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Hendlmord: Ein Starnberger-See-Krimi (German Edition)

Hendlmord: Ein Starnberger-See-Krimi (German Edition)

Titel: Hendlmord: Ein Starnberger-See-Krimi (German Edition)
Autoren: Ida Ding
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weiß, ob es dabei überhaupt um unseren Sohn geht, vielleicht haben die im Starnberger Gymnasium noch eine Emilia Halbreich oder so ähnlich?
    Das Telefon klingelt, ich springe auf und suche es. Ein Wettlauf mit der Zeit. Beim fünften Klingeln schaltet sich der Anrufbeantworter ein. Der Apparat steckt in einer Klorolle im Bad, als wäre das die Ladestation. Hechelnd gehe ich ran. «Ja … Halb … ritter hier.»
    «Du musst gleich herkommen.»
    Ich atme durch. «Ach, Willi, du bist es. Was gibt’s?» Der Pflaum Willi von der Gemeinde, manchmal braucht es ein paar Worte, bis ich raushöre, wer spricht.
    «Hör mal, dein Vater, äh, Schwiegervater führt sich auf hier, wenn der so weitermacht, bricht der mir noch zusammen. Er blockiert die Tür, lässt mich nicht mehr aus meinem Büro raus und auch keinen zu mir rein. Dabei erwart ich in Kürze eine neue Bleistiftlieferung.»
    Im Hintergrund höre ich den Fidl fluchen. Was sucht der denn im Rathaus, der hat’s doch vorhin so eilig gehabt? Ich schaue aus dem Fenster, und mir fällt auf, dass sein Bus noch bei uns im Hof steht. Ist er etwa zu Fuß ins Dorf gestapft?
    «Ich bin sofort da. Bis gleich.» Schnell lege ich auf und drücke die Neun, die eingespeicherte Nummer von der Grundschule. Bei denen ist kein Automat dran, wie man erwarten würde, sondern schon die Schulsekretärin, dabei ist es (oder war es, bevor ich hier raufgerannt bin) erst zwanzig nach sieben. Ich kann mir nicht verkneifen, die Frau Mörwald zu fragen, wie’s ihr geht. Als ich sie das letzte Mal gesehen hab, war sie hochschwanger. Eigentlich müsste sie längst im Mutterschutz sein. Aber sie erzählt mir, dass sie es zu Hause nicht mehr aushält, die Warterei, drei Wochen über dem Termin, bestimmt hat sich da irgendwer verrechnet, und ich höre mir alles, aber auch absolut alles über die letzten neun Monate an. Dabei gehe ich wieder ins Erdgeschoss, sehe den großen Zeiger unserer Küchenuhr von einer Minute zur nächsten hüpfen. Hoffentlich hält der Pflaum Willi die Schimpferei vom Fidl aus. Das Telefon zwischen Schulter und Ohr geklemmt, spüle ich das Melkgeschirr und stelle es für den Abend bereit.
    «Ich weiß einfach nicht mehr, was ich noch anfangen soll», klagt die Frau Mörwald. «Kein Butzerl, das jemals auf die Welt gekommen ist, hat mehr Ausstattung und Behaglichkeit zu erwarten. Einen mit zweifarbiger Seide behängten Stubenwagen, Spielzeug für Mädchen und Junge, Sparbuch, alles. Was hab ich nicht gestrickt, genäht, gestrichen, gebastelt, eingetuppert und Fotoalben vorbereitet. Wenn ich wenigstens schon mal Milch abpumpen könnt.» Sie seufzt. «Zum Lesen hab ich auch keine Lust mehr, der Bücherei fällt kein Roman ein, den ich nicht kenne und der mich in meinem Zustand nicht noch mehr aufregen würd. Jetzt hab ich in meiner Not, Aufregung hin oder her, mit Krimis angefangen, aber nun kann ich überhaupt nicht mehr schlafen, weil ich mich frag, in was für eine Welt mein Kind da hineingeboren wird. Mord und Drogen? Ich hoff, das ist nur Schriftstellerphantasie. Mein Mann ist auch schon ganz narrisch und steht sprungbereit im Halbschlaf in der Arbeit, er will unbedingt bei der Geburt dabei sein. Naja, als Chirurg geht das ja, wenn die Patienten betäubt sind. Seine vier Wochen Urlaub sind lange vorbei, die er extra genommen hat. Jeden Moment könnt’s losgehen, aber das Warten, das Warten ist nicht schön. Deshalb bin ich auch hier, im Schulbüro, als ich gehört hab, dass meine Vertretung krank geworden ist. Nun hab ich das Telefon neben mir, mein Handy hat die Kurzwahl von meinem Mann und die vom Krankenhaus, falls die erste Wehe kommt, wenn sie denn jemals kommen sollt. Vielleicht bin ich die Erste, die ihr Kind drinbehält. Haben Sie so was schon mal gehört, Herr Halbritter, also ich mein, dass eine Mutter ihr Kind nicht rausgibt?» Aber bevor ich noch was Gescheites dazu äußern kann, stöhnt sie in den Hörer: «O, au, ich glaub, ui, jetzt aber, das tut, oje, ja Herrschaft, ist das ein Schmerz.» Ich quetsche noch schnell heraus, dass meine Tochter, Emma Halbritter, Klasse  2 b, Windpocken hat, da höre ich, wie sie schon mit jemand anderem spricht, und dann tutet es in der Leitung. Aufgelegt. Hoffentlich notiert sie mein Anliegen noch irgendwo, bevor sie entbindet. Oder sollte ich in die Grundschule fahren und ihr helfen? Nein, in so einer großen Einrichtung wird sich doch einer finden, der ihr beisteht. Ich kann nicht überall sein, also schnappe ich mir
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