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Herbsttagebuch: Roman (German Edition)

Herbsttagebuch: Roman (German Edition)

Titel: Herbsttagebuch: Roman (German Edition)
Autoren: Kerstin Hohlfeld
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das
ein Krimi!«
    »In der
Tat.«
    »Und Augustas
Eltern haben ihre eigene Tochter für tot erklären lassen? Das ist hart.«
    »Heute schwer
vorstellbar, nicht wahr? Aber damals waren die Zeiten einfach anders.«
    Ich muss
an Augustas superkonservative Mutter denken. Niemals Gefühle zeigen. Wahrscheinlich
hat sie die Entscheidung ihrer Tochter keinen Moment verstehen, geschweige denn
gutheißen können. Dann lieber tot.
    Mich überläuft
ein Schauer.
    »Was ist
nach der Flucht aus Augusta geworden?«, frage ich, um mich von diesen Gedanken abzulenken.
»Wie hat sie gelebt?«
    Die Frau
hakt sich bei mir unter. »Kommen Sie, Kindchen. Es ist zu kalt, um im Wald weiterzuplaudern.
Wenn Sie mögen, begleiten Sie mich auf eine Tasse Tee in mein Haus. Da kann ich
Ihnen erzählen, was Sie wissen möchten.«
    Ich nehme
gern an.
    »Das hübsche
Büchlein nehmen Sie besser mit«, sagt meine Begleiterin, während sie das Tannengesteck
sorgsam vor den Stein bettet. »Wie Sie nun wissen, ist das hier kein Grab. Es ist
nur ein kleiner Gedenkstein und es nützt keinem, wenn Sie kostbare Erinnerungen
im Wald liegen lassen.«
    »Ich bin
Rosa«, sage ich.
    »Ich bin
Hildegard Schmidt.«
    Wir schütteln
uns die Hände – zwei Augusta-Verehrerinnen unter sich.
    Kurze Zeit
später betreten wir ein gepflegtes zweistöckiges Haus in der Nähe des Hofes.
    »Wie kam
es, dass Ihre Freundin das Gut jetzt erst zurückhaben wollte?«, fragt Hildegard,
als wir eintreten.
    »Sie wusste
nichts von ihrem Besitz«, antworte ich. »Die entsprechenden Papiere und Augustas
Testament hat Vicki erst vor Kurzem gefunden, hinter einem ziemlich hässlichen Gemälde
von Augusta versteckt, und deshalb konnte sie in letzter Sekunde den Abriss von
Gut Kletzin verhindern.«
    »Das war
knapp.«
    »Hatte Augusta
wirklich keine Kinder?«
    Hildegard
schüttelt den Kopf, während sie die Schuhe auszieht und unsere Jacken sorgsam in
die Garderobe hängt. »Sie blieb kinderlos. Aber sie hatte ein großes Herz, war immer
für andere da. Sie hat meine Mutter, ihre Geschwister und deren Kinder ihr Leben
lang unterstützt. Wir haben Krieg, Not und Hunger mit ihrer Hilfe überlebt.«
    »Das passt
zu ihr«, sage ich. »Doch wie sind Friedrichs Nachkommen an Gut Kletzin gekommen,
obwohl es ihnen nie gehörte?«
    »Kurz nach
der falschen Hochzeit zeigte Friedrich von Oranienbaum sein wahres Gesicht«, erzählt
die alte Dame. »Natürlich hat er die Komödie nur aus einem einzigen Grund mitgespielt:
um doch noch an Augustas Besitz zu kommen. Er erhob Anspruch auf alles, was
Augusta mit in die Ehe gebracht hatte, und das war nicht wenig. Augustas Vater,
Richard von Liesen, war ein großzügiger Mann und bekannt dafür, sein Kind aufrichtig
zu lieben. Falls er damit gerechnet hatte, Friedrich würde sich nach der Eheschließung
mit einer stattlichen Entschädigung zurückziehen und nach Ablauf der Trauerfrist
eine neue Ehefrau suchen, hatte er sich getäuscht. Oranienbaum wollte alles, und
so kam es, dass er auch Kletzin für sich beanspruchte. Augustas Vater konnte nichts
gegen ihn unternehmen, ohne dass der Betrug mit der falschen Ehe aufgeflogen wäre.
Er erkrankte kurz darauf und starb. Ich nehme an, Augustas Besitzurkunde ist in
den Wirren des bald folgenden Krieges in Vergessenheit geraten. Sie selbst ist nie
zurückgekehrt und so blieb alles im Besitz der Oranienbaums.«
    »Bis wir
die Papiere wiedergefunden haben. Warum hat Augusta sie wohl nicht beim Notar gelassen?«
    »Wem konnte
sie denn vertrauen?«
    »Ob Magda,
Ihre Mutter, den Umschlag hinter das Bild geklebt hat?«
    »Das hätte
sie uns erzählt«, antwortet Hildegard, bittet mich in ihre gemütliche Küche und
setzt Teewasser auf. »Ich denke, es ist Augusta selbst gewesen, in der Hoffnung,
irgendwann würde ihn jemand finden und der Gerechtigkeit zum Sieg verhelfen.«
    »Genauso
wie ihr Tagebuch«, ergänze ich. »Ich hatte gleich so ein Gefühl, als ich es unter
einem Regal gefunden habe.«
    Mir schwirrt
der Kopf von all den Neuigkeiten, aber ich bin glücklich. Da habe ich Vicki nachher
eine Menge zu erzählen. Sie wird Augen machen.
    »Sie kommen nachher auch zur großen Adventsfeier, Rosa?«
    »Große Adventsfeier?«
    »Am Gutshaus. Der Ponyhof hat eingeladen. Sie machen ein Feuer.
Es gibt Würstchen und Glühwein. Das ganze Dorf will heute mit den neuen Schlossbesitzern
feiern.«
    »Da komme ich gerne mit«, sage ich fröhlich, frage mich allerdings
gleichzeitig, warum Vicki und Daniel keinen Ton von der
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