist du zufrieden dort in England? Sieh, draußen fällt der weiße Schnee. Fröstelt es dich nicht?«
    »Ich bin im Haus, Fürst Calandola.«
    »Komm zurück. Komm zurück und geselle dich zu mir und bringe hundert Engländer deines Formats mit und viele Musketen. Denn wir werden bald marschieren. Die Welt schreit danach, vernichtet zu werden.«
    »Ich habe nicht den Wunsch, sie zu vernichten, Fürst Calandola.«
    »Ah, Andubatil, Andubatil! Ich dachte, du wärest einer von uns! Ich dachte, du hättest dir meine Weisheit angeeignet. Schau
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