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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis
Autoren: Robert Silverberg
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eine Hochzeit von April und November! Ich spielte mit dem Gedanken, wie ich mit dem gespielt hatte, die Nonne Schwester Isabel mit nach England zu nehmen, und hielt ihn für genauso unmöglich. Und ich schüttelte den Kopf und drehte mich zu meiner Stiefmutter um und sagte leise: »Sie ist nicht Anne Katherine. Und ich bin nicht der Andy Battell, der vor fünfundzwanzig Jahren der Anne Katherine diese Perle geschenkt hat. Ich liebe dieses Kind, aber nicht als meine Frau, Mutter Cecily. Das könnte ich nicht von ihr verlangen.«
    »Als ich sie holte, habe ich ihr gesagt, du würdest sie vielleicht fragen.«
    »Das hast du?«
    »Sie ist fast im richtigen Alter. Du würdest ihr gleichzeitig Mann und Vater sein. Ich dachte, es sei eine gute Partie.«
    »Und sie?«
    »Sie auch, glaube ich. Obwohl du sie ein wenig verschreckt hast, mit deinem wilden Haar und Bart und dem Schrei, den du ausgestoßen hast, als sie hereinkam. Doch dich hatte die Überraschung gepackt; und das Haar kann man schneiden.«
    »Nay«, sagte ich. »Es ist unmöglich.«
    »Sie würde es tun.«
    »Das weiß ich. Aber ich könnte es nicht. Aber ich habe eine andere Idee. Rufe sie zurück, Mutter Cecily.«
    Was sie tat, und das Mädchen kam in das Zimmer, und ich sah noch immer die Furcht in ihren Augen; denn ich wußte, daß sie mich heiraten würde, wenn ich sie bat, denn sie brauchte den Schutz eines Mannes, wenngleich sie nicht den eines so alten und verbrauchten und rauhbeinigen Seefahrers verlangte, wie ich es war.
    »Kate«, sagte ich, »ich bin nach Hause gekommen, um hier zu leben, und meine Abenteuer haben mich ermüdet, und ich möchte nicht allein leben. Willst du bei mir wohnen und meine Tochter sein?«
    »Eure… Tochter?«
    »Aye. Das Kind, das ich von Anne Katherine hätte haben können, hätte das Schicksal uns anders mitgespielt. Denn ich habe niemanden sonst, bis auf die alte Mutter Cecily und diesen schwarzen Knaben, meinen Diener. Und diese Welt, dieses England, ist mir fremd geworden. So können wir einander helfen, du und ich, indem wir den vor uns liegenden Geheimnissen ins Auge sehen, denn ich habe eine schwer gewonnene Weisheit, und du hast Jugend und Lebenskraft. Wenn du mein Haus mit mir teilst, könnten wir unsere Anstrengungen und unsere Stärken miteinander teilen. Sollen wir?«
    »Eure Tochter«, sagte sie verwundert.
    »Sagen wir Stieftochter. Ich werde dich als die meine adoptieren. Soll es so sein, Kate Elizabeth?«
    »Aye«, sagte sie. »Aye, das laßt uns tun, denn es gefällt mir sehr gut!« Und ihre Augen strahlten vor Glück, sowohl, so schätze ich, vor Erleichterung wie auch vor Freude.
6
    So haben wir in den vergangenen drei Jahren in dem alten Haus der Battells gelebt: Kate Elizabeth in ihrem Schlafzimmer und ich in meinem, und Mutter Cecily in dem ihren, bis sie zur letzten Osterzeit leise der Tod im Schlaf ereilt hat. Kate Elizabeth sorgt für mich, und ich sorge für sie, und wir beide sorgen für ihre beiden jüngeren Brüder und meinen Schwarzmohren Francis, der uns gut dient. Und für die Welt sind wir Vater und Tochter, und so werden wir es sein, bis irgendein Verehrer kommt und sie mitnimmt. Was nun jeden Monat geschehen kann, so sehr wird sie umfreit.
    Ich frage mich oft, ob ich sie hätte heiraten sollen, als es mir möglich war. Denn sie ist freundlich und schön und warmherzig und hätte mir im Bett sehr viel Freude gespendet; und ich bin noch nicht ganz ohne Lust, denn einmal habe ich Kate Elizabeth zufällig bei ihrem Bad beobachtet, und der Anblick ihrer Brüste und Schenkel und goldenen Locken erweckte eine so heftige Begierde in mir, daß sie mir beinahe die Tränen aus den Augen gezwungen hätte; doch ich habe es sofort wieder unterdrückt. Sie weiß nichts davon; noch wird sie es jemals erfahren.
    Ich war in diesen Jahren damit beschäftigt, diese meine Erinnerungen niederzuschreiben. Ich weiß, es ist eine sehr lange Geschichte, doch dafür entschuldige ich mich nicht, denn mir ist viel zugestoßen, und ich möchte nichts davon auslassen. Nicht, daß ich irgendein ungewöhnlicher Mensch wäre, nur ein einfacher und glücklicher Mann, ehrbar genug, Gottes Gnade zu gewinnen, und kräftig genug, meine Mißgeschicke zu überstehen. Doch wo ich gewesen bin und was ich gesehen habe, ist nicht unwichtig, und ich möchte einen Bericht darüber machen, genau wie andere Reisende der Vergangenheit ihre Berichte gemacht haben, angefangen bei Marco Polo aus Venedig.
    Denn ich habe die Vision einer neuen
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