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Herbst - Ausklang (German Edition)

Herbst - Ausklang (German Edition)

Titel: Herbst - Ausklang (German Edition)
Autoren: David Moody
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bisherigen Wogen, schwappte über das Deck, durchnässte alle, flutete den Boden mit etwa einem Zentimeter Wasser und steigerte Carons Nervosität zusätzlich.
    »Hast du irgendeine Ahnung?«, fragte Michael leise. Driver sah ihn an.
    »Ich will dich nicht belügen«, erwiderte er. »Ich bin mir nicht ganz sicher. Ich meine, ich habe einen Kurs und halte mich bestmöglich daran, aber es ist schwierig. Dieses Boot ist echt nicht ideal, und das Wetter wird zunehmend schlimmer.«
    »Wie lautet die Prognose?«
    »Wir kreuzen nach Möglichkeit noch etwa eine Stunde in diese Richtung. Dann fangen wir mit den Leuchtsignalen an.«
    »Leuchtsignalen?«
    Driver senkte den Blick und trat mit der Schuhspitze gegen die Tür eines wasserfesten Schranks.
    »Das war der Plan«, erklärte er. »Richard meinte, wir sollen so nah wie möglich zur Insel fahren und dann ein Leuchtsignal hochjagen. Eines jede Stunde.«
    »Und dann?«
    »Dann sieht er uns hoffentlich irgendwann und kommt raus, um uns hinzulotsen.«
    Michael nickte nachdenklich. Es klang nach einem ziemlich armseligen Plan, trotzdem noch etwas besser, als er erwartet hatte. Im schlimmsten Fall konnten sie die ganze Nacht lang Leuchtsignale abfeuern, bis irgendjemand auf der Insel sie sah. »Und wie viele Leichtsignale haben wir da drin?«
    Driver sah ihn an, bevor er sichtlich zögernd antwortete. »Drei.«

62
    Die wachsende Panik von Drivers Passagieren war von mehreren Faktoren ein wenig gedämpft worden. Carons ständiges Heulen und Klagen schien sie erschöpft zu haben. Mittlerweile gab sie sich ruhiger, beinah wie betäubt, lehnte völlig durchnässt wie sie alle an der Seite des Boots und zitterte vor Kälte. Auch das Abfeuern des ersten Leuchtsignals hatte vorübergehend geholfen, die bedrückende Stille, die darauf folgte, hingegen weniger. Das zweite Leuchtsignal hatte die Anspannung erneut gelindert, aber vom Helikopter fehlte nach wie vor jede Spur.
    »Zeig mir noch mal, wo du glaubst, dass wir sind«, sagte Michael und blickte über Drivers Schulter auf die nasse Karte, schälte sie von der Instrumententafel des Boots und zerriss sie dabei versehentlich.
    »Vorsicht! Und überhaupt, was soll das?«, fragte Driver, schwankte mit dem Boot und hielt sich an der Seite fest, um sich abzustützen. »Das bringt doch nichts.«
    »Bitte.«
    Widerwillig zeigte es ihm Driver. Er zog mit dem Finger eine Linie zwischen Chadwick und Cormansey. »Das ist der Kurs, dem ich gefolgt bin, aber wie schon gesagt, ich habe keine Möglichkeit, genau zu messen, wie weit wir gekommen sind. Wir könnten nur noch wenige Kilometer vor der Insel sein, wir könnten noch nicht mal die Hälfte der Strecke geschafft haben.«
    »Ich weiß, ich weiß ...«, murmelte Michael und starrte erwartungsvoll auf die Karte, als hoffte er, irgendwie einen übersehenen Hinweis zu entdecken, etwas, das ihnen bisher entgangen war. Irgendetwas.
    »Felsen«, rief Lorna vom Heck des Bootes. Die gesamte Gruppe geriet auf dem engen Raum in Bewegung. Füße platschten durch mehrere Zentimeter hohes Wasser. Großer Gott , dachte Michael. Sie hat recht . Am Horizont zeichnete sich eine kleine felsige Erhebung ab. Michael drehte sich Driver zu, der bereits über den Resten der Karte brütete und darauf das zu finden versuchte, was sie sahen. Er umkreiste einen Bereich südlich von Cormansey.
    »Sieh mal. Jede Menge kleine Inseln. Das muss eine davon sein, oder?«
    Da es sonst rein gar nichts auf der Karte gab, vermutete Michael, dass er recht hatte.
    »Fahren wir hin?«
    »Scheint mir die sicherste Möglichkeit zu sein. Wir können sie zum Navigieren heranziehen. Oder sogar eine Weile dort anlegen, wenn es so aussieht, als würde die See noch heftiger.«
    Es gab keine weitere Diskussion. Mit frischer Hoffnung klammerten sich die anderen fest, wo immer sie konnten, als Driver das Boot wendete, auf die Felsen zu steuerte und insgeheim betete, es mögen weitere in Sicht geraten. Michael schwieg und ließ den Blick erst über die Gesichter ringsum, dann über das Meer wandern, das sich scheinbar unendlich präsentierte. Die Weiten des Ozeans machten ihm seine individuelle Bedeutungslosigkeit bewusst. Es spielte keine Rolle, wie gerissen, wie tapfer oder stark er gewesen war oder wie viel Glück er gehabt hatte, um es bis hierher zu schaffen – im Augenblick hing ihrer aller Schicksal von diesem unsteten Boot und den Wellen ab, durch die sie kreuzten. Selbst Driver war kaum noch von Nutzen. Er blieb zwar an der Steuerung
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