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Herbst - Ausklang (German Edition)

Herbst - Ausklang (German Edition)

Titel: Herbst - Ausklang (German Edition)
Autoren: David Moody
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und Harte bestiegen das Boot. Es sah so aus, als würde es genauso eng werden, wie Driver vermutet hatte. Er steckte seine vielfach gelesene Zeitung in die Reisetasche, dann ließ er sie am Rand des Stegs stehen.

61
    Das Boot war nie für Hochseefahrten gedacht gewesen. Das überladene kleine Gefährt hätte sich auf Flüssen oder entlang der Norfolk Broads wesentlich wohler gefühlt und hatte spürbar zu kämpfen. Die Euphorie der Gruppe darüber, es endlich vom Festland geschafft zu haben, legte sich rasch und wurde von einem unbestreitbaren Unbehagen verdrängt. Sie lagen unangenehm tief im Wasser, und trotz des relativ klaren Himmels, schaukelte der Wind immer noch Wellen auf und ließ sie wiederholt vom Kurs abkommen. Die sieben auf dem Boot zusammengepferchten Überlebenden froren, waren nass und fürchteten sich.
    Aber es hätte schlimmer sein können.
    Sie hätten vergangenen September wie alle anderen sterben können, dachte Lorna. Sie hätten wie Ellie und Anita krank werden und ganz allein ihr Leben aushauchen können, völlig verängstigt und in ihren eigenen Ausscheidungen. Sie hätten wie Webb, Martin Priest und zuletzt Jas unter dem Druck der Ereignisse zusammenbrechen oder einen vollkommen sinnlosen Tod sterben können wie Ainsworth, Hollis und Jackson. Sie hätten im Inferno von Chadwick, in der Burg oder immer noch im belagerten Hotel festsitzen können, doch das taten sie nicht. Im Gegensatz zu den meisten Menschen, denen Lorna seit dem Ende der Welt begegnet war, hatte diese Siebenergruppe immer noch eine Chance. Doch ganz gleich, wie positiv sie sich zu stimmen versuchte, durch das endlose graue Wasser, dass sie umgab, fühlte sich die Lage wieder zunehmend hoffnungsloser an.
    Driver benutzte einen Kompass und eine Karte zum Navigieren und bemühte sich tunlichst, vor den anderen zu verbergen, dass er Schwierigkeiten dabei hatte. Obwohl sie vor der ärgsten Gischt geschützt waren, die alles und jeden durchnässte, gestalteten es die heftigen Wellen immer schwieriger, sich zu konzentrieren. Und dabei hatten sie gerade einen psychologisch wichtigen Punkt erreicht, wie er erkannte, als er aufschaute und sich nach Inspiration umsah. Sein letzter visueller Anhaltspunkt war hinter ihnen verschwunden. Leichte Spuren des über Chadwick hängenden Rauchs prangten noch wie ein Fleck am Horizont, doch davon abgesehen gab es weit und breit nichts. Er drehte sich wieder dem Bug des Boots zu und mied jeglichen Blickkontakt mit den anderen, um nicht eine weitere unangenehme, von leichter Panik durchwirkte Diskussion auszulösen, die ihnen auch nicht weiterhelfen würde. Stattdessen betrachtete er die Wellen; backbord, steuerbord, achtern, voraus ... in jeder Richtung sah er nur noch Wasser.
    Nach einer weiteren Stunde oder vielleicht etwas mehr hatte die stille Nervosität im Boot eine neue Stufe erreicht. Die Bedingungen verschlechterten sich. Der Wind war deutlich stärker geworden, und wenngleich man nicht wirklich von rauer See sprechen konnte, fühlte es sich für die sieben Personen, die in dem unzulänglich kleinen Boot von den Wellen durchgeschüttelt wurden, entschieden so an.
    Caron geriet allmählich in Panik. Lorna tat, was sie konnte, um sie zu beruhigen, obwohl sie selbst eine wachsende Anspannung verspürte. Michael zwängte sich an den anderen vorbei, um zu Driver zu gelangen. Harte tat es ihm gleich. Seine jähen Bewegungen wirkten deutlich weniger subtil als jene Michaels.
    »Wie lange noch?«, fragte er, als das Boot übelkeiterregend zur Seite schaukelte.
    »Woher soll ich das wissen?«, brummte Driver.
    »Du musst doch eine Ahnung haben.«
    »Hab mein Satellitennavigationssystem vergessen.«
    »Sei doch nicht gleich sauer.«
    »Dann hör auf, Quatsch zu reden. Du kannst ja aussteigen, wenn du willst.«
    »Haben wir Schwimmwesten?«, fragte Caron kläglich von hinten.
    »Sieht es so aus, als hätten wir Schwimmwesten?«, gab Harte verärgert zurück. »Würden wir sie dann nicht tragen?«
    »Würdet ihr wohl alle die Klappe halten, damit ich mich konzentrieren kann?«, brüllte Driver. »Dieser Lärm geht mir auf den Zeiger.«
    »Soll das heißen, dass du dich bisher nicht konzentriert hast?«, fragte Howard halb bei Bewusstsein. Das sinnlose Gezänk setzte sich fort, und Michael nutzte die Gelegenheit, um herauszufinden, wie viel davon gerechtfertigt war. Er klammerte sich an der Seite des Boots fest, als eine Welle von steuerbord dagegenkrachte. Sie erwies sich als größer als alle
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