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Henry haut ab: Roman (German Edition)

Henry haut ab: Roman (German Edition)

Titel: Henry haut ab: Roman (German Edition)
Autoren: Tom Sharpe
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gefunden worden. Ich sage Ihnen, ich bin es gründlich leid, sie hier herumleiden zu sehen.«
    »Sie meinen, sie trauert um ihn?«
    Mrs. Bale lachte.
    »Ach woher! Das kommt vor allem daher, dass sie jetzt keine Ausrede mehr hat, jedes Wochenende nach Ipford zu fahren und mit dem Mann von der Werkstatt zu schlafen.«
    »Ja, nun …«, sagte Wilt, der sich immer noch höchst unwohl dabei fühlte, über Lady Clarissas Sexleben zu sprechen. »Ich gehe dann wohl mal lieber hinüber und erzähle ihnen das von der Leiche.«
    Er verließ die Küche und ging den Flur entlang zum Arbeitszimmer. Nur um zu entdecken, dass der Superintendent dort bereits bei Sir George und Lady Clarissa war, die sich die Augen ausheulte.
    Der Superintendent sah Wilt misstrauisch an.
    »Wo waren Sie denn?«, wollte er wissen. »Und wo wir gerade dabei sind, was hatten Sie eigentlich in der Nähe der Leichen zu suchen? Meinen Männern zufolge saßen Sie nicht weiter als vierzig Meter entfernt, als sie dort ankamen.«
    Wilt fand, dass er eine seltsame Art hatte, alles in die Mehrzahl zu setzen, wahrscheinlich um Sir George zu beeindrucken. Nervös schielte er zu Lady Clarissa hinüber und fragte sich, warum sie so außer sich war, wo doch die Leiche ihres Onkels jetzt zumindest gefunden worden war.
    »Na und? Ich wusste doch nicht, dass in der Nähe ein Grab war. Ich habe Ihren Beamten gesagt, dass ich einfach nur einen Morgenspaziergang gemacht habe, weit weg von dem Idioten, den ich unterrichten soll. Es ist Ihnen vielleicht nicht aufgefallen, aber der Bengel verbringt seine Zeit damit, auf alles zu schießen, was er sich bewegen sieht. Deshalb kann ich nur in der Morgendämmerung spazieren gehen. Und das ist auch der Grund, warum meine Frau mit den Vieren abgereist ist.«
    »Mit den was?
    »Mit unseren vier Töchtern, alle gleichzeitig geboren. Vier ist die Abkürzung für Vierlinge«, versuchte Wilt, Lady Clarissa lautstarkes Wehklagen zu übertönen, das jetzt sogar noch lauter geworden war.
    Der Superintendent beschloss, seine Vernehmungstaktik zu ändern.
    »Und was ist mit dem Geruch? Die Männer am Fundort haben gesagt, er sei ekelhaft gewesen … absolut widerlich. Wie konnten Sie sich da sorglos und in aller Ruhe entspannen? Nur vierzig Meter entfernt, und Sie wollen nichts gerochen haben? Der Spürhund hat es sofort gerochen.«
    »Ich bin aber kein Spürhund. Ich habe mich einfach nur da hingesetzt, um auszuruhen und die Aussicht zu genießen. Außerdem hat da eine frische Brise geweht, von Osten, die hat wahrscheinlich den Gestank in die andere Richtung getragen. Wenn die Leiche so schrecklich gestunken hätte, dass man es von meinem Platz aus hätte merken können, hätten Ihre Männer ja gar nicht in die Schonung eindringen müssen. Rausgekommen sind sie ja schnell genug.«
    »Stimmt«, gab der Superintendent verzweifelt zu. Dieser Mistkerl hatte auf jede Frage eine logische Antwort.
    »Aber sagen Sie mir doch«, setzte der Superintendent von neuem an und verengte dabei in dem Versuch, abgebrüht und professionell zu wirken, die Augen zu Schlitzen, »was haben Sie zu der zweiten Leiche zu sagen, zu der, die nicht gestunken hat?«

28
    Während er zuhörte, wie der Superintendent Wilt mit Fragen überschüttete, begann Sir George eins und eins zusammenzuzählen. Oh Gott, wie er den Tag verfluchte, an dem er eine schöne Frau mit der Moral einer rolligen Dorfkatze und einem Sohn geheiratet hatte, der ebenso wenig an einer Universität angenommen werden würde, wie er drei Kilometer in zehn Sekunden lief. Und nun das! Er wusste, dass es dieser junge Schwachkopf gewesen war, der die Leiche verschleppt hatte – wahrscheinlich für Zielübungen, so wie er ihn kannte. Und dann hatte dieser verfluchte Trottel sich offensichtlich auch noch aus Versehen selbst erschossen! Clarissa, die untröstlich war, würde ihren Ehemann teuer dafür bezahlen lassen, dessen war er sich sicher.
    Dass Edward sich das alles selbst eingebrockt hatte, davon war Sir George voll und ganz überzeugt, doch er mühte sich bereits ab, eine Möglichkeit zu finden, wie er den Skandal vermeiden könnte, der sich zwangsläufig ergeben und sich aller Wahrscheinlichkeit auf ihn konzentrieren würde. Dieser verfluchte Vikar würde sich weiß Gott diebisch darüber freuen. Wenn er Edwards Tod irgendwie Wilt anhängen könnte, sollte ihm das eine Chance verschaffen, noch einmal davonzukommen … und wenn Wilt für schuldig befunden wurde, könnte Clarissa nur sich selbst
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