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Herbst - Ausklang (German Edition)

Herbst - Ausklang (German Edition)

Titel: Herbst - Ausklang (German Edition)
Autoren: David Moody
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unbestreitbar das Gefühl, etwas vollbracht zu haben, weil er es bis zu diesem Moment geschafft hatte – im Gegensatz zu so vielen Millionen anderer hatte er überlebt. Und seltsamerweise freute er sich auch darüber, dass auf die eine oder andere Weise das Leiden für alle bald vorüber sein würde – für die Lebenden wie für die Toten. Er verstand, weshalb Michael den Bahnhof geöffnet hatte.
    Die anderen hatten ihn zurückgelassen. Kieran sah sich noch einmal um, dann rannte er wieder los, hatte noch den halben Weg aufs Dach vor sich. Seine Lunge fühlte sich an, als wäre sie voller Rauch, und jeder Schritt erforderte gewaltige Anstrengung. Seine Oberschenkel brannten, trotzdem blieb er in Bewegung und weigerte sich, anzuhalten.
    Schließlich erreichte er das Dach und überquerte es, um sich zu den anderen zu stellen, die den Blick über die brennende Ortschaft wandern ließen. Dichte schwarze Rauchwolken stiegen ungebrochen von dem Gebiet entlang der Küste auf, das in Flammen stand. Die dunklen, wallenden Schwaden wurden in diese Richtung geweht und blockierten teilweise die Sonne. Aus dieser Höhe sah die Welt entschieden apokalyptisch aus – wie am Tag des Jüngsten Gerichts. Was denke ich denn da? , fragte er sich ironisch. Das kann nicht Armageddon sein. Die Welt hat schon vor Monaten geendet .
    »Habt euch ja ganz schön Zeit gelassen«, sagte eine Stimme. Kieran wirbelte mit pochendem Herzen herum. Ihm gegenüber stand eine vertraute, ungepflegte Gestalt mit einer Reisetasche über einer Schulter und einer Zeitung unter dem Arm.
    »Leck mich am Arsch«, stieß er hervor. »Hallo Driver.«
    »Was zum Teufel machst du hier?«, fragte Lorna.
    »Was glaubst du wohl, dass ich hier mache? Ich hab gehört, dass es noch mehr Leute geben könnte, die eine Mitfahrgelegenheit brauchen.«
    »Aber was ist mit den anderen? Sind die nicht auf der Insel?«
    »Ich denke schon. Hab mich freiwillig dafür gemeldet, hier zu bleiben.«
    »Du hast dich freiwillig gemeldet? Warum?«
    »Weil ich wusste, dass noch jemand kommen würde. In letzter Zeit hast du dich als genauso aalglatt erwiesen wie ich«, sagte er und zeigte auf Harte. »Ich dachte mir, wenn es jemand schafft, noch einmal aus der Burg zu entkommen, dann du.«
    »Aber warum hier?«
    »Harry meinte, das wäre die wahrscheinlichste Stelle. Er sagte, ihr würdet wahrscheinlich hier raufkommen und nach dem Helikopter Ausschau halten – und er hatte recht.«
    »Und wo ist er?«
    »Der Helikopter?«
    »Klar, der Helikopter. Was denkst du denn, dass ich gemeint habe?«
    »Oh, soweit ich weiß, ist er noch auf der Insel.«
    »Und was tun wir jetzt? Hast du etwa vor, uns mit dem Bus hinzubringen?«
    »Etwas in der Art. Ich habe eine andere Möglichkeit.«
    Caron ging auf Driver zu, erfüllt von widerstreitenden Emotionen.
    »Ich könnte dich echt küssen ...«, sagte sie.
    »Vielleicht später«, erwiderte er und freute sich still, als er die anderen zurück ins Erdgeschoss führte.

60
    Der Abstieg dauerte weniger als halb so lang, wie sie gebraucht hatten, um das Dach zu erklimmen. Vorstellungen und Erklärungen wurden rasch auf dem Weg nach unten erledigt. Als sie in der untersten Ebene ankamen, wurde Michael angesichts des Chaos auf den Straßen sofort wieder entschlossen.
    »Also, wie sieht der Plan aus?«
    »Wir gehen zu den Booten«, erwiderte Driver.
    »Das ist sinnlos«, warf Kieran ein. »Jas hat dort alles zerstört.«
    »Ich weiß, ich hab ihn beobachtet. Solcher Vandalismus geht mir echt gegen den Strich. Ich weiß auch, dass ihr die halbe Stadt abgefackelt habt, aber ich vermute mal, dafür hattet ihr einen Grund. Was er getan hat, war einfach nur dumm.«
    »Und wohin gehen wir?«
    »Ich hab mit deinen Freunden Richard und Harry geredet, bevor sie aufgebrochen sind«, sagte Driver zu Michael. »Es gibt noch eine Möglichkeit, sofern wir es an diesen Massen vorbei schaffen.«
    Er beobachtete die näheren Leichen mit demselben nervösen Misstrauen, das Jas gezeigt hatte.
    »Sie werden dir nichts tun«, sagte Caron.
    »Und du erwartest, dass ich das glaube? Nach allem, was wir durchgemacht haben?«
    »Wir wären nicht hier, wenn es nicht stimmte«, warf Michael ein.
    »Gutes Argument«, räumte Driver ein, der wusste, dass er ohnehin keine Wahl hatte. »Also gut, hier lang.«
    Er führte sie in Richtung des Jachthafens, wobei er sich am Rand der gewaltigen Masse der Leichen hielt, die immer noch aus dem Bahnhof strömten und auf das Feuer zuhielten. Die
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